«Lieber René Fasel, kein Schweizer kann in Weissrussland mehr erreichen als Sie!»
«Lieber René Fasel, kein Schweizer kann in Weissrussland mehr erreichen als Sie!»
Als ehemaliger Präsident des Internationalen Eishockeyverbandes stand der Schweizer Arzt René Fasel dem weissrussischen Diktator persönlich nahe. Es ist seine moralische Pflicht, den alten Bekannten jetzt zur Vernunft zu drängen, schreibt Peter Hartmeier, Vorsitzender des Publizistischen Ausschusses von CH Media.
Sehr geehrter Herr Fasel
Als ehemaliger Präsident des Internationalen Eishockeyverbandes nehmen Sie eine herausragende Stellung ein. In der Schweizer Öffentlichkeit werden Funktionäre internationaler Sportverbände grundsätzlich mit Skepsis beobachtet – Sie aber ganz besonders: Sie kennen Ihr Ansehen im eigenen Land.
Der Grund dafür ist rasch erzählt: Sie verblüfften uns kurz vor dem Ende Ihrer Amtszeit mit einer innigen Umarmung mit dem weissrussischen Diktator. Mehr noch: In Interviews bekannten Sie sich offen zur Freundschaft mit Alexander Lukaschenko.
Nach einem Aufschrei der Empörung in der Bevölkerung erklärten Sie sinngemäss und ziemlich nebulös, wir Schweizer würden halt die russische Seele nicht so richtig verstehen.
Seit Ihrem Rückzug als Präsident des Verbandes sind nun einige Monate vergangen: Sie sind also unabhängig, reich und pflegen nach wie vor beste Beziehungen nach Minsk und nach Moskau.
Jedenfalls haben Sie das immer behauptet.
Sie kennen die Situation an der Grenze zwischen Polen und Weissrussland: Verzweifelte Menschen werden als Erpressungsmaterial benützt. In Europa droht ein veritabler Krieg – durch den Angriff Lukaschenkos auf Polen. Der Machthaber bringt Flüchtlinge aus dem Nahen und Mittleren Osten in organisierten Karawanen an die polnische Grenze. So will er Europa destabilisieren und sich als Diktator von Putins Gnaden aufspielen.
Als Kenner Weissrusslands wissen Sie sehr genau um die Dramatik der Lage.
Menschen, die Sie kennen, behaupten, Sie seien ein gewiefter Diplomat: dank dieser Begabung sei es Ihnen gelungen, den Internationalen Hockeyverband zu einer profitablen Organisation zu machen. Die Kombination von persönlichem Reichtum, Beziehungen und Kenntnissen vor Ort müssten Sie jetzt aber anders einsetzen – zugunsten der leidenden Menschen.
Kein Schweizer kann mehr erreichen als Sie.
Ich fordere Sie deshalb auf, etwas zu tun – vor oder hinter den Kulissen. Werden Sie endlich Ihrer moralischen Pflicht gerecht. Bevor Sie zum Verbands-Funktionär mutierten, waren Sie Arzt. Sie kennen also den hippokratischen Eid. Sie wissen, was Sie zu tun haben.
Handeln Sie, bevor es zu spät ist, Herr Doktor Fasel!
Ich grüsse Sie
Peter Hartmeier