Neuer Fund am Kurplatz: 2000 Jahre alte Holzkonstruktion der Römer freigelegt

Was archäologische Entdeckungen anbetrifft, gehört Baden zu den bedeutendsten Orten in Europa. Die Stadt ist aber gerade in den letzten zwölf Monaten derart verwöhnt worden, dass neuerliche Funde nicht mehr dieselbe Aufmerksamkeit erregen wie beispielsweise die Aufdeckung des Verenabads im letzten Frühling. Tatsächlich ist die neuste Entdeckung von vor wenigen Tagen nicht derart überraschend wie der «Verenabad-Sensationsfund»; jedoch sind auf dem Kurplatz «schon wieder einzigartige Zeugen der römischen Vergangenheit zu Tage gebracht worden», wie es der stellvertretende Kantonsarchäologe Matthias Flück auf Anfrage formuliert.

Unmittelbar vor dem Hotel Blume ist bei Leitungsbauten für das neue Thermalbad eine 2000 Jahre alte und folglich römische Holzkonstruktion ausfindig gemacht worden. Matthias Flück erklärt: «Sie diente vermutlich als Unterbau, als Fundament für ein weiteres Bad auf dem Kurplatz.»

Speziell an der Holzkonstruktion seien zwei Aspekte, erklärt Flück. «Erstaunlich ist erstens, wie gut die Holzkonstruktion noch erhalten ist. Auch nach 2000 Jahren ist sie fast unversehrt. Das liegt daran, dass sie in sehr feuchtem Untergrund lag und gleichzeitig kaum Sauerstoff ausgesetzt war.»

Zweitens sei die halbrunde Form bemerkenswert – die Konstruktion ist mit einer Apsis angelegt. Das Becken lag wenige Meter entfernt von einem mutmasslichen Kultbau im Bereich der Hauptquelle am «Grossen Heissen Stein». Auf entsprechende Altarfragmente und Teile einer Weiheinschrift stiess das Grabungsteam im Herbst.

In den Jahren 20 bis 40 nach Christus gebaut

Die Holzkonstruktion sei in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts nach Christus errichtet worden, möglicherweise in den Jahren 20 bis 40, so Flück. Eine genaue Datierung wäre theoretisch mittels Bestimmung der Jahresringe möglich; darauf habe man aber verzichtet, weil eine Bohrung notwendig gewesen wäre, die Konstruktion aber nicht beschädigt werden soll.

Die Kantonsarchäologie hat die Konstruktion wieder mit Lehm zugedeckt, um sie langfristig geschützt im Boden zu erhalten. Mit dem Fund schliesse sich ein Kreis, sagt Flück: «Er belegt, dass die Römer auf dem Kurplatz fast jeden Winkel für Bäder genutzt haben.»

Auf der westlichen Seite des Platzes lag das Verenabad, das im Frühling entdeckt wurde, was europaweit für Schlagzeilen sorgte. Im Osten ist im Herbst das Freibad freigelegt worden, von einem weiteren Becken im Norden beim Staadhof weiss man seit den 1980er-Jahren. Dass auch auf der Südseite des Platzes, beim heutigen Hotel Blume, gebadet wurde, war zu erwarten gewesen, wird nun aber durch den neuen Fund eindrücklich bestätigt.

Kritik am Umgang mit historischem Erbe

Die Entdeckungen auf dem Kurplatz sind möglich geworden, weil derzeit Leitungen für die Neugestaltung des Quartiers verlegt werden. In den vergangenen Monaten wurde wiederholt Kritik am Umgang mit dem Kulturerbe laut. Im Herbst beispielsweise forderte der Schweizer Heimatschutz einen sofortigen Baustopp: Die Freilegung und vollständige Erforschung sei nicht möglich. Doch der Bund lehnte den Baustopp ab. Besorgt äusserte sich auch der Badener Historiker und Verleger Bruno Meier: Er befürchtet, dass mit dem Kulturerbe von überregionaler Bedeutung fahrlässig umgegangen wird.

Das Altarfragment. Gut erkennbar: Die Inschrift «Divinis». (Bild: zvg/Kantonsarchäologie)
Das Altarfragment. Gut erkennbar: Die Inschrift «Divinis». (Bild: zvg/Kantonsarchäologie)
Gilt als Sensationsfund: Das Verenabad aus der Vogelperspektive. (Bild: zvg/Kantonsarchäologie)
Gilt als Sensationsfund: Das Verenabad aus der Vogelperspektive. (Bild: zvg/Kantonsarchäologie)