Naturama-Diskussion: War das Jahrhundert-Unwetter von Zofingen nur ein Vorbote ?

Beim Unwetter im Juli wurde die Bahnhofsunterführung und die Tiefgarage geflutet (Archibild ZT)
Beim Unwetter im Juli wurde die Bahnhofsunterführung und die Tiefgarage geflutet (Archibild ZT)
Die Luzernerstrasse anfangs Riedtal verwandelte sich innert Minuten in einen reissenden Fluss (Archibild ZT)
Die Luzernerstrasse anfangs Riedtal verwandelte sich innert Minuten in einen reissenden Fluss (Archibild ZT)

Herrliche erste Sommertage im April, die Natur blüht und spriesst, die Menschen freuen sich und geniessen es. Experten am Anlass von F-Info.ch im Naturama Aargau sehen es auch als ein Zeichen des Klimawandels, der sich seit drei Jahrzehnten akzentuiert.

Keine Frage für Referenten und Publikum im fast voll besetzten Mühlbergsaal: Die durch die Menschheit verursachte Erderwärmung findet statt, global, in der Schweiz und im Aargau. Schmelzende Gletscher, heissere Sommer und heftigere Niederschläge gehören zu den leicht erkennbaren Folgen. «Hitzesommer wie 2003 werden ab 2060 bis 2070 der Normalzustand sein», sagt David N. Bresch, Professor für Wetter- und Klimarisiken bei der ETH Zürich und Meteo Schweiz.

Mehr Hitzeopfer befürchtet
Leicht verständlich zeigt Hauptreferent Bresch die Risiken und Chancen der absehbaren Erwärmung auf. Deutlich steigen werde die Zahl der menschlichen Hitze- opfer, die Gesundheit werde durch Hitzewellen beeinträchtigt. Hochwasser, Murgänge, Hangrutsche gehören zu den negativen Folgen, die sich auf Wasser, Boden, Luft und Lebensräume auswirken.

Bei den Chancen des Klimawandels sind weniger Energie für das Heizen und zunehmende Erträge in der Landwirtschaft und im Tourismus aufgeführt. In einer Fallstudie diente der Kanton Aargau schon vor fünf Jahren als Referenzkanton für das Mittelland. Die Folgen von Klimaszenarien «2060 schwach» und «2060 stark» sind darin für Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt aufgezeigt. Unter dem Titel CH 2018 gibt es derzeit aktuelle Klimaszenarien.

Unwetter Zofingen und «Burglind»
Steigt die Lufttemperatur nur um ein Grad, kann die Luft sieben Prozent mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Das schwere Unwetter von Zofingen im August 2017 mit 100 Millionen Franken Sachschaden oder der Sturm Burglind vom 3. Januar könnten Vorboten künftiger Ereignisse sein.

Im Aargau ist der Hochwasserschutz auf Ereignisse ausgerichtet, wie sie einmal in 100 Jahren vorkommen können.

«Zofingen war ein 300-jährliches Ereignis, der drittgrösste Niederschlag seit Messbeginn vor 135 Jahren. Intensive Oberflächenabflüsse und überlastete Kanalisationen führten zu Überschwemmungen und Rutschungen». Das betont Norbert Kräuchi, Leiter der Abteilung Landschaft und Gewässer im Aargauer Baudepartement. Der Kanton werde die Gewässer weiter revitalisieren und hochwassersicherer machen.

Prävention billiger als Schäden
Viele Menschen mögen vom Klimawandel nichts mehr hören, weil sie entweder nicht daran glauben oder meinen, der Einzelne sei bei einem globalen Problem überfordert. In der Diskussion mit Publikum und Referenten fragt Moderator Maurice Velati, Leiter der SRF-Regionalredaktion Aargau-Solothurn, nach den Konsequenzen für unseren Alltag.

Zum Ausstieg von Präsident Donald Trump mit Amerika vom Klimavertrag meint Geschäftsleiterin Karin Ammon von ProClim, viele Staaten hätten sich gesagt: «Jetzt machen wir erst recht mit und versuchen, die Ziele zur CO2-Senkung zu erreichen.» Der einzelne Mensch in der Schweiz könne durchaus seinen Beitrag leisten, unsere Bergregionen seien immerhin stärker betroffen. Aufrufe, weniger zu fliegen, weniger Fleisch zu essen, oder mehr Wasser zu trinken, verhallen aber meist ungehört: Flugverkehr und Mobilität nehmen stark zu.

Prävention wäre zwar billiger, als die Schäden zu decken, aber solche Investitionen sind zu abstrakt. Apropos herrlicher Sommertag: Je früher die Natur austreibt, desto mehr Frostschäden sind zu befürchten. Wie 2017, als es bei Obst und Trauben massive Ausfälle gab.

Eine Vorbildrolle übernehmen
Die Erkenntnis ist vorhanden, dass man zur Senkung der Treibhausgase auf lieb gewordene Gewohnheiten verzichten müsste. Aber warum gerade wir, die anderen sollen damit beginnen, sagen sich viele Leute. Aus Sicht von Professor David Bresch wäre ein wohlhabendes Land wie die Schweiz jedoch prädestiniert, hier eine Vorbildrolle zu übernehmen.

Ein Lichtblick ist die Überzeugungsarbeit, wie sie viele Organisationen leisten. Das Naturama Aargau selber, das laut Direktor Peter Jann dem Klimawandel und weiteren Umweltthemen seit Beginn eine Plattform gibt. Darum stellt es auch den Saal in Aarau dem Verein F-info.ch gratis zur Verfügung, der laut Stéphanie Mörikofer über politisch wichtige Themen sachlich und kompetent informieren will.