Ostern ist das Fest des Lebens

Es sind gerade alle Restaurants geschlossen, doch die gesellschaftliche Situation drängt dieses Bild auf. Am Ostersonntag bestellt ein Gast sein Menü: «Bitte einmal Ostern ohne Corona.» Die Bedienung fragt nach: «Wie darf es denn sein: rare, medium oder durch?»

Es gibt wohl niemanden, der sich heute nicht wünscht, dass die Corona-Pandemie bereits durch wäre. Aber jeder und jede in der Schweiz und auch weltweit findet sich mitten in dieser Pandemie. Und alle sind ganz ungefragt zu den Köchen des Ostermenüs geworden, auch wenn sie nicht alle Zutaten selbst wählen können. Jeder und jede entscheidet, ob er oder sie dazu beiträgt, das Gericht langsam zu garen oder es anbrennen lässt.

Gott möchte Hoffnung und Lebenskraft sein

Ostern ist das Fest des Lebens. An Ostern feiern die Christen die Auferstehung des gekreuzigten Jesus. Sie feiern ihn als Christus, als Retter. Die vergangene Karwoche erzählt in Kürze aber in aller Ausführlichkeit von Gottes Weg mit den Menschen. Es ist der Weg Gottes, der die Menschen sucht und begleitet. Er möchte begreiflich machen, dass nichts auf der Welt sie von seiner Liebe trennen kann. Er möchte Hoffnung und Lebenskraft sein. Er kämpft für die Liebe und Gemeinschaft gegen Hass und Abgrenzung, also für das Leben und gegen den Tod.

Die Geschichte von Karfreitag und Ostern, dem Tod am Kreuz und der Auferstehung, erzählt nicht vom Opfer Gottes für die Sünden der Menschen, sondern von dem Weg Gottes mit ihnen. In Jesus wehrt sich Gott nicht, den Weg ans Kreuz zu gehen. Gut, mag mancher sagen, wenn er Gott ist, kann er nicht sterben. Für Gott ist es bedeutend, mit den Menschen durch das Leid zu gehen. Er wendet sich nicht ab, spielt seine Möglichkeiten der Macht nicht aus, weil er an der Seite eines jeden bleiben will. Deshalb ist die Auferstehung nicht zuerst ein Machterweis, sondern das wunderbare Ja zu den Menschen. In dem Moment, in dem es die Menschen durch die Kreuzigung auf die Spitze getrieben haben, steht Gott auf und sagt: «Ich bin für euch da! Nichts kann meine Liebe von euch abtrennen, auch nicht der tiefste Abgrund dieser Welt. Ich möchte mit euch Menschen neu aufstehen, neu anfangen, euch begleiten. Ich freue mich über jedes Fest, will aber auch in jeder dunklen Nacht bei euch sein.» Deshalb ist Ostern das Fest des Lebens und spricht jeden und jede an.

Ein Symbol für diese Verheissung ist in der Tradition der Christen das Osterei geworden. Das Ei steht für das neue Leben, das daraus schlüpfen kann. Aus dem bunten Korb der Ostereier sollen hier vier Farben herausgehoben werden.

Vier bedeutsame Farben der Ostereier

Die Farbe Gelb steht für das Licht nach einer dunklen Nacht, das einen neuen Tag verspricht. Die Osterbotschaft verheisst ein Licht, das durch schwere Tage trägt, Lebenskraft und Motivation gibt, um allem entgegenstehen zu können, was das Leben verneint und ihm die Freude nimmt.

Die Farbe Grün steht für die Hoffnung, die der Glauben gibt, die Menschen geben, die miteinander unterwegs sind, füreinander einstehen, helfen, unterstützen, erledigen, was andere im Moment nicht tun können.

Die Farbe Rot steht für die Liebe Gottes, die er jedem Menschen ins Herz gelegt hat. Liebe, die anspornt, durchzuhalten, die Menschen aufeinander aufmerksam macht. Sie fragt: Wer kann mir helfen, und wem kann ich helfen? Helfen können nicht nur Ärzte in der Zeit des Corona-Virus, sondern auch kleine Postkarten, eine Mail, eine Kurzbotschaft, ein Telefonanruf. Helfen kann das Bewusstsein, dass viele füreinander unterwegs sind, die gar nicht in den Blick fallen. Sie tragen dazu bei, dass das Leben weitergeht. Dazu gehören auch die Postbotin und der Müllmann.

Dank kann das Leben warm und lebenswert machen, ein Lächeln vom Balkon oder dem Küchenfenster, eine Überraschung, ein freundlich gestalteter Zettel am Briefkasten für den Zeitungsmann, die Postzustellerin oder an der Tür des Nachbarn, dem man sonst nur mit einem «Guten Morgen» begegnet. Bereits mit solchen Gedanken und kleinen Gesten können alle gegen das Dunkel aufstehen und an Ostern und darüber hinaus die Auferstehung Gottes feiern.

Die Farbe Blau steht für Gelassenheit. «Meine Zeit steht in deinen Händen» kann der Beter des Psalms 31 sagen. Es spricht von Gelassenheit trotz Anfechtung, Krankheit und Furcht, weil Gott keinen Menschen allein lässt. Gott geht, wie er es in der Karwoche, am Karfreitag und an Ostern zeigt, mit den Menschen durch dunkle Zeiten, teilt mit ihnen die Erfahrung des Leids und begleitet sie.

Gemeinschaft heisst, auf andere zu achten

Modern sind seit Jahren die regenbogenfarbenen Eier. In ihnen verbinden sich die Farben und Hoffnungen und weisen auf die Bedeutung der Gemeinschaft hin. Die Botschaft der Auferstehung ruft die Christinnen und Christen und alle Menschen mit Hoffnung auf, sie zu leben und zu teilen. Gemeinschaft heisst, auf andere zu achten und ihnen zu helfen. Sie ruft auf, andere um Hilfe zu fragen und zu bitten. Ostern wird so mehr als eine Glaubenshoffnung, wenn die Gesellschaft es wagt, sie zu leben. Ostern bleibt dann nicht nur eine Erinnerung und eine Glaubensgewissheit, sondern wird ein Teil des Lebens. Der liturgische Osterruf «Er ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden! Halleluja!» ist somit nicht nur hörbar, sondern wird auch im Leben begreifbar und greifbar.

Alle sind also die Köche des diesjährigen Ostermenüs. Jeder und jede entscheidet, ob die Küche kalt bleibt oder das Essen anbrennt. In diesem Sinne ist es ein Osterwunsch, dass die Menschen Jung und Alt, als Mann und Frau zwischenmenschlich zusammenrücken, Fürsorge und Liebe in der Gemeinschaft pflegen, aber den Abstand in der Öffentlichkeit noch eine Weile aushalten, um dem Virus das Leben, das wir lieben, zu entreissen. Denn die Botschaft von Ostern heisst auch: Das Leben geht vor! Gottes Liebe stellt das Leben vor alles.