Klärwerkfachmann: «Der Lärm der nahen Autobahn stört mich mehr als der strenge Geruch»

SERIE

In unserer Sommerserie «Extremberufe» stellen wir Luzernerinnen und Luzerner vor, die in ungewohnter Umgebung arbeiten.

Der Beruf als Klärwerkfachmann wird häufig mit Gestank verknüpft. Auch Hans Peter Schrag, Betriebsleiter der ARA Oberes Wiggertal, kennt diese Verknüpfung nur zu gut. Doch für ihn stellt nicht der Gestank die grösste Immission dar, sondern der Lärm der nahe gelegenen Autobahn. An den strengen Geruch habe er sich, anders als an den Lärm, in seinen elf Jahren auf der ARA gewöhnt. «Gleichwohl gibt es Räume, in denen wir aber nicht Znüni essen würden», witzelt er.

Der 54-Jährige kam durch ein Stelleninserat in den etwas ungewöhnlichen Beruf des Klärwerkfachmanns, als er sich nach einer neuen beruflichen Herausforderung umsah. Der heutige Betriebsleiter der ARA Oberes Wiggertal absolvierte während vier Jahren sämtliche neun Module des Verbandes der Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute und liess sich so zum eidgenössisch diplomierten Klärwerkfachmann ausbilden. In Kombination mit seiner technischen Berufsausbildung als Elektriker ist Schrag der ideale Allrounder für die ARA Oberes Wiggertal, welche mit einem Einwohnergleichwert von 62 000 zu den drei grössten ARA im Kanton Luzern gezählt werden kann.

Vielseitige Aufgabenbereiche
Schrags Aufgabenbereiche als Betriebsleiter sind äusserst vielseitig. Neben den administrativen Arbeiten im Büro und den zahlreichen Tests im Labor stellt aber der Betrieb, die Werterhaltung und der Unterhalt der Anlage die Hauptaufgabe dar. Neben der Pflege der Arealumgebung gehören auch Störungsbehebungen sowie Reinigungs- und Kontrollarbeiten an Pumpen, mechanischen Einrichtungen und Messgeräten dazu. Weiter werden regelmässig Kontrollgänge im über 65 Kilometer langen Kanalnetz und in den insgesamt 12 Aussenbauwerken vorgenommen.

Zu diesen abwechslungsreichen Tätigkeiten meint Schrag: «Wir müssen schauen, dass wir alles gut warten, dann müssen wir pikettmässig weniger ausrücken.» Gleichwohl kommt es jährlich zu rund 120 Meldungen. Ein Grossteil davon kann aber von zu Hause aus behoben werden. Denn die moderne Technik lässt die Klärwerkfachmänner sogar über das Mobiltelefon auf die Anlage zugreifen. In jährlich rund 30 Fällen muss aber, unabhängig von der Tages- oder Nachtzeit, ausgerückt werden. Grund für diese unplanmässigen Einsätze ist grösstenteils das Wetter. Denn «die grössten Feinde von uns sind die Gewitter, durch welche das Elektrische aussteigen kann», so Schrag. Bei einem Unterbruch einer Fernleitung kann es zu Spannungsdifferenzen kommen, welche diffizile Geräte abstellen lässt. In einem solchen Fall muss man schlichtweg darauf hoffen, dass die Stromzufuhr schnellstmöglich wiederhergestellt wird und das Problem so aus dem Meldungskatalog verschwindet.

Feuchttücher stören
Ein weiterer Feind, gegen den Hans Peter Schrag anzukämpfen hat, ist der feste Dreck. Dieser schwimmt im Schmutzwasser mit und kann nicht nur die Pumpen der Anlage verstopfen, sondern den gesamten Reinigungsprozess stören. So nimmt das dreiköpfige Team mittels der Rechenanlage jährlich rund 87 Tonnen Fremdstoffe aus dem Schmutzwasser. Den grössten Anteil des festen Drecks machen Feuchttücher aus, die sich, anders als das herkömmliche Toilettenpapier, nicht im Wasser zersetzen. Dazu meint der Betriebsleiter: «Es wäre wichtig, dass man seinen Abfall nicht über die Kanalisation entsorgt.»

Ein wichtiger Energieträger
Zu den potentiellen Risiken bezüglich des entstehenden Gases verliert Schrag nur wenige Worte. Er und sein Team sind sich der Gefahren des aus dem Faulschlamm entstehenden Methangases durchaus bewusst. Doch «Gas ist bei uns eigentlich kein Risiko», meint der Klärwerkfachmann. Durch verschiedenste Massnahmen wird das Risiko auf ein Minimum reduziert, wodurch das Gas beinahe gefahrlos als wichtiger Energieträger eingesetzt werden kann. Durch die Gasproduktion werden rund 85 Prozent des jährlichen Strombedarfs selbst erzeugt. «Da das Wasser immer läuft, ist unser Beruf extrem spannend.» Mit dieser Aussage schaut Hans Peter Schrag gespannt in seine Zukunft auf der ARA Oberes Wiggertal und hofft, inskünftig weniger Feuchttücher antreffen zu müssen.