
Mehrere hundert Bilder: Isabelle Hadorn ist die Hüterin von Reidens Kulturerbe
Im Keller des Johanniterschulhauses in Reiden ruht ein Kunstschatz. Seine Hüterin ist Isabelle Hadorn. Die Arme voll Verpackungsmaterial, grosse Kartons und riesige Rollen Luftpolsterfolie, schliesst sie die Kellertür auf. Dahinter warten 160 Bilder von Schweizer Malern, grösstenteils aus dem 20. Jahrhundert: die Spreng-Sammlung. Isabelle Hadorn ist hier, um eine Auswahl der Bilder einzupacken und für den Transport herzurichten. Sie sollen in der Ausstellung SAMMLEREIDEN neben Werken aus den zwei anderen Reider Kunstsammlungen und historischen Gegenständen und Fotos aus den drei Reider Museen zu sehen sein. Dafür müssen sie zwar nur vom Johanniterschulhaus zur Kommende geliefert werden. Aber Isabelle Hadorn muss sicherstellen, dass sie auch dieses kurze Wegstück unbeschadet überstehen.
Isabelle Hadorn, Sie betreuen in Reiden drei Kunstsammlungen. Wie sind Sie zu dieser Aufgabe gekommen?
Isabelle Hadorn: Als ich 2005 nach Reiden kam, wusste ich von den Kunstsammlungen nichts. Davon erfahren habe ich erst zwei Jahr später. Ich bin gelernte Konservatorin-Restaurateurin und an Kunst sehr interessiert. Deshalb bin ich mit Beat Schwegler in Kontakt getreten, der die Sammlungen damals im Auftrag der Gemeinde betreut hat. Und als er mich um Unterstützung angefragte, begann ich, ihm zu helfen. Zum Beispiel hier in der Spreng-Sammlung, wenn diese an den Sonntagnachmittagen für Besucher geöffnet war. Aber an manchen Nachmittagen sind wir beide ganz alleine hier im Luftschutzkeller gesessen, ohne einen einzigen Besucher. Das ist natürlich schade. Wir haben hier wirklich schöne Werke aus dem Schweizer Kunstschaffen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Einen Cuno Amiet zum Beispiel oder die drittbedeutendste Coghuf-Sammlung der Schweiz. Gerade letzte Woche waren Experten zu Gast, die eine Monografie über Coghuf verfassen wollen. Dabei habe auch ich wieder etwas Neues erfahren: Wir haben ein Bild, das als «Porträt der Ehefrau des Künstlers» beschrieben wird. Die Experten zeigten mir ein Foto, das die gemalte Frau im Atelier des Malers Coghuf zeigt – aber sie ist definitiv nicht die Ehefrau des Künstlers!
Und später haben Sie die Betreuung der Sammlungen von Beat Schwegler übernommen?
Ja, genau. Als er in den Ruhestand trat, habe ich die Aufgabe übernommen. Das war 2015. Neben der Spreng-Sammlung betreue ich die Sammlung Egli-Arnold und die Sammlung Soland der Stiftung Kunst im Feldheim.
Können Sie etwas über diese Sammlungen sagen?
Die Sammlung Egli-Arnold beinhaltet ebenfalls grösstenteils Werke von Schweizer Malern, aber der Schwerpunkt liegt dort eher auf dem 19. Jahrhundert. Und es sind eher kleinere Bilder. Denn die Ausgangslage der Sammler war eine ganz andere: Robert Spreng war ein erfolgreicher Fotograf in Basel, der auch Kunst fotografierte und viele der Maler, deren Bilder er sammelte, persönlich kannte. Er hatte wohl auch ein anderes Budget als das Ehepaar Egli-Arnold, einer Lehrerin und eines Agraringenieurs, die die Bilder für ihre Wohnung kauften.
Wie kommt ein Luzerner Dorf wie Reiden zu so vielen Kunstsammlungen?
Die Sammlung von Robert Spreng hätte wohl im Kunstmuseum Basel ihr Zuhause finden sollen, aber Spreng zerstritt sich mit dem damaligen Direktor des Kunstmuseums. Die beiden wurden sich nicht einig über die Höhe, in der die Bilder aufgehängt werden sollten. So vermachte Robert Spreng seine Sammlung seiner Heimatgemeinde Reiden, obwohl er nie hier gelebt hatte. Bei Margrit und Gotthard Egli-Arnold war es der Wunsch, die Sammlung nach ihrem Tod zusammenzuhalten. Soland ist eine etwas andere Geschichte, er war Künstler, nicht Sammler. Aber er hat lange in Reiden gelebt, in der Nähe des Alters- und Pflegezentrums Feldheim. Deshalb schenkte die Familie eines ehemaligen Auftraggebers ihre Soland-Bilder der Stiftung Kunst im Feldheim.
Am Boden hier hat es Wasserflecken. Ist das kein Problem für die Bilder?
Die Aufbewahrungsbedingungen sind tatsächlich nicht optimal hier. Lange hatte ich das Problem, dass bei Regen Wasser in den Luftschutzkeller drang, in dem die Spreng-Sammlung aufgehängt ist. Das ist zum Glück gelöst, es hat sich viel verbessert! Mittlerweile habe ich einen Entfeuchter, falls es zu feucht ist, und einen Befeuchter, wenn es zu trocken wird. Idealerweise hätte ich je zwei der Geräte, um das Klima in allen Räumen gleich zu halten. Auch dass elektrische Leitungen sowie Wasser- und Heizungsrohre durch die Räume verlaufen, ist nicht ideal. Was dagegen zumindest für Bilder auf Papier, wie Aquarelle und Zeichnungen, gut ist: Es kommt praktisch kein Licht an sie – und wir haben genug Platz, um alle zu zeigen. Im Feldheim ist die Situation eine andere: dort habe ich seit der Erweiterung einen Lagerraum zur Verfügung, in dem Temperatur und Feuchtigkeit immer gleich bleiben. Dass ich dort nicht nur die Bilder der Stiftung Kunst im Feldheim, sondern auch die Sammlung Egli-Arnold unterbringen kann, ist ein Glücksfall.
Am 15. September eröffnet die Ausstellung SAMMLEREIDEN in der Kommende. Welche Bilder haben Sie dafür ausgewählt?
Die Auswahl hat mir ein paar schlaflose Nächte bereitet! Bei der Sammlung Spreng habe ich eine thematische Auswahl getroffen und zeige Landschaften, Stillleben und Porträts von verschiedenen Künstlern. Wie zum Beispiel das Frauenporträt von Coghuf, das eben nicht seine Ehefrau zeigt. Bei der Sammlung Egli-Arnold versuche ich zu zeigen, was wir haben, denn es sind Bilder von bekannten Namen darunter, wie Cuno Amiet oder Edouard Castres. Ich muss sagen, diese Sammlung, die sonst einfach eingelagert ist, habe ich durch die Vorbereitung für die Ausstellung auch ein bisschen wiederentdeckt. Und dabei nicht nur gemerkt, was wir eigentlich haben, sondern auch, dass das Inventar überarbeitet werden muss!
Ein Kulturevent
Die Ausstellung SAMMLEREIDEN ist vom 15. bis 22. September in der Kommende Reiden zu sehen. Erstmals für die Bevölkerung vereinen sich die drei Dorfmuseen und die drei Kunstsammlungen zu einer gemeinsamen Präsentation. Ermöglicht wird der Kulturevent durch das Patronat der katholischen Kirchgemeinde Reiden. Die Organisatorinnen und Organisatoren freuen sich auf zahlreiche Besuchende und weisen darauf hin, dass die geltenden Corona-Bestimmungen eingehalten werden müssen (Zertifikatspflicht etc.). Öffnungszeiten und genaue Informationen unter: www.sammlereiden.ch (cw)