
Neujahrsblatt: «Das ungute Element gehört ausgeschaltet»
Jeder, der in Aarburg zur Schule gegangen ist oder noch geht, dürfte von der «Gibelegg» gehört haben; ja, wahrscheinlich war sie oder er tatsächlich auch schon in einem Lager in dieser Ferienunterkunft. Dass es dieses Haus überhaupt gibt, ist das Verdienst des reformierten Pfarrers Alfred Zimmermann (1865–1927), der vor 100 Jahren in Aarburg gewirkt hat. Er war es, der während seiner Amtszeit (1910–1922) unermüdlich neue Geldquellen für ein Ferienheim gesucht hat. 1919 half er mit, den Verein Ferienversorgung Aarburg zu gründen. Und im Januar 1920 schliesslich konnte der Kaufvertrag für das 1913 errichtete Chalet unterzeichnet werden.
Doch das war nicht die einzige Tat, mit der er im Städtli seine Spuren hinterlassen hat. Daniel Maurer zeichnet in seinem Beitrag in der aktuellen Ausgabe des Aarburger Neujahrsblattes detailliert auf, wo sich Zimmermann überall engagiert hat – sei es beispielsweise als Geistlicher der Zwangserziehungsanstalt auf der Festung oder als Initiant hinter dem «Gemeindehausverein zum Bären».
«Er ist ein Aufwiegler und Intrigant»
Gerade das Engagement auf der Festung, das damals zu den Aufgaben des Aarburger Pfarrers gehörte, lässt den Leser aufhorchen: «Seine reformpädagogischen Bestrebungen standen in krassem Widerspruch zu den damals gängigen autoritären Erziehungsmethoden», schreibt Maurer. «Körperliche Züchtigung, verbale Gewalt, Essensentzug und Dunkelarrest mit dem Ziel, den Willen der ‹verwahrlosten, straffälligen Jugendlichen› zu brechen, schienen dem Pfarrer ungeeignete Massnahmen zu sein, ihre Entwicklung positiv zu beeinflussen.» Kein Wunder also, folgert Maurer, habe Zimmermann sich zahlreiche Feinde geschaffen. Er wurde als «Aufwiegler und Intrigant» angesehen, der die «Zöglinge» gegen das Anstaltspersonal aufbringe. Die Aufsichtskommission der Anstalt sah in ihm sogar ein «‹ungutes Element im Anstaltsbetrieb›, das ‹ausgeschaltet› werden müsse».
Ausserdem habe es sogar Gerüchte gegeben, dass bei ihm «eine rätselhafte Zuneigung zu den Knaben zu erkennen» sei. Diese angebliche Homophilie blieb ein Gerücht; jedoch eines, das sich hartnäckig halten konnte und das die Anstaltsangestellten wohl dazu benutzten, um ihren unbequemen Kritiker zu verunglimpfen.
Jubiläen und Rätsel, Amerikaner und Schweizer
Auf den total 72 Seiten breitet das auf diese Ausgabe hin um zwei Ur-Aarburger erweiterte Redaktionsteam eine solche Fülle an Themen aus, dass für jede Leserin und jeden Leser etwas darin zu finden ist. Etwa der Luftbilder-Vergleich 1946 und 2018: Das Schwarz-Weiss-Bild haben die Amerikaner geschossen. Als der Zweite Weltkrieg zu Ende war, rüsteten sie 66 Bomber zu fliegenden Fotoapparaten um und haben flächendeckend Luftaufnahmen der Schweiz erstellt. Heute erledigen das Satelliten. Das Ergebnis ist eine faszinierende Momentaufnahme, wie sich die Gemeinde in 70 Jahren entwickelt hat.
Das Aarburger Neujahrsblatt selbst darf mit der 60. Ausgabe ein Jubiläum feiern – und steckt dabei selber voller Jubiläen: Da wären zum Beispiel das 75-Jahr-Jubiläum des Heimatmuseums oder das Wiegenfest der 40-jährigen Orgel in der Stadtkirche. Das 150-Jahr-Jubiläum des Säli-Schlössli, Titelgeschichte des Neujahrsblattes, hätte mit einem Freilichttheater gross gefeiert werden sollen. Dieses fiel jedoch dem Corona-Lockdown zum Opfer (ZT vom 23. April).
Zum Schluss ein Hinweis für Freunde des Bilderrätsels: In der Ausgabe 2020 hatte Heinz Hug einen Teil der rund 30 Brunnen auf Gemeindegebiet vorgestellt. Der familieninterne Wettstreit darum, wer die meisten Richtigen hat, geht mit der aktuellen Ausgabe in die zweite Runde.
60. Ausgabe
Das Aarburger Neujahrsblatt wird ab heute Montag, 7. Dezember, in die Aarburger Haushalte verteilt. Wer die aktuelle oder eine alte Ausgabe bestellen möchte, kann dies bei Heinz Hug tun: Tel. 062 791 60 69 oder E-Mail: chronik@fganet.ch