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Nach Eklat: So wollen die Solothurner Filmtage nun ihre Strukturen ändern und  lange Amtszeiten verhindern

Nach Eklat: So wollen die Solothurner Filmtage nun ihre Strukturen ändern und  lange Amtszeiten verhindern

Im August trennten sich die Filmtage und ihre bisherige Direktorin Anita Hugi. Es kam zum wüsten Streit – und seither steht die Struktur der Filmtage in der Kritik. Jetzt kündigt Präsident Thomas Geiser Änderungen an – und mittelfristig seinen Rückzug. 

Lucien Fluri

Nach der pandemiebedingten Pause 2021 sollen die Filmtage 2022 wieder in den Solothurner Kinosälen stattfinden.

Tom Ulrich

Schlagzeilen sind sich die Solothurner Filmtage gewohnt. Meist allerdings geht es dabei um positive Nachrichten. Man liest jeweils im Januar vom familiären Solothurner Flair, von vollen Kinosälen und neuen Schweizer Filmen.

In den letzten Monaten war alles anders: Die Filmtage sorgten gleich reihenweise für Negativschlagzeilen in eigener Sache. Der bisherige Filmtagepräsident Felix Gutzwiller ging im Juni überraschend, ebenso zwei weitere Vorstandsmitglieder. Anita Hugi, die bisherige Direktorin war zuerst krankgeschrieben und dann ab August «kaltgestellt». Gegenseitige Schuldzuweisungen folgten. Die Schlagzeilen lauteten: Krach im Solothurner Gebälk, von Ränkespielen war die Rede.

Amtszeitbeschränkung und neue Reglemente

Zuletzt konstatierte die Wochenzeitung «Die Zeit» gar «lokalen Filz», «seltsame familiäre Verbandelungen» und «Strukturprobleme». In Solothurn spiele sich «ein Machtkampf» ab, «in dem sich Generationen-, Geschlechter- und Modernisierungskonflikte überlagern». Insbesondere, dass einige Vorstandsmitglieder auch in der Geschäftsleitung sitzen, widerspreche der «Good Governance».

Jetzt, noch rechtzeitig vor der Programmvorstellung und vor ihrer nächsten Ausgabe, machen die Solothurner Filmtage einen Schritt vorwärts: Der Vorstand will die Strukturen anpassen. Dies sagte Thomas Geiser am Dienstagabend an einem Filmtage-Anlass in Solothurn. Geiser, schweizweit bekannt als Rechtsprofessor, gehört der Generation an, die seit Jahrzehnten in Solothurn mitwirken. Im Juni übernahm er übergangsweise das Präsidium, im Vorstand sitzt er seit 17 Jahren.

«Sämtliche Reglemente werden überarbeitet», sagt Geiser. Für Vorstandsmitglieder werde es künftig eine Amtszeitbeschränkung von zwölf Jahren geben. Ebenso soll eine Entflechtung zwischen dem Vorstand und der Geschäftsleitung erfolgen. Die bisherigen Strukturen seien «nicht mehr optimal» gewesen, sagt Geiser.

«Die Festival- und Filmlandschaft ist im Wandel.» Deshalb habe der Vorstand vergangenen Freitag die Änderungen beschlossen. «Damit sollten wir für die nächsten Jahre gut aufgestellt sein.» Allerdings müssen die rund 600 Vereinsmitglieder der Filmtage die Änderungen an ihrer Mitgliederversammlung im Frühjahr noch genehmigen.

Geiser kündigt, mittelfristig, seinen Rückzug an

Bereits im August angekündigt worden war, dass die künstlerische und die administrative Leitung getrennt werden. Interimistisch amtet bis nach den Filmtagen Veronika Roos als administrative Leiterin, künstlerisch verantwortlich sind für die kommende Ausgabe Marianne Wirth und David Wegmüller, die bereits bisher für die Filmtage tätig waren. Bei beiden Positionen folgt eine Neubesetzung nach Ausschreibung.

Thomas Geiser, hier in einer Aufnahme von 1989, gehört – wie viele andere  Helferinnen und Helfer auch – seit Jahrzehnten zur Crew der Solothurner Filmtage. 

Bild: Keystone

Für Geiser, der seit Jahrzehnten bei den Filmtagen mitwirkt, bedeutet die Amtszeitbeschränkung auch, dass er in absehbarer Zeit aus dem Vorstand ausscheiden wird. Einen konkreten Zeitpunkt nennt er noch nicht. Es könnte 2022 oder 2023 sein, wenn die neue künstlerische Leitung ihre erste Ausgabe absolviert hat. Er habe das Präsidium diesen Sommer nicht gesucht, sagt Geiser. Er werde es, im Gegenteil, geniessen, wenn er dereinst in Solothurn «nur» Filme schauen könne.

Zuletzt hatte auch der Bund Druck gemacht: Das Bundesamt für Kultur hatte eine Erhöhung der Filmtage-Unterstützung um 20’000 Franken ausgesetzt. Stattdessen wurde die bestehende Leistungsvereinbarung um ein Jahr verlängert. Gepocht wird vom Bund auf die Umsetzung von Good-Governance-Regeln sowie «die Wahrung der Unabhängigkeit der künstlerischen Leitung» – soll denn zusätzliches Geld fliessen.

Zertifikats-Anlass vor Ort – mit Online-Notnagel

Die 57. Solothurner Filmtage werden vom 19. bis zum 26. Januar stattfinden. «Wir wollen wieder ein Festival vor Ort», sagt Roos. «Aber wir haben keine hundertprozentige Sicherheit.» Stattfinden soll der Anlass unter dem Slogan «Der Schweiz im Kino begegnen» – mit Zertifikatspflicht für Besucher und Mitarbeitende.

Zurück in die Kinosäle: 2022 wollen die Filmtage wieder vor Ort stattfinden – mit so vielen Besuchern wie 2020 rechnet man aber noch nicht. 

Hanspeter Bärtschi

Sollte die Pandemie einer Durchführung vor Ort doch noch einen Strich durch die Rechnung machen, so «könnte man alle Filme online zeigen». Dies hatte sich vergangenes Jahr als Notlösung in der Pandemie bewährt, soll aber falls möglich nicht mehr die kommende Ausgabe prägen.

Man rechnet mit einem Bundesrat – und weniger Besuchern

Bei der letzten Austragung zählten die Filmtage 66’000 Eintritte in Solothurn; dieses Jahr rechnet man mit weniger Besuchern. «Wir können nicht davon ausgehen, dass wir sogleich wieder das Vorpandemie-Niveau erreichen», so Veronika Roos. Eröffnet werden sollen die Filmtage 2022 von Bundesrat Alain Berset, bei dem das Bundesamt für Kultur angesiedelt ist.

Das Programm für die Ausgabe 2022 wird Mitte Dezember vorgestellt werden. Vor rund drei Wochen seien die Filme visioniert worden, sagten Wegmüller und Wirth, denen die künstlerische Leitung obliegt, am Dienstagabend. «Wir hatten etwas mehr Einreichungen als sonst.» Es soll der Stoff für neue, positivere Schlagzeilen sein.

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