
Nach 13 turbulenten Jahren an der Spitze des FC Aarau: der spezielle Rücktritt des Alfred Schmid
Der Anfang 2007 war speziell. Das Ende 2020 ist speziell. Dazwischen liegen 13 Jahre. 13 Jahre, die Alfred Schmid in der Rolle als Präsident alles abverlangten. Er gewann. Er verlor. Er stieg zweimal ab, er stieg einmal auf. Er wurde gelobt, kritisiert und schlug manchmal den Kopf an. Trotzdem war er meistens ruhig, besonnen, sachlich, geduldig und hatte vor allem eines – Nehmerqualitäten!
Am 26. Mai ist Ende Feuer. Der Präsident des FC Aarau geht von Bord. Schmids Abgang ist bedingt durch die Coronakrise speziell, passt allerdings zu den turbulenten Jahren, die er als Führungsperson hinter sich hat.
Nun ist der 64-jährige Unternehmer aus Gränichen reif für den Rücktritt. Schmid wird als Ehrenmann in Erinnerung bleiben. Er wahrte in seiner Rolle als ranghöchster Funktionär stets den Anstand und Respekt auch vor seinen schärfsten Kritikern und wusste immer, was sich gehört.
Immer? Na ja, meistens. Schmid konnte auch anders. Wehe, wenn ihm etwas nicht in den Kram passte. Dann zeigte er Muskeln. Dann wurde er emotional. Dann war er unberechenbar. Dann schoss es aus ihm heraus. Hin und wieder war er sogar für eine Überraschung gut.
Barrage-Debakel verhinderte den Abgang im Sommer 2019
Ein Gerücht bleibt haften: Auf dem sportlichen Höhepunkt seiner präsidialen Zeit vor knapp einem Jahr wäre Schmid vielleicht spontan zurückgetreten und hätte den Führungsstab in launiger Gesellschaft dem jungen, ehrgeizigen Philipp Bonorand überreicht.
Irgendwann in der Nacht vom Sonntag, 2. Juni auf den Montag, 3. Juni. Irgendwann während der Aufstiegsfeier im Brügglifeld. Irgendwann nach der triumphalen Rückkehr in die Super League wäre es womöglich aus Schmid herausgebrochen.
Aber es kam anders. Ganz anders. Nach einem glanzvollen 4:0-Sieg im Hinspiel der Barrage in Neuenburg gegen Xamax vergeigte der FC Aarau den Aufstieg im ausverkauften Brügglifeld auf unglaubliche Art und Weise.
FCA-Präsident Alfred Schmid (M.) tröstet nach der Pleite im Barrage-Rückspiel seine Spieler.
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Statt zu feiern, musste Schmid den starken Mann spielen. Wie so oft in seiner Zeit als Präsident. Der im Penaltyschiessen verpasste Aufstieg war wohl der bitterste Augenblick in seiner Amtszeit. Schon fast ein Hohn ist die Tatsache, dass Schmid in seinen 13 Jahren als Präsident alle Stadionabstimmungen gewonnen hat – und trotzdem weit und breit kein Stadion zu sehen ist.
2006 aufs Abstellgleis gestellt
Schmid ist ein Kämpfer. Kämpfen musste er schon 2006. Ein Jahr vor seiner Wahl wurde bekannt, dass er Interesse am Präsidentenamt hat. Schmid durfte auf Einladung der Donatoren-Gruppe «Club 100» sich selbst, sein Programm und seine finanzkräftige Crew vorstellen.
Obwohl Schmid eine gute Figur machte, war er chancenlos und wurde aufs Abstellgleis gestellt. Für die Mehrheit des «Club 100» war klar: Der neue Präsident und Nachfolger von Michael Hunziker musste aus dem Kreis der illustren Geldgeber-Gruppe kommen.
Das Rennen machte schliesslich Christian Stebler. Eine schlechte Wahl. Mehr noch. Ein fataler Entscheid. Nach einem Jahr war Stebler mit seinem Latein am Ende. Der sportlich und finanziell kriselnde FC Aarau konnte froh sein, dass Schmid und seine Crew ein Jahr nach der Nichtberücksichtigung trotzdem noch bereit waren, das finanziell sinkende Schiff wieder auf Kurs zu bringen und als Antrittsgeschenk gleich mal einen ansehnlichen Betrag einzuschiessen.
Kämpfen musste Schmid aber nicht nur 2006. Kämpfen musste Schmid bis zu seinem angekündigten Rücktritt im vergangenen Jahr. Nun ist der Kampf vorbei. Obwohl man die Generalversammlung der Aktiengesellschaft wegen der Coronakrise auf den 21. September verschoben hat, werden Schmid und Vizepräsident Roger Geissberger Ende Mai anlässlich einer Verwaltungsratssitzung zurücktreten.
Wird Schmid erster FCA-Ehrenpräsident seit 2002?
Offiziell verabschiedet wird Schmid erst vier Tage nach seinem 65. Geburtstag vom 17. September. Dann kommt es aller Voraussicht nach zu einer Premiere. Es muss ganz einfach zu einer Premiere kommen.
Seit Gründung der Aktiengesellschaft im Jahr 2002 wurde noch kein Präsident zum Ehrenpräsidenten ernannt. Es ist an der Zeit, das zu ändern.