
Pfarrer David Mägli blieb sich auch in seinem Abschiedsgottesdienst treu
Es war kantonsweit der aufsehenerregendste Fall einer Pfarrer-Abwahl – weil er aus heiterem Himmel kam. Mit 143 zu 92 Stimmen beschlossen die Leerber Reformierten am 23. September, Pfarrer David Mägli (36) nach vier Jahren nicht mehr weiter zu beschäftigen. Gestern fand sein Abschiedsgottesdienst statt. Die Kirche war gut besetzt, aber sie war nicht voll. Von den 872 Mitgliedern der Kirchgemeinde (Moosleerau und Kirchleerau) war knapp jedes zehnte da.
Rücktritt aller Kirchenpfleger
Wie Ende Oktober an einer Versammlung klar wurde, ist die Kirchgemeinde zutiefst gespalten. Alle Mitglieder der Kirchenpflege sind entweder zurückgetreten oder haben ihr Amt gar nicht erst angetreten. Es musste ein Zwangsverwalter eingesetzt werden.
Am gestrigen Gottesdienst wurde klar, auf wessen Seite die jetzt abtretenden Kirchenpfleger stehen: «Ungern lassen wir dich gehen», erklärten sie an die Adresse von David Mägli. Man habe die Überzeugung, er werde bald wieder eine neue Wirkungsstätte finden. «Grosser Gott, gib der Familie Mägli ein Zeichen, damit die Zeit der Ungewissheit ein Ende hat», lautete die Fürbitte einer Kirchenpflegerin. Mägli hat in Kirchleerau nicht nur den Job verloren, sondern er muss mit seiner Familie auch das Pfarrhaus verlassen.
«Viele sind ratlos, einige erschüttert und traurig», erklärte Mägli im Gebet – in Anspielung auf seinen Abgang. In der Predigt, die auf der Weihnachtsgeschichte nach Matthäus aufgebaut war, kritisierte er unter anderem den kürzlich gefällten Entscheid des Ständerats, der eine Benachteiligung aufgrund der sexuellen Orientierung (Diskriminierung von Schwulen) unter Strafe stellen will. Mägli befürchtet, dass eine Floristin angeklagt werden kann, weil sie sich weigert, einen Hochzeitsstrauss für ein gleichgeschlechtliches Paar zu binden.
Die Kollekte für die «Stiftung Zukunft Schweiz» (Bern) begründete Mägli etwa damit, dass diese ein gutes Sexualkundebuch für 12-Jährige herausgegeben habe. Ein Aufklärungsbuch, das laut Kritikern die Klitoris verschweigt und Themen wie Selbstbefriedigung und Pornografie verteufelt. Die Stiftung kämpfe dagegen, dass sich die Schweiz immer mehr in ein «neuheidnisches Land» verändere, so Mägli.