
Mit der Höhe wird es kälter
Sind die Verhältnisse bewölkt und nass, also tiefdruckbestimmt, so nimmt die Temperatur pro 100 Höhenmeter ca. 0,65 Grad ab. Wenn das Thermometer in Zofingen auf 437 Metern über Meer 7 Grad anzeigt, dürfte eine Wiliberger Wetterstation auf 652 Metern über Meer also rund 1,3 Grad weniger vermelden. Gehen wir jedoch bei strahlendem Sonnenschein auf eine Wanderung, beträgt der Temperaturabfall pro 100 Meter ziemlich genau ein Grad (0,98). Dies erklärt, weshalb die Stadt Basel, welche nochmals knapp 200 Meter tiefer liegt als Zofingen, im Sommer regelmässig die Hitzeranglisten der Alpennordseite anführt.
Um die Faustregel auf die Probe zu stellen, betrachten wir die Messwerte von Wetterstationen auf unterschiedlichen Höhenniveaus, Stand Karsamstag, 20.10 Uhr. Der Himmel war zu dieser Zeit bewölkt, Niederschlag gab es jedoch keinen. Der Temperaturunterschied pro 100 Höhenmeter sollte also irgendwo zwischen 0,65 und 1 Grad liegen. Auffällig ist, dass der Temperaturabfall nicht auf jedem Höhenniveau gleich stark ist. Die stärkste Temperaturabnahme findet zwischen 900 und 1400 Metern statt. Vergleicht man den Messwert von Wynau mit jenem vom Napf und dem Pilatus, dann ergibt sich ein durchschnittlicher Temperaturabfall von 0,8 Grad pro 100 Meter. Die Faustregel hat also durchaus ihre Berechtigung.
Wenn Meteorologen für eine Ortschaft eine Tageshöchsttemperatur bestimmen, spielt das Hochrechnen von Temperaturen eine wesentliche Rolle. Dabei wird in den Wettermodellen meist die Temperaturentwicklung auf dem Luftdruckniveau von 850 hpa berücksichtigt. Auf dieser Höhe sind die Temperaturen relativ unabhängig von regionalen Unterschieden am Boden, weshalb sie über grössere Distanzen hinweg gut miteinander verglichen werden können. Heute Dienstag ist unser Wetter tiefdruckbestimmt. Die geopotentielle Höhe von 850 hpa liegt dabei um 1400 Meter über Meer. Wird auf dieser Höhe eine Temperatur von –6,5 Grad gemessen, dürfte es in Zofingen bei einem Temperaturabfall von 0,65 Grad pro 100 Meter etwa 0 Grad kalt sein.
Natürlich sind solche Rechnungen mit Vorsicht zu geniessen. Regionale Phänomene wie Winde, Gewässer oder Hügelzüge können die Temperaturen am Boden beeinflussen. Und gerade im Winter kann man die oben beschriebene Faustregel an hochdruckbestimmten Tagen ohnehin in die Tonne schmeissen. Bildet sich über dem Mittelland ein Kaltluftsee, welcher vom Hochnebel gedeckelt wird, vermeldet die Wetterstation auf dem Pilatus gut und gerne höhere Temperaturwerte als jene in Wynau. Und auch die Bise im Mittelland sowie wärmere Luftschichten durch Höhenwinde können das Hochrechnen von Temperaturen zu einer komplizierten Angelegenheit verkommen lassen.