Neues Album von Kunz: Als käme er aus einem Irish Pub + VIDEOINTERVIEW

Auf Marco Kunz ist Verlass. Und das in mancherlei Hinsicht: Verlässlich erscheint alle zwei Jahre ein neues «Kunz»-Album, verlässlich ist die Stilmischung aus Folk, Singer-Songwriter, Pop und einer Prise Volksmusik; und verlässlich liefert der 35-Jährige ein Werk, welches radiotaugliches Hit-Potenzial bereithält, ohne in austauschbaren Mainstream abzudriften. Am Freitag erscheint mit «Mai» das fünfte Album des Zentralschweizers.

Zu den gewohnt eingängigen Popsongs im Mundartfolk-Gewand gesellen sich im Vergleich zu den Vorgängern wieder Geigen-Elemente. «Zurück zur Basis», nennt Marco Kunz die Strategie dahinter.

Süffige Melodien, klassische Pop-Arrangements

Das damit auffallend forcierte (Irish-)Folk-Element drückt von Beginn weg durch. Kunz stürzt sich in «Musig» gleich mit viel Tempo und Pathos in den Opener. Damit, aber noch mehr mit dem Folgestück «S Läbe das esch gföhrlech» würde er bestens auf die Strassen von Dublins Szene- und Musiker-Viertel Temple Bar passen. In Liedern wie «Möuchstross» oder «Du» geht es in ähnlichem Stil weiter.

 

Kunz betont, wie er seinen Mitmusikern blind vertraute und ihnen auch gleich eine «Carte blanche» ausstellte. «Herausgekommen ist ein folkiges, vielseitiges, lebensfrohes und ungekünsteltes Album, bei dem wir auf spezielle Effekte weitestgehend verzichtet haben», resümiert der seit über drei Jahren in Zürich wohnhafte Luzerner.

Ganz so kernig, kantig und geerdet, wie man nun meinen könnte, ist es dann doch nicht. Natürlich ist da immer eine ordentliche Portion Massentauglichkeit im Spiel. Dabei setzt Kunz wie gehabt auf süffige Melodien, schlichte Texte und klassische Pop-Arrangements mit den typischen Klavier-Elementen. Seine drei letzten Longplayer landeten alle auf Platz Eins der Albumcharts – das ist mit kratzbürstigem Avantgarde-Folk kaum zu schaffen.

Dennoch staunt man, wenn wie in «Pokerface» plötzlich Blues- und Country-Klänge dominieren. «Eigentlich bin ich kein Country-Fan. Aber es haben sich beim Einspielen Facetten in unserem Sound ergeben, von denen ich selber überrascht war», sagt Kunz. Aufgenommen wurde die Platte im vergangenen Herbst, als sich die Pandemiesituation vorübergehend entschärfte.

«Ich bin froh, dass wir alle zusammen ins Studio konnten und nicht getrennt voneinander spielen mussten.»

Diese kollektive Freude der Band in für jeden Musiker belastenden Zeiten ist gut zu hören und verleiht «Mai» einen warmen Groove, der sich auch in ruhigeren Stücken wie «Langstross» oder dem Duett «Wiit Wägg» weiterzieht.

In «Matrose» oder «Aff» beweist Kunz schon fast Chansonnier-Qualitäten und bringt uns zum Lachen. Das ist nicht besonders tiefgründig, muss es aber auch nicht sein. Als «positiven Protestsong» bezeichnet er das Stück, das dem Album den Titel verleiht. Kunz besingt den Wonnemonat Mai – und seine Verbundenheit mit der Natur. Dabei wird er im Gespräch nachdenklich und politisch.

Politischer und musikalischer Diplomat

Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind Themen, die ihn beschäftigen: «Wir als reiches Land könnten eine Vorreiterrolle spielen. Dabei sind aber alle Big Player in Wirtschaft und Politik gefragt. Und im Prinzip auch jeder und jede Einzelne von uns.»

Er selbst geht mit gutem Beispiel voran, fliegt kaum mehr, fährt Zug oder in Fahrgemeinschaften mit. Bei seinen Merchandise-T-Shirts achtet er auf faire und biologische Produktion. Als Moralist möchte er sich aber nicht aufspielen. Nun, allzu deutlich kommt diese Gesellschaftskritik in seinen Songtexten auch nicht durch, sie wird im lebensfrohen Kleid lediglich angedeutet.

Hier wird Kunz auf politischer Ebene wieder eins mit dem musikalischen Diplomaten, der die unterschiedlichsten Strömungen auf einen Nenner zu bringen weiss und damit den Geschmack vieler bedienen kann. Das ist nichts Schlechtes. Und sehr verlässlich obendrein.

Kunz: «Mai» (Universal), ab 12. März erhältlich. www.kunzmusik.ch