On Running lässt die Glocke läuten – und sucht seinen Platz neben Nike, Adidas und Puma

«Roger Feder ist ein grosses Versprechen», sagt Luca Solca, Konsum- und Luxusgüterspezialist beim amerikanischen Vermögensverwalter Sanford Bernstein. Seit 2019 fungiert der Tennisstar als Markenbotschafter und Miteigentümer des Schweizer Laufschuhherstellers On Running. Jetzt steht das im Jahr 2010 gegründete Unternehmen vor seiner vielleicht grössten Bewährungsprobe.

Marktkapitalisierung von fünf Milliarden Dollar

Am Mittwoch geht die Firma an der US-Börse Nasdaq unter dem Tickersymbol «ONON» an die Börse. Die Erwartungen der Investoren sind hoch. Daran dürfte Federers Engagement einen nicht unwesentlichen Anteil haben. Dem Unternehmen, das im ersten Semester des laufenden Jahres einen Umsatz von 315 Millionen Franken ausweisen konnte, wird eine Börsenbewertung von um die 5 Milliarden Dollar zugetraut. Noch vor einigen Monaten gingen die Wetten sogar auf bis zu 8 Milliarden Dollar hoch.

«Federers weltweite Bekanntheit ist ein grosser Vorteil für das Unterfangen», sagt Solca. Doch eine Erfolgsgarantie ist der einstige Seriensieger auf dem Tennisrasen noch lange nicht. «Viele Firmen haben den Lauf- und Turnschuhmarkt in den vergangenen Jahren für sich entdeckt», weiss Solca. «Es wird sich zeigen, ob es diesem Newcomer gelingen wird, einen Platz in der Nische neben den Branchenriesen wie Nike, Puma oder Adidas zu erobern.»

Der Sneakers-Markt wächst schon seit geraumer Zeit um die sechs Prozent im Jahr – im Durchschnitt, notabene. Das Geschäft ist stark abhängig von der Konsumentenstimmung. In der Corona-Krise mussten auch die Riesen gewaltig Haare lassen. Adidas bekam so kalte Füsse, dass sich der Konzern veranlasst sah vorsorglich Staatshilfe zu beantragen. Doch jener Schrecken ist inzwischen ausgestanden. Die Branche macht die Delle in grossem Tempo wett.

«Der globale Trend zu mehr Bewegung und zu einem gesünderen Leben und die zunehmende Casualisierung in der Mode verschaffen dem Sneaker-Segment ein starkes Grundwachstum», sagt Voker Bosse von der Baader Bank in Deutschland.

Mit viel Tempo in einen gesättigten Markt

Den Schweizern traut der Aktienkenner einiges zu: «Es sieht ganz danach aus als habe sich On Running mit Hilfe eines intelligenten Marketings und eines guten Produktes einen Platz in dem scheinbar saturierten Markt ergattern können.»

Die Geschwindigkeit, mit der On Running den Aufstieg geschafft hat, ist in der Tat beeindruckend. Mehr als 17 Millionen Paar Schuhe hat die Firma nach eigenen Angaben bereits unter die Leute gebracht. Die Produkte sind in über 60 Ländern an mehr als 8000 Verkaufspunkten und selbstredend auch Online verfügbar. Solca wertet die zweigleisige Verkaufsstrategie als geschickten Zug. Der reine Online-Verkauf sei zwar kostenmässig günstiger aber immer noch sehr schwer zum Erfolg zu bringen, meint der Markenexperte.

On Running bezeichnet sich selbst nicht unbescheiden als der am schnellsten wachsende Sportschuhhersteller weltweit. Seit dem Start vor zehn Jahren hat die Firma ihren Umsatz um durchschnittlich 85 Prozent pro Jahr gesteigert. Ihr Marktanteil bewegt sich freilich auf einem sehr tiefen Niveau. Allein die Verkäufe von Adidas sind um den Faktor 30 höher.

On Running hat somit noch viel Luft nach oben. Vermutlich ist das der Grund, weshalb die Investoren bereit sind für den kleinen Schweizer Herausforderer einen überdurchschnittlich hohen Preis zu zahlen. Geht der Börsengang wie geplant über die Bühne wird On Running etwa mit dem vier- bis fünffachen des Jahresumsatzes bewertet sein. Das ist mehr als das Doppelte dessen, was die Platzhirschen im Sneakers-Market derzeit zugebilligt bekommen.

Schweizer Gründertrio bleibt an Bord

Das Schweizer Gründertrio Olivier Bernhard, David Allemann and Caspar Coppetti will das Schiff nach eigenem Bekunden trotzdem nicht vorzeitig verlassen und als Hauptaktionäre an Bord bleiben. Die drei sind als exekutive Verwaltungsräte nach wie vor fest im Tagesgeschäft involviert. Grosse Chancen rechnet sich On Running vor allem im US-Markt aus, der schon jetzt 49 Prozent zum Gesamtumsatz beisteuert. Der Anteil Europas beträgt 44 Prozent, wobei die Schweiz einen erheblichen Beitrag dazu leisten dürfte.

Noch zeigen sich die hiesigen Investoren skeptisch. Nicht einmal jeder Fünfte kann sich den Kauf einer Aktie vorstellen, zeigt unlängst eine Umfrage des Anlegerportals Cash.