Krisenbewältigung: Nicht auf das Prinzip Hoffnung setzen

Die Pandemie hat auch die Wirtschaftsregion Zofingen mit voller Wucht getroffen. Wie massiv der Einbruch ist, wird sich erst weisen. Sorgen machen sich nicht nur Unternehmer, sondern auch die Finanzverantwortlichen der Gemeinden: Es droht ein Rückgang bei den Steuereinnahmen, gleichzeitig wird die Zahl jener, die Unterstützung benötigen, zunehmen.

«In der Region Zofingen haben wir eine starke Gastronomie und bedeutende Unternehmen, die mit Events aller Art zu tun haben», sagt Peter Gehler,Präsident des regionalenWirtschaftsverbandes WRZ. Event-Organisatoren, Fitness-­Studios, Kinos, die ganze Kulturbranche, aber auch Lieferanten im Eventbereich wie Catering-Unternehmen hätten enorme Einbussen bis hin zum Stillstand hinnehmen müssen. «Da geht es um hunderte Arbeitsplätze, die betroffen sind.» Die starke Baubranche in der Region sei bisher wenig betroffen gewesen, einzelne Unternehmen konnten allenfalls profitieren. Gehler nennt etwa die Wernli AG in Rothrist, die erfolgreich Masken produziert (siehe Artikel unten). «Allerdings war der Start anspruchsvoll und mit hohen unternehmerischen Risiken verbunden.»

Die wichtigste Lehre aus der Pandemie sei die Einsicht, welche zentrale Rolle die Digitalisierung spiele: «In einem Lockdown zeigt sich sehr schnell, welche Unternehmen digital integriert sind und welche nicht», so Gehler. «Dabei geht es nicht um eine schöne Homepage oder ein gutes Betriebssystem. Sondern um die digitale Integration von der Bestellung bis zur Auslieferung und Fakturierung. Im Dienstleistungsbereich haben jene profitiert, die sehr rasch Online-Angebote aufschalten und promoten konnten.»

Der regionale Wirtschaftsförderer Andreas C. Brändle zieht noch eine zweite Lehre aus der Coronakrise: Sie zeige, wie wichtig eine seriöse Finanzierung des Geschäfts sei. «Gefährlich sind Firmengründungen nach dem Prinzip Hoffnung. Je höher die Freiheitsgrade für unternehmerische Entscheide, umso besser. Das heisst insgesamt: zurück zu einer konservativen Betriebsführung», so Brändle. Er kann der Krise auch positive Aspekte abgewinnen: «Sie wirkt sich irgendwie reinigend auf die Wirtschaft aus. Sie korrigiert Auswüchse, beispielsweise im Reise- und Flugmarkt, und drängt nicht zukunftsfähige Unternehmen aus dem Markt. Sie stärkt aber die Innovativen, indem sie Zukunftstrends wie die Digitalisierung beschleunigt.»

WRZ-Präsident Peter Gehler rät, dass Unternehmen die staatlichen Hilfsangeboten nutzen sollten, selbst wenn sie im Moment nicht vollumfänglich gebraucht werden. «Die Situation kann sich schnell ändern. Wenn diese Darlehen dann nicht gebraucht werden, können sie zurückgeführt werden. Aber Stabilität und die Sicherstellung der Liquidität ist in solchen Situationen wichtig.» Beratungsangebote wie jene der Wirtschaftsförderung und des Hightech Zentrums Aargau sollten «lieber früher als später» in Anspruch genommen werden, sagt Gehler.

Ein gesuchtes Gut, produziert in der Region

Rothrist ist in der Region das Zentrum für die Produktion von Schutzmaterialien fürs Pflegepersonal. Die Wernli AG stellt Einwegmasken her, die Wimo AG Mehrwegmasken und -mäntel aus Stoff. In normalen Zeiten produziert die Wimo AG Berufskleidung fürs Pflegepersonal. Zu Beginn der Krise konzentrierte sich das Unternehmen fast ausschliesslich auf die Produktion von Mehrwegmasken. Heute sei dies anders, sagt Inhaberin Ingrid Moosmann. Da es für die Wimo AG als kleines Unternehmen nicht möglich sei, die Masken zu zertifizieren, sei die Nachfrage eingebrochen. Stattdessen stellt das Unternehmen nun Mehrweg-Schutzmäntel für Spitäler und Altersheime her und leistet damit etwas zur Vermeidung von Abfallbergen. «Und für unsere Kunden lohnen sich die Mehrwegmäntel auch ökonomisch», sagt Moosmann.

Um Masken produzieren zu können, musste auch die Verbandsstoff-Produzentin Wernli AG ihre Produktion anpassen. Gleich zu Beginn der Krise hat Wernli-Chef Felix Schönle in China Masken-Maschinen bestellt. Die ersten wurden auf dem Höhepunkt der ersten Welle geliefert. Die Schwierigkeit: Da die chinesischen Techniker nicht mit der Maschine in die Schweiz reisen durften, befanden sich die Schweizer Techniker bei der Einrichtung der Maschine im Blindflug. Heute produziert die Wernli AG auf 12 Maschinen rund 700 000 Masken pro Tag und hat dafür rund 180 Jobs geschaffen. (lbr)