Leere Betten in der Festung wegen Sanierungsarbeiten – Schub für touristische Nutzung?

Das Jugendheim Aarburg befindet sich seit 2014 in einem Strategieprozess. Die Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren verändert. Stationäre Platzierungen werden zurückhaltender angeordnet, «was es vielen Heimen in der Deutschschweiz schwer machte, ihre Plätze zu füllen», schreibt Erziehungsleiter Dominic Bodmer im Jahrbuch 2016/17. Im letzten Jahr waren die 47 Plätze zu 74,8 Prozent belegt. Dies, obwohl die Schliessung des Jugendheims Prêles in der Nähe von Biel dazu führte, dass die Nachfrage nach Plätzen in der geschlossenen Wohngruppe des Jugendheims Aarburg hoch war, heisst es im Bericht weiter.

Erziehungsleiter Bodmer erklärt die tiefe Belegung auch mit der Sanierung der Wohngruppe Ravelin des Jugendheims Aarburg. Eigentlich hätten im Sommer 2017 die sanitären Räume saniert werden müssen. Doch in den Klebern der Plattenbeläge wurde Asbest entdeckt. Die Sanierung zog sich in die Länge. In der zweiten Jahreshälfte 2017 war jeweils eine Wohngruppe nicht bewohnbar. Deshalb hätten «die Sollzahlen für die Belegung nicht erreicht werden können», heisst es im Jahresbericht. Würde man auch diese möglichen Tage abrechnen, wäre die Belegung um etwa 7 Prozentpunkte besser gewesen und hätte rund 83 Prozent betragen. Doch selbst diese Belegung würde sich nicht rechnen. Laut Kanton liegt die optimale Auslastung des Jugendheims Aarburg bei 85 Prozent.

Die tiefe Belegung im letzten Jahr ist Wasser auf die Mühlen von SVP-Grossrätin Martina Bircher. Die Aarburger Gemeinderätin findet nämlich, es gebe bessere Möglichkeiten für die Festung als die Nutzung als Heim für schwer erziehbare und straffällige Teenager. Diese müssten nicht ausgerechnet im Wahrzeichen der Stadt wohnen. Bircher würde die Festung lieber zum Touristen-Hotspot machen. Im August 2017 stellte sie der Regierung in einer Interpellation Fragen zur Nutzung und strategischen Ausrichtung der Festung.

Regierung entscheidet 2019
In der Antwort schrieb die Regierung Ende Februar 2018, eine Neubeurteilung betreffend der künftigen Nutzung der Festung sei angezeigt. Der Regierungsrat lasse das Jugendheim deshalb extern evaluieren. Dabei soll abgeklärt werden, «ob mittel- bis längerfristig ein Bedarf für das Angebot besteht und ob im Fall einer Schliessung die Nachfrage durch andere Institutionen abgedeckt werden könnte». Weiter soll geprüft werden, ob die Festung nach wie vor der geeignete Standort für ein Jugendheim ist. Dies vor allem in Bezug auf Kosten- und Sicherheitsüberlegungen sowie aus betrieblicher Sicht.

Vor allem die Sicherheit gab in den letzten Jahren zu reden. Ende 2016 brachen drei Jugendliche aus dem Heim aus. «Sie nutzten einen medizinischen Notfall zur Flucht», schreibt Direktor Hans Peter Neuenschwander im Jahresbericht. Ein uniformierter Sicherheitsmitarbeiter erlitt eine Kreislaufschwäche und musste notfallmässig ins Spital. Die beiden Betreuungspersonen entschieden, den Dienst alleine zu beenden, was die drei Jugendlichen ausnutzten. Sie überwältigten die Mitarbeitenden «unter Anwendung von erheblicher Gewalt», schreibt Neuenschwander. Sperrten sie in eine Toilette und nötigten eine Sozialpädagogin einer anderen Wohngruppe die biometrische Zutrittskontrolle zu öffnen. Damals forderten SVP-Politiker, das Jugendheim müsse ausbruchsicherer werden. Das scheint aber nicht möglich zu sein. Neuenschwander schreibt im Jahresbericht: «Der Fall zeigt auf, dass die baulichen Gegebenheiten in der geschlossenen Wohngruppe nicht mehr weiter optimiert werden können.» Die Sicherheit der Mitarbeitenden könne aber insbesondere durch eine hohe Betreuungsdichte gewährleistet werden. «Fehlt ein Mitarbeiter, kann es für die Anwesenden bereits gefährlich werden.»

Der Regierungsrat plant, bis Mitte 2019 aufgrund der Ergebnisse der Evaluation über den Weiterbetrieb des Jugendheims zu entscheiden.