
Oldtimerliebhaber treffen sich im Aecherli-Museum in Reiden
Ein schmuckloses, funktional eingerichtetes Büro im Reider Industriequartier Bruggmatte, wo drei Mann konzentriert an der Arbeit sind. «Sie wollen zu mir», stellt André Leiser mehr fest, als dass er fragen würde. Der 52-Jährige ist Mitinhaber der Transportfirma Leiser & Loosli und gleichzeitig Vorstands- und Gründungsmitglied des Vereins «Aecherli-Museum». Auf dem Weg zum Aufenthaltsraum der Firma zieht ein blauer Oldtimer die Blicke auf sich. «Ein Rolls Royce 20/25 mit Jahrgang 1933, den ich eben zu einem guten Preis erwerben konnte», verrät André Leiser. Guter Preis? «Solche Fahrzeuge werden zu einem Preis zwischen 20 000 und 100 000 Franken angeboten», sagt André Leiser und lächelt. Eine Antwort, die jedem Diplomaten zur Ehre gereicht hätte …
Oldtimer faszinieren André Leiser, der ursprünglich eine Ausbildung zum Lastwagenmechaniker absolviert und 1993 als Selbständiger mit dem «Lastwägele» begonnen hat. Allerdings faszinieren ihn nicht unbedingt die perfekt restaurierten Fahrzeuge. Der Rolls Royce sei so, wie ein Oldtimer seiner Meinung nach sein sollte, führt André Leiser aus und verweist auf die kleinen Kratzer, welche an mehreren Stellen im Lack zu finden sind. «Man darf ruhig sehen, dass die Fahrzeuge gefahren wurden», meint er. Aber eigentlich fühlt sich Leiser eher der Motorrad-Szene zugehörig. «Aus bekannten Gründen ist die Motorrad-Oldtimer-Szene seit rund eineinhalb Jahren tot», beklagt der Besitzer von mehreren «Töff-Oldtimern» der Marken Motosacoche und Moto Guzzi. Ein Zustand, der sich glücklicherweise bald ändern wird.
Denn in Reiden findet am Sonntag, 15. August, ein grosses Oldtimertreffen statt. Organisator des Treffens ist der Verein «Aecherli-Museum». Von 9 bis 16 Uhr werden Traktoren, Einachser, Feuerwehr- und Armeefahrzeuge in hoffentlich grosser Zahl auf dem ans Industrieareal angrenzenden Wiesland zu bestaunen sein, während Personenwagen und Motorräder auf dem befestigten Platz auffahren können. «Ich freue mich enorm darauf, endlich wieder einmal Leute aus der Oldtimer-Szene zu sehen und mit ihnen fachsimpeln zu können», sagt André Leiser.
Museumsöffnungen mit Event kombiniert
Mit der Organisation von Events hat der Verein «Aecherli-Museum» trotz seines jugendlichen Alters schon einige Erfahrung. Das hänge mit einem Strategiewechsel im Museum zusammen, erläutert André Leiser. Als das Museum 2016 eröffnet worden sei, wollte man es ursprünglich jeden Monat einmal öffnen. «Die Besucherzahl konnte man damals meist an einer Hand abzählen», sagt André Leiser. «Dann haben wir die Anzahl der Museumsöffnungen auf drei reduziert und beschlossen, jeweils gleichzeitig einen Event zu organisieren.» Eine Umstellung, die sich bewährt hat. Das hat beispielsweise das gut besuchte Oldtimer-Treffen vom August 2018 gezeigt. Bis das Coronavirus den Museumsbetrieb zum Erliegen gebracht hat – so auch den Frühlingsevent in diesem Jahr. Das Oldtimer-Treffen am kommenden Sonntag kann aber glücklicherweise durchgeführt werden. Und im Herbst schliesst sich das Aecherli-Museum den anderen Reider Museen an und macht bei der Reider Museumswoche vom 15. bis 23. September in der Kommende mit.
Reider Industriegeschichte der Nachwelt erhalten
Dass es in Reiden überhaupt ein Aecherli-Museum gibt, ist einem engagierten Kernteam zu verdanken. Es besteht aus André Leiser und dessen Cousin Alfred sowie Hans Meier, Hans Nick und Markus Schwander. Eine glückliche Fügung spielt ebenfalls eine Rolle: 2013 konnte André Leisers Immobilienfirma Lelo Holding die einstige Produktionshalle der Firma Aecherli in der Bruggmatte erwerben. «Nicht zum Eigengebrauch, sondern als Investitionsobjekt», wie er ausführt. Die Räume wurden vermietet, leer blieb der ehemalige Garderobenraum im Keller. Die Idee, ein Aecherli-Museum zu errichten, liess die beiden Leiser-Cousins nicht mehr los. Den Raum stellte André Leisers Immobilienfirma gratis zur Verfügung, das Kernteam war bald gebildet. An der Gründungsversammlung des Vereins vom Dezember 2014 nahmen rund 20 Personen teil, heute zählt der Verein etwa 70 Mitglieder.
Bis zur Eröffnung des Museums im April 2016 dauerte es noch einige Zeit. Einerseits mussten die Räumlichkeiten umgebaut, andererseits Ausstellungsgegenstände beschafft werden. «Denn wir sind bei null gestartet», macht André Leiser klar. Alfred Leiser, der nach dem Konkurs der Maschinenfabrik Aecherli 1987 den Landmaschi-nen-Teil übernahm, konnte einiges Material aus dem ehemaligen Archiv beitragen. «Vieles ist aber verschwunden», macht André Leiser klar. Geblieben seien beispielsweise sämtliche Verwaltungsratsprotokolle. «Als Konstante zieht sich dort vor allem eine Aussage durch die Firmengeschichte», weiss Leiser, «nämlich fehlende finanzielle Möglichkeiten.»
Pumpen, Landmaschinen und Porsche-Traktoren
Pumpen hat dem Verein Hans Meier, der 1987 mit seiner Firma diesen Bereich fortführte, zur Verfügung gestellt. Landmaschinen wurden per Inserat gesucht, teilweise auch angekauft und restauriert. Weitere Landmaschinen und Porsche-Traktoren wurden dem Museum als Leihgaben zur Verfügung gestellt. «In kurzer Zeit konnten wir eine repräsentative Auswahl an ehemaligen Aecherli-Produkten zusammentragen», stellt André Leiser nicht ohne Stolz fest.
Ob Porsche oder Aecherli: Freunde alter Landmaschinen und Traktoren sowie Oldtimer-Fans dürfen sich auf jeden Fall freuen, wenn es am kommenden Sonntag in der Bruggmatte ein wenig «benzinelet» und knattert. Und möglichst viele Oldtimer vorfahren. Das Museum und die Festwirtschaft öffnen ebenfalls ab 9 Uhr.
75 Jahre Qualitätsprodukte «Made in Reiden»
Vater Josef und Sohn Fritz Aecherli gründeten das Unternehmen 1912. Hervorgegangen war es aus einem Handelsbetrieb mit landwirtschaftlichen Maschinen, den Josef Aecherli seit den frühen 1880er-Jahren im Unterwasser betrieben hatte. Mit der Konstruktion einer Jauchepumpe «Vertikal» wurde das junge Unternehmen an der Landesausstellung in Bern 1914 mit der silbernen Medaille ausgezeichnet. Auf die ersten Zentrifugalpumpen folgten erste Hochdruckpumpen und das Rührwerk «Perfekt». 1934 konnte der erste Motormäher verkauft werden. Motor-Seilwinden, Jaucheverschlauchungs- und Beregnungsanlagen waren weitere Produkte, welche von Reiden aus Verbreitung in alle Welt fanden. Ab den 1950er-Jahren trug die Maschinenfabrik Aecherli mit dem Verkauf von Renault-, Porsche- und Aecherli-Traktoren viel zur schnellen Verbreitung von Traktoren in der Schweizer Landwirtschaft bei. Ende der 1970er-Jahre wurde der Konkurrenzdruck aus dem Ausland immer stärker – 1987 musste die Maschinenfabrik Aecherli Konkurs anmelden. Verloren ging das Know-how aber nicht: Hans Meier übernahm den Bereich der Jauchetechnik, Alfred Leiser den Bereich Landmaschinen. Man habe es damals wohl verpasst, das Unternehmen zu rationalisieren, vermutet André Leiser. Eine Anekdote möge das illustrieren. Innerhalb von sechs Jahren hat die Aecherli Maschinenfabrik die unglaubliche Zahl von 1500 Porsche-Traktoren verkaufen können. Der damalige Verkaufsleiter habe ihm einmal erzählt, dass der Verkaufspreis für einen Porsche-Traktor günstiger gewesen sei als der Ankauf aller Fabrikationsteile für einen vergleichbaren Aecherli-Traktor. (tf)