Mit Sprachkursen für Rekruten soll der Röstigraben überwunden werden

«Das Gefühl einer Spaltung der Schweiz wird stärker und das bereitet mir grosse Sorgen», sagt Ständerat Charles Julliard (Die Mitte/JU). Er verweist unter anderem auf die Abstimmungsresultate, bei denen sich immer häufiger ein Graben auftue – zwischen Stadt und Land, oder zwischen den Sprachregionen.

Dieser Spaltung will der frühere jurassische Finanzdirektor entgegenwirken. Eine zentrale Rolle soll dabei die Armee spielen. In der Vergangenheit habe sie als wichtigstes soziales Bindeglied zwischen den verschiedenen Regionen, Kulturen und gesellschaftlichen Klassen der Schweiz fungiert. «Das Gefühl, zum selben Land zu gehören, ein gemeinsames Schicksal und gemeinsame Sorgen zu teilen, war sehr präsent», schreibt Juillard in einer Interpellation.

«Rekruten sind motiviert»

In den vergangenen Jahrzehnten sind der Personalbestand der Armee und die Quote der diensttauglichen jungen Männer stark gesunken. Beide Entwicklungen haben laut Juillard dazu geführt, dass die Armee nicht mehr gleichermassen als soziales Bindeglied taugt.

Nun will Juillard vom Bundesrat wissen, wie die Armee wieder stärker zur sozialen Durchmischung beitragen könne. Juillard schlägt die Prüfung einer stärker geografisch, sozial und kulturell durchmischten Organisation der Truppen vor. Eine Einteilung, die sich in erster Linie nach der sprachlichen Herkunft der Soldaten richte, sei zu vermeiden.

Ausserdem sollen Armeeangehörige während der ersten Wochen der Rekrutenschule einen Sprachaustausch mit begleitenden Kursen in einer anderen Landessprache absolvieren können und für deren Abschluss ein Zertifikat erhalten: «Die meisten Rekruten kommen direkt aus der Ausbildung und sind motiviert, neue Erfahrungen zu machen.»

Seine Vorschläge seien keine Kritik an der Vermittlung der Landessprachen in der obligatorischen Schule: «Jeder weiss, dass man eine Sprache nicht ausschliesslich im Schulunterricht lernen kann». Die Armee biete die Möglichkeit, sich Sprachpraxis anzueignen. Im Vordergrund stünde dabei die sprachlich weniger anspruchsvolle Grundausbildung – es gehe nicht um komplexe technische Instruktionen.

Armee: «Mehrsprachigkeit wird gefördert»

Die Sprachausbildung in der Armee sei praktischer Natur, schreibt die Armee auf Anfrage. «Das Credo lautet: Jede und jeder spricht in ihrer oder seiner Muttersprache». Mehrsprachigkeit bei der Truppe werde gefördert. Es gebe praktisch keine einsprachigen Rekruten- oder Kaderschulen: «Es gibt in jeder Schule mehrsprachige Kompanien.» Kader müssten mindestens zwei Landessprachen beherrschen. Armeeangehörige würden bei der Rekrutierung aufgrund ihres beruflichen Hintergrunds und Leistungsprofils einer Truppengattung zugeteilt. Die Ausbildung erfolge wenn möglich in der Muttersprache, sofern man keine andere Sprache genügend beherrscht.

Der Bundesrat nimmt in der Herbstsession im September zu Julliards Vorschlägen Stellung. Ist er mit den Antworten nicht zufrieden, will er mit einem weiteren Vorstoss Druck aufsetzen.