
Muss das «letzte Zuhause» von Rentner Kurt Zimmerli (85) einer Neuüberbauung weichen?
Die Romano & Christen Management AG plant auf dem Areal der Alten Gärbi in Aarburg eine attraktive, moderne Wohnüberbauung. Die Gärbi selbst möchte das Luzerner Unternehmen umnutzen, dass sie später als Scharnier zwischen historischem Städtlikern und der neuen Wohnzone funktioniert; der nördliche Gebäudeteil wird zu Wohnungen, wovon auch die Pizzeria Vesuvio betroffen ist. Das Bebauungskonzept, das unter Leitung des Raumplanungsbüros Hansueli Remund (Luzern) entwickelt wurde, passt zu den Absichten der Behörden für die Stadtaufwertung. Lars Bolliger, Leiter Bau Planung Umwelt, sagt dazu: «Wir stehen der Planung im begleiteten Verfahren nach den ersten Gesprächen positiv gegenüber und erhoffen uns einen Gewinn für die Altstadt und den Erlebnisraum an der Aare durch eine qualitativ hochwertige Bebauung.» Die Romano & Christen Management AG ist von der Qualität des Standorts in Aarburg überzeugt, wie der beauftragte Planer Hansueli Remund sagt. Er verweist auf die Nähe zum Dorfzentrum, die gute öV-Anbindung und ruhige Lage, die nahe liegenden Erholungsräume samt Aarebereich.
Problempunkt Erschliessung
Keinen Grund zur Freude, sondern zur Sorge hat allerdings Nachbar Kurt Zimmerli. Der 85-Jährige wohnt am Hausmattweg. Seine Partnerin ist vor einigen Jahren verstorben.
Der in Starrkirch-Wil aufgewachsene ehemalige Berufsoffizier möchte nicht mehr, als seine Ruhe haben. «Aber jetzt habe ich schlaflose Nächte», erklärt er bestürzt. Beim Gespräch am alten Holztisch in der kleinen Stube ist spürbar, dass Zimmerli Angst hat – auch, dass das Reden mit der Zeitung negativ auf ihn zurückfallen könnte. Gleichwohl will er nicht einfach zusehen, wie sein Leben wortwörtlich unter die Abrissbirne kommen könnte. Zwar ist Kurt Zimmerli seit Kurzem auch im Begleitgremium des Projekts. Die Sorgen aber bleiben. Denn die nördlich geplanten Wohnbauten sollen über den schmalen Hausmattweg erschlossen werden. Die Zufahrt würde direkt über Zimmerlis Grundstück führen. Das Haus, und der Carport, den er noch vor elf Jahren für 30 000 Franken bauen liess, müssten abgerissen werden. «Ich wollte hier meine letzten Jahre verbringen», sagt Zimmerli. «Nun weiss ich nicht, ob ich das kann.»
Bauherren sind unverbindlich
Zwar: In Stein gemeisselt ist die Erschliessung über Zimmerlis Grundstück noch nicht. Möglich wäre alternativ wohl eine Verlängerung der Erschliessung der südlichen Bauten über den Letziweg oder über den Hausmattweg, über ein anderes Grundstück – so oder so dürfte es für die Anwohner unbequem bleiben. Gemäss Auskunft der Eigentümer werden zwar noch Varianten geprüft, konkret genannt werden kann jedoch keine (siehe Kontext). Seitens Gemeinde heisst es, es sei zu früh für konkrete Aussagen. Lars Bolliger: «Varianten müssen zuerst im Rahmen der späteren Testplanung ausgearbeitet und geprüft werden.»
Wie geht es weiter?
Rentner Kurt Zimmerli bleibt vorerst nur die Hoffnung. Die Hoffnung, dass die Bauherren die Pläne zu seinen Gunsten nochmals anpassen werden. «Ich lebe und wohne schliesslich hier, und wahrscheinlich werde ich hier auch sterben», sagt er. «Da kann man mir doch nicht einfach mein Haus wegnehmen.» Ende Monat ist Zimmerli zur Startsitzung im Begleitgremium mit den Landeigentümern eingeladen. Notfalls will er juristisch gegen die Pläne vorgehen. Denn Ultima Ratio könnte ihm sein Land enteignet werden.
Dass sich Anwohner wehren, ist derweil nicht das erste Mal. Bereits 1988 sollte das Gärbi-Areal über den Hausmattweg erschlossen werden. Das scheiterte aber aufgrund des Widerstands und Einsprachen aus der Nachbarschaft. Nun könnte sich die Geschichte wiederholen – allerdings, mit einem anderen Ende.
«Möglichst viele Anliegen erfüllen»
Noch 2018 soll das Mitwirkungsverfahren zur Neubebauung beendet sein. Im Begleitgremium sind nebst der Gemeinde unabhängige Fachpersonen, Kanton und Anwohner vertreten. Die Eigentümerschaft plant eine sorgfältige Ortsanalyse für verschiedene Konzeptideen, die zusammen mit der begleiteten Kommission zu einem Projekt weiter entwickelt werden. Eigentümer und Gemeinde verhandeln aktuell mit Nachbarn mögliche andere Erschliessungslösungen. Der beauftragte Raumplaner Hansueli Remund sagt daher, für klare Aussagen zum Haus von Kurt Zimmerli sei es noch zu früh. Remund betont, man sei bestrebt, möglichst viele Anliegen zu erfüllen. Die Ausgangslage sei aber eindeutig: «Beim Areal Gärbi handelt es sich um rechtskräftiges Bauland, rechtskräftig eingezont und aufgrund rechtskräftiger Plangrundlagen erschliessbar. Das Land wurde aufgrund dieser Ausgangslage erworben, mit dem einzigen Ziel, eine Wohnüberbauung zu realisieren.» (fup)
