
NAB-Chef Roland Herrmann: «Wir erwarten noch mehr leere Mietwohnungen im Aargau»

Neuer Präsident für den Verwaltungsrat der NAB
Die Credit-Suisse-Tochter Neue Aargauer Bank (NAB) hat 2018 leicht weniger Gewinn alsim Vorjahr eingefahren. Der Reingewinn sank um 0,8 Prozent auf 118,9 Millionen Franken.Auch der Geschäftserfolg liegt mit 145,6 Millionen Franken auf dem Niveau des Vorjahres. Die Ausleihungen bei Privat- und Firmenkunden wuchsen um 375 Millionen Franken und die Netto-Neugelder um 577 Millionen Franken. Die Hypotheken erhöhten sichum 199 Millionen Franken. Damit stiegen die Hypothekarforderungen um 1,1 Prozent auf 18,9 Milliarden Franken. Wie dem Geschäftsberichtzu entnehmen ist, verdiente Chef Roland Herrmann 2018 exakt eine Million Franken. Die anderen vier Geschäftsleitungsmitglieder erhielten total 1,9 Millionen Franken.Der Verwaltungsrat der Bank wird erneuert. Josef Meier, der seit 2003 im obersten Gremium der Bank war, wird auf dieses Datum hin das Präsidium abgeben und aus dem Verwaltungsrat ausscheiden. Als sein Nachfolger wird der ehemalige CEO der Bank, Peter Bühlmann, vorgeschlagen. Er war bis 2016 Chefder NAB und rückte 2017 in den Verwaltungsrat derBank nach. (bs)
Im historischen Hauptsitz lädt die Neue Aargauer Bank zu ihrer Jahrespressekonferenz. Nach dem offiziellen Teil trifft die Aargauer Zeitung den Chef Roland Herrmann zum Interview.
Herr Herrmann, das Jahresergebnis 2018 der Neuen Aargauer Bank (NAB) ist praktisch unverändert beziehungsweise leicht negativ gegenüber dem Vorjahr. Sind Sie mit dem Erreichten zufrieden?
Roland Herrmann: Ich bin zufrieden, weil wir im Kerngeschäft strategiekonform gewachsen sind – und zwar sowohl bei den Ausleihungen bei Privat- und Firmenkunden im Aargau als auch im Anlagegeschäft.
Im Kreditgeschäft sind Sie stark gewachsen, nachdem Sie im Jahr zuvor bei den Krediten auf die Bremse getreten sind. Was sind die Treiber?
Wir sind in diesem Jahr bei den Ausleihungen bei Privatkunden mit Wohnhypotheken und bei Firmenkunden im Aargau mit 375 Millionen Franken gut gewachsen. 2016 und 2017 sind wir bei den Privathypotheken auch gewachsen, haben jedoch das Portefeuille bei der Finanzierung von Renditeliegenschaften bereinigt und konnten das 2018 weitgehend abschliessen.
Im Kommissionsgeschäft dagegen gab es letztes Jahr einen Bremser. Wegen des Börsenjahres?
Im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft erzielten wir mit fast 68 Millionen Franken trotz der negativen Marktentwicklung erneut einen bedeutenden Betrag unseres Jahresergebnisses, der nur 1% unter Vorjahr liegt. Im Anlagegeschäft setzen wir stark auf Vermögensverwaltungsmandate und Anlageberatungspakete.
Nach dem fulminanten Start ins 2019 ist jetzt wieder vermehrt Verunsicherung spürbar. Wie ist Ihre Einschätzung fürs laufende Jahr?
Dass der Taucher von Ende Jahr aufgeholt wurde, ist für mich keine Überraschung. Doch die Hausse hat die Verluste mehr als kompensiert. Daher erwarte ich nicht, dass sich die Kurse so weiterentwickeln. Ich erwarte weiterhin volatile Märkte und dass sich die Börse eher seitwärts bewegt.
Der Franken ist wieder stärker geworden und notiert aktuell bei 1.12 Euro pro Franken. Könnte eine härtere Währung wieder zum Problem für die Wirtschaft werden?
Nein, auf diesem Niveau stellt der Franken unserer Meinung nach keine Gefahr für die Wirtschaft dar. Die Unternehmen im Kanton Aargau sind sehr robust und haben die Erstarkung des Frankens nach der Aufhebung des Mindestkurses sehr gut gemeistert.
Wann sehen Sie eine Änderung an der Zinsfront?
Das wird sich hinziehen. In den EU-Ländern hat sich an der Schuldensituation nichts geändert. Daher hat die europäische Politik auch kein Interesse an steigenden Zinsen. Die Schweiz ist de facto an die Zinsen im Euroraum gekoppelt. Das bedeutet, dass sich auch die Schweiz nicht bewegen kann.
Was Eigenheimbesitzer interessiert: Wie lange bleiben die Zinsen noch so tief?
Wir erwarten eine Zinserhöhung frühestens im Jahr 2020. Das heisst, die Kunden können weiter von sehr günstigen Hypothekarzinsen profitieren. Wer eine stabile Finanzplanung für die nächsten fünf bis zehn Jahre sucht, dem bieten sich Festhypotheken an.
Sie halten sich bewusst aus Finanzierungen in Renditeliegenschaften raus. Opfern Sie da nicht auf Kosten der Sicherheit ein lukratives Geschäft?
Nein. Das Geschäft mit Renditeliegenschaften ist ein stark volumenorientiertes Geschäft mit tiefen Margen. Für Unternehmer und Investoren aus dem Aargau, die mit uns eine umfassende Kundenbeziehung haben, machen wir weiterhin gerne Finanzierungen von Renditeliegenschaften.
Trotzdem können Sie sich nicht ganz den Entwicklungen des Renditemarkts entziehen. Der Neubau-Boom führt dazu, dass ältere Mietwohnungen einen schweren Stand haben. Diese wiederum könnte Ihre Bank finanziert haben. Haben Sie dieses Problem im Griff?
Das ist eine ganz aktuelle Frage. Wir haben das intensiv angeschaut und können für unsere Kunden Entwarnung geben. Im Gegensatz zum gan- zen Bankenmarkt haben wir bereits vor einigen Jahren die Amortisationspflicht auf der zweiten Hypothek von einem auf zwei Prozent eingeführt. Das kommt jetzt sowohl unseren Kunden als auch der Bank zugut. Denn es bedeutet, dass unsere Kreditnehmer weniger stark verschuldet sind und es sehr viel mehr braucht, bis es zu Ausfällen kommen könnte.
Erwarten Sie einen weiteren Anstieg der Leerstandsquote im Aargau?
Ich gehe davon aus, dass die Leerstände insgesamt noch weiter steigen werden. Die Situation ist regional und lokal sehr unterschiedlich. Es gibt Regionen, wo immer noch mehr gebaut wird, als der Markt benötigt. Bei vielen Projekten sind Banken gar nicht dabei, sondern es sind institutionelle Anleger wie Pensionskassen oder Versicherungen. Diese brauchen keine Kredite. Angesichts der Negativzinsen bleibt der Renditewohnmarkt für diese Anleger nach wie vor attraktiv. Das ist ein grosser Treiber der hohen Bautätigkeit.
Der Personalbestand war bei der NAB im letzten Jahr leicht rückläufig. Was sind die Gründe dafür?
Das hat mit dem Verzicht auf die Weiterführung des Geschäfts mit externen Vermögensverwaltern und der Fokussierung im Auslandgeschäft auf Auslandschweizer zu tun. Gleichzeitig haben wir im Kerngeschäft mehr Personal eingestellt.
In welchen Bereichen?
In der klassischen Anlageberatung. Aber auch im Bereich Digitalisierung, wo wir Mitarbeiter suchen, die einen starken IT-Hintergrund haben und gleichzeitig ein betriebswirtschaftliches Know-how mitbringen.
Wie bringen Sie Digitalcracks dazu, bei der NAB zu arbeiten?
Bei der Rekrutierung stehen wir in Konkurrenz zu vielen anderen Branchen, insbesondere zu Techfirmen. Wir bieten ein Arbeitsumfeld, das für die Mitarbeitenden attraktiv ist. Ich denke dabei an unsere neue Führungskultur, die stark auf Partizipation und Eigenverantwortung setzt. Und an unsere äusserst flexiblen Arbeitszeitmodelle, die viel Freiraum geben.