Nach dem Aus für das «River Pub»: «Stadtgarten» wird zum Problemfall

Das Ende kommt auch für uns etwas abrupt.» Mit diesen Worten verabschiedete sich die Wirtefamilie Rüegg-Kundert im Januar schriftlich von den Gästen. Seit Ende Februar sind die Türen des altehrwürdigen River Pub im «Stadtgarten» für immer zu. Das Wirtepaar mit den schulpflichtigen Kindern ist weggezogen, um sich ausserhalb von Aarburg eine bessere Zukunft zu sichern. Besitzer und Pächter trennen sich per Auflösungsvereinbarung. Wegen laufender Verhandlungen zwischen den Anwälten werden derzeit keine Details genannt. Unklarheiten existieren allerdings auch in Bezug auf die Zukunft der Liegenschaft selbst. Viele fragen sich: Quo vadis, Stadtgarten?

Verkaufen, sanieren, abreissen
Jahrzehntelang war das River Pub ein sozialer und kultureller Treffpunkt. Gilles Obrist führte es fast 20 Jahre erfolgreich, bis das Rauchverbot ihn 2010 zur Aufgabe bewog. Die nächsten Wirtsleute hatten Mühe. Erst mit der Familie Rüegg-Kundert ging es wieder bergauf – und dies, obwohl das Haus innen und aussen sichtlich verlottert, etliche relevante Mängel gemeldet wurden. Nach fünf Jahren werfen die neuen Wirte deshalb das Handtuch. Allein eine Sanierung von Betrieb und Haus würde sich gemäss Schätzungen der früheren Betreiber auf mehrere hunderttausend Franken belaufen. Geld, dass die Eigentümer bisher nicht aufwenden wollten.

Bis Ende Monat wird noch nach Käufern gesucht. Das sagt Marc Eichenberger, Vertreter der Vorest AG aus Muttenz. Der Verhandlungspreis liegt inzwischen bei 1,2 Millionen Franken. Kann die Liegenschaft nicht veräussert werden, will die Vorest AG ein eigenes Projekt, wahrscheinlich einen Neubau prüfen. «Aktuell sieht es nicht nach Verkauf aus», verrät Eichenberger. Der nächste Schritt könnte eine Vorprojektierung sein. Erste Gespräche mit Gemeinde und Architekten haben stattgefunden. Sicher ist: Einen Gastronomiebetrieb soll es nicht mehr geben. «Uns schwebt mehr eine qualitative Verbindung von Kleingewerbe mit Wohnungen mittleren Standards vor», erklärt Eichenberger. Allenfalls mit einem Bäcker-Café. Tönt gut, ist aber nicht einfach. Denn als Teil des Aare-Ortsbilds hält der Denkmalschutz seine schützende Hand über dem Stadtgarten. Vielleicht wäre auch die Ausarbeitung eines Gestaltungsplans nötig, was gemäss Eichenberger «einen riesen Rattenschwanz nach sich ziehen würde». Lars Bolliger, Leiter Bau Planung Umwelt der Gemeinde, sagt: «Der Situationswert der Liegenschaft ist sehr hoch und für den Ort evident.» Grundsätzlich gelte für ein Abbruchverbot (Erhalten der Substanz). Bolliger: «Das heisst nicht, dass es gar nicht abgebrochen und neu aufgebaut werden könnte. Denn ob auch die Substanz des Hauses selbst schützenswert ist, das heisst noch original ist, das muss die Kantonsarchäologie Aargau abklären.»

Sozialstudios ja, Sexstudios nein
Es liegt folglich auch in der Hand von Gemeinden und Kanton, was mit der Liegenschaft geschieht. «Wenn uns die Behörden entgegenkommen, würden wir uns auf einen Neubau konzentrieren», sagt Eichenberger.

Würden die Mühlen aber zwei oder noch mehr Jahre lang mahlen, «ist das für die Vorest AG wirtschaftlich nicht tragbar». Heisst: Die Immobilienfinanciers wollen Rendite sehen. Da ein leerstehendes Haus aber nur kostet und beispielsweise durch Fremdbesetzung mit Risiken verbunden ist, werden verschiedene Zwischenlösungen geprüft. Pikant: Eine davon wären Kleinwohnungen für Sozialhilfeempfänger. «Auszuschliessen ist das nicht», sagt Marc Eichenberger. «Gute Mieter» bringe man momentan schliesslich nicht in das baufällig gewordene Gebäude. Wie diese Zeitung weiss, stösst die Idee der Sozialwohnungen allerdings auf keine Gegenliebe. An einer Sitzung mit dem Gemeinderat kassierte Eichenberger dafür einen Rüffel. Während die Variante Sozialwohnungen aktuell bleibt, ist eine zweite, noch aufregendere Option dafür vom Tisch: jene von Sexstudios – Zimmern, in denen Prostituierte anschaffen. Mehrere Personen berichten gegenüber dieser Zeitung, vor drei Jahren habe man die Wirtewohnung für diesen Zweck umfunktionieren wollen, um durch den Mietzins für die Studios monatlich gegen 5000 Franken einzunehmen. Warum sich das Gerücht hartnäckig hielt: Ein Jahr davor machte die Vorest AG in Basel Schlagzeilen mit einer ähnlichen Geschichte: Die Pächterin der «Schmitti» legte die fragwürdigen Geschäftsabsichten damals in den Medien offen. Der Grund: Sie lag gemäss «BaZ» mit den Eigentümern in einem wüsten Mietstreit. Der Unterschied zu Aarburg und heute: Marc Eichenberger war damals noch nicht Berater in der Muttenzer Firma. Er lässt durchblicken, dass eine solche Idee – «sollte sie denn wirklich bestanden haben» – nicht infrage kommt.

Das «River Pub» ist Geschichte (Bild: Patrick Furrer)
Das «River Pub» ist Geschichte (Bild: Patrick Furrer)
Blick durchs Fenster (Bild: Patrick Furrer)
Blick durchs Fenster (Bild: Patrick Furrer)