
Melitta und Cafina machen Zofingen zur Kaffee-Metropole der Schweiz


Herr Kiefer, für die Region ist es eine gute Nachricht: Melitta kommt nach Zofingen, an die untere Brühlstrasse 13, in ein Gebäude der Müller Martini AG. Man kennt das Unternehmen wegen den Kaffeefiltern. Aber das ist ja nicht alles. Was macht Melitta in der Schweiz genau?
Roger Kiefer: Die Melitta Gruppe ist über 111 Jahre alt, wir sind seit über 80 Jahren in der Schweiz. Bekannt sind wir – Sie sagten es – wegen den Kaffeefiltern. Noch in den 60er und 70er Jahr floss fast jeder Kaffee durch einen Filter. Mittlerweile haben wir uns gewandelt und neben Melitta weitere Marken im Portfolio. Cilia steht für Teezubereitung, Swirl steht vor allem für Staubsaugerbeutel und Abfallsäcke, Toppits für Lebensmittelfolien und -beutel für die Küche. In der Schweiz vertreiben wir diese vier Marken an den Gross- und Detailhandel.
Nun zügeln Sie nach Zofingen. Was gab den Ausschlag?
Wir waren in Egerkingen immer zufrieden. Wir verfolgen aber international die Strategie, dass wir die verschiedenen Firmen innerhalb der Gruppe in den jeweiligen Ländern an gemeinsamen Standorten zusammenlegen. Das vollziehen wir jetzt in der Schweiz. Zofingen liegt sehr zentral und nahe an der Autobahn. Wir können die Kunden von hier aus ideal betreuen. Und es ist eine schöne Kleinstadt mit hoher Lebensqualität.
Fast alle trinken Kaffee. Was sind die Trends im Kaffeemarkt?
Der Schweizer Markt ist sehr stark geprägt vom Café Crème und vom Espresso, in den letzten Jahren werden aber mehr Milchmischgetränke wie Cappuccino und Latte Macchiato getrunken. Bei der Zubereitung gibt es zwei Hauptpfeiler: Kapseln oder Vollautomaten. Vollautomaten haben in den letzten Jahren eher wieder zugelegt, auch aus Gründen der Nachhaltigkeit. Kaffee aus dem Automaten ist auch günstiger als Kapselkaffee, vor allem, wenn man viel konsumiert. Eine Nische ist die Baristi-Welt, die mit Siebträgern oder Filtern arbeiten.
Brauchen die Schweizerinnen und Schweizer noch Filter beim Kaffeekochen?
Wir haben ja die langfristigen Vergleiche. Der Absatz ging zwar zurück in den letzten Jahren, aber pro Jahr werden in der Schweiz immer noch fast 100 Millionen Filter verbraucht – eine eindrückliche Zahl. Mit Filtern kann man sehr hochwertigen Kaffee zubereiten.
Brauchen die Schweizerinnen und Schweizer noch Filter beim Kaffeekochen?
Wir haben ja die langfristigen Vergleiche. Der Absatz ging zwar zurück in den letzten Jahren, aber pro Jahr werden in der Schweiz immer noch fast 100 Millionen Filter verbraucht – eine eindrückliche Zahl. Mit Filtern kann man sehr hochwertigen Kaffee zubereiten.
Stimmt es, dass Filterkaffee wieder hip ist?
Das ist in der Tat so. Filterkaffee hat in der Schweiz ein schlechtes Image. In den 60er und 70er Jahren wurde der Kaffee abends aufgewärmt, er blieb lange stehen. Aber ein Filterkaffee, der richtig aufgegossen wird – mit einer richtig guten Kaffeebohne – ist der aromatischste Kaffee, den Sie trinken können. Vor ein paar Jahren haben in New York einige Baristi das wiederentdeckt und den Trend unter dem Begriff «Pour Over» nach Europa gebracht. Auch in der Schweiz gibt es inzwischen wieder einige Cafés, die wieder mit der Filtrationsmethode arbeiten.
Der Schweizer Kaffeemarkt ist hoch gesättigt. Wo können Sie wachsen?
Vor allem über Innovationen. Im Gerätebereich wird zum Beispiel die komfortablere Bedienung mit Hilfe der Vernetzung wichtiger, dass man also die Kaffeemaschine mit dem Handy verbinden kann.
Also im Bett liegen und einen Kaffee rauslassen kann.
Genau. Wir haben auch Wachstum im Bereich der Nachhaltigkeit. Bewusster konsumieren wird wichtiger, die Konsumenten achten auf ökologische und recyclingfähige Grundstoffe – das merken wir gerade bei der Marke Toppits. In der Corona-Zeit wurde das Cocooning, also der Rückzug ins Privatleben, wichtiger. Die Leute kochen mehr, brauchen also auch mehr Haushaltprodukte – Backpapier zum Beispiel. Und man putzt mehr – also braucht man automatisch auch mehr Staubsaugerbeutel, die wir ebenfalls im Portfolio haben.
Unter dem Strich hatte die Pandemie keine negativen Auswirkungen auf den Geschäftsgang von Melitta?
Nein. Wir konnten in einigen Segmenten sogar profitieren.
Sie eröffnen in Zofingen einen Laden und einen Showroom. Was kann man erwarten?
Wir eröffnen mit Cafina einen gemeinsamen Showroom. Wir wollen darin unseren Grosskunden und den Endverbrauchern unsere Markenwelt aufzeigen. Allein bei Melitta haben wir über 50 Produkte. Besucher können hier Geräte anschauen und ausprobieren, und sie können defekte Geräte zur Reparatur herbringen.
Herr Stalder, das Unternehmen Cafina AG kennen die Konsumenten wohl etwas weniger gut als Melitta. Was macht Cafina genau?
Wir sind ebenfalls ein altes Unternehmen, uns gibt es seit 1938. Cafina war immer im Bereich der professionellen Kaffeemaschinen tätig. Seit 1988 – also auch schon seit einer halben Ewigkeit – gehören wir zur Melitta Gruppe. Wir bieten im Bereich der professionellen Kaffeezubereitung alles an, was nötig ist. Wenn Kunden eine Maschine für 50 Tassen Kaffee pro Tag oder mehr brauchen, sind wir der richtige Ansprechpartner.
Was werden Sie sich hier in Zofingen organisieren?
Wir haben eine Verkaufs- und eine Serviceorganisation. 50 Techniker sind – verteilt auf die ganze Schweiz – für uns unterwegs. Wir wollen ja möglichst nahe bei der Kundschaft sein. Wenn ein Spital oder ein Gastronom ein Problem mit ihrer Kaffeemaschine hat, wollen die nicht tagelang auf einen Servicetechniker warten. Hier in Zofingen wird die Disposition für die Techniker gemacht, die ihre Einsätze von zu Hause aus erledigen. In Zofingen werden rund 25 Leute tätig sein.
Es wird ja auch noch gebaut. Was genau?
Bürotechnisch werden wir am 11. Dezember hier einziehen. An der Logistikhalle im hinteren Teil wird noch gebaut, dort sind wir etwas im Verzug, wir werden noch nicht ganz alles schon im Dezember zügeln können. Wenn sie fertig ist, soll in der Logistikhalle der ganze Maschinenpark gelagert werden.
Welche Trends spüren Sie im professionellen Bereich?
Siebträger zum Beispiel sind hip und versprühen Italianità. Sie sind aber diffiziler als Vollautomaten, die konstante Qualität liefern. Die leistungsfähigsten Maschinen liefern 200 Tassen Café Crème pro Stunde.
Auf Cafina, die im Gastronomiebereich tätig ist, hatte die Pandemie wohl wesentlich stärkere Auswirkungen.
Das ist klar. Aus der Hotellerie hört man, dass 60 Prozent der Investitionen verschoben sind. Das betrifft auch Kaffeemaschinen; man verschiebt eine Neuanschaffung, weil die Unsicherheit gross ist. Beim ersten Lockdown hatten wir auch Kurzarbeit, weil wir die Betriebe teilweise schlicht nicht mehr betreten durften – man wollte uns gar nicht mehr sehen.
Auch Gastronomen werden hier im neuen Showroom Maschinen ausprobieren können?
Ja, hier in Zofingen können unsere Kunden die verschiedenen Modelle testen und ausprobieren. Häufig machen Gastronomen das gemeinsam mit ihrem Kaffeeröster, um die entsprechende Bohnenmischung auszuwählen. Für einen guten Kaffee braucht es gute Wasserqualität, gute Kaffeequalität und eine Maschine, die das Optimum herausholt. Wenn diese drei Dinge nicht zusammenspielen, kommt kein Genuss aus der Kaffeetasse. Deshalb ist auch der Service ein wichtiges Standbein. Maschinen müssen regelmässig revidiert werden, denn es gibt Verschleisserscheinungen.
Wie viele Tassen Kaffee produziert so eine professionelle Maschine im Laufe ihres Lebens?
Wir haben einige Maschinen, die die Zahl von einer Million auf dem Zähler haben. Sie können jetzt den Umsatz, der generiert wurde, selber ausrechnen. Aber eine Million Tassen ist schon aussergewöhnlich. Aber wenn man 200 Tassen pro Tag macht, dann läppert sich das zusammen. Wer so eine Maschine besitzt, ist sicher von unseren Produkten überzeugt – und wird die nächste Maschine wieder bei uns kaufen. Das ist unser Ziel.
Roger Kiefer
(1967) ist in Zofingen aufgewachsen, wo er die Primar- und Bezirksschule besuchte. Nach einer kaufmännischen Lehre bei der Lehmann AG in Zofingen war er in Bank- und Marketingfunktionen bei der Credit Suisse in Zürich und Genf sowie der Kantonalbanken-Gruppe Basel tätig. Er hatte leitende Verkaufs- und Marketingpositionen bei Jockey Underwear, Polaroid Eyewear und Hero inne, bevor er vor elf Jahren als Geschäftsführer zu Melitta Schweiz stiess. Er lebt in Vilnachern bei Brugg, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Martin J. Stalder (1964) ist in Rothrist aufgewachsen. Er besuchte die Kantonsschule Zofingen und absolvierte ein Wirtschaftsstudium an der Hochschule St. Gallen. Er war in leitender Stellung für verschiedene Schweizer Unternehmen tätig, unter anderem für Feldschlössen, Hero und Rentokil. Seit Juli 2019 ist er CEO und Country Manager der Cafina AG. Martin J. Stalder lebt in Zofingen; er ist Vater von zwei Söhnen und einer Tochter.