Nationalrat will weiterhin 1. Klasse fahren: Kälins GA-Motion klar abgelehnt

Mit 141 zu 31 Stimmen bei 13 Enthaltungen versenkte der Nationalrat am Montag die Motion von Irène Kälin. Sie forderte, dass Bundesparlamentarier nur noch ein Generalabonnement zweiter Klasse anstelle des 1.-Klass-GA als Reiseentschädigung erhalten sollten.

Schaut man die Abstimmung im Detail an, fallen drei Punkte auf:

  1. Die eigene Partei liess Kälin brutal im Stich. Neben Kälin stimmte nur der Grüne Denis de la Reussille (Neuenburg) Ja.
  2. Die gesamte Linke hielt nichts von der Privilegienkürzung. Von der SP erhielt Kälin nur von Mattea Meyer Unterstützung.
  3. Alle anderen Ja-Stimmen kamen aus der SVP. Andreas Glarner, Luzi Stamm oder auch Parteipräsident Albert Rösti stimmten wie Kälin.

Aber auch in der SVP überwog das Nein-Lager. Dazu gehörten unter anderem die Aargauer SVP-Nationalräte Thomas Burgherr und Sylvia Flückiger.

Weite Strecken fahren
Kälin sagte im Rat, sie habe grossen Respekt vor allen Parlamentarierinnen, die einen weiten Weg nach Bundesbern haben. Auf die Kritik, dass sie als Aargauerin viel schneller zu Hause sei als ein Tessiner oder Genfer, sagte sie: «Wir haben eine Übernachtungspauschale.» Man sei nicht gezwungen, jeden Tag nach Hause fahren. Sie verwies auf andere Pendler ohne Übernachtungspauschale: «Es gibt sehr wohl Arbeitnehmende – Pendlerinnen und Pendler – in diesem Land, die jeden Tag weite Strecken zurücklegen müssen und das sehr erfolgreich in der zweiten Klasse tun, inklusive arbeiten.»

Minderheit nimmt das Geld
Parlamentarier, die kein 1.-Klass-GA wollen, können sich den entsprechenden Betrag als Pauschalentschädigung auszahlen lassen. 2018 haben sich laut dem Ratsbüro 212 für ein GA und 34 für das Geld entschieden. Zu letzteren gehört auch Kälin, obwohl sie nur zweite Klasse fährt. Als sie sich um ein 2.-Klass-GA bemühte, blitzte sie beim Bund ab. Deshalb lässt sie sich den Betrag von 4775 Franken auszahlen. Mit dem überschüssigen Geld zahlt sie Asylsuchenden via Netzwerk Asyl Aargau etwas ans Zugbillett.

Das Parlament musste bereits im März über einen ähnlichen Vorstoss abstimmen. Motionär Lukas Reimann (SVP) ging noch weiter als Kälin: Er wollte auch Kaderangestellten von Bund, SBB und vom Verband öffentlicher Verkehr das 1.-Klass-GA wegnehmen. Das Nein-Lager siegte auch damals deutlich. Kälin enthielt sich der Stimme. Sie war dagegen, dass die Politik sich in die Lohnverhandlungen der SBB einmischte. «So musste ich mich enthalten, da der eine Teil der Forderung top, der andere aber ein absolutes No-Go war.»