
Philipp Fankhauser: «Ich will keine einfältigen Texte singen»
Das Cover Ihres neuen Albums «Let Life Flow» lässt einen stutzen: Ein elegantes Jacket und die Gitarre in der Hand in einer gepflegten Umgebung – und dann tragen Sie Flipflops an den Füssen. Ist das ein Hinweis auf das Motto des Albums?
Philipp Fankhauser: Ja, vielleicht. Es soll einen Gegenpol darstellen zu dem wunderbaren Boden. Aber ich habe auch schon von Leuten gehört, das gehe gar nicht. Ja nu.
Genau, es so nehmen, wie es ist, ganz im Sinne von «Let Life Flow». Auf dem Vorgängeralbum «I’ll Be Around» waren vermehrt andere musikalische Stilrichtungen herauszuhören. Wollten Sie da mehr Facetten von sich aufzeigen?
Andere Stilrichtungen angespielt haben wir eigentlich auf all meinen Alben. Es ist uns aber vielleicht nicht immer so gut gelungen wie auf «I’ll Be Around».
Was war denn anders bei «I’ll Be Around»?
Da hatten wir das Glück, dass wir neben den Stücken, die ich selber geschrieben habe, eine gute Anzahl guter Songs geliefert bekamen. Wir haben es geschafft, diese gut umzusetzen.
Auf dem neuen Album «Let Life Flow» sind die Zwischentöne anderer Stile aber weniger geworden.
Wir haben uns von der poppigen Version von «I’ll Be Around» ein bisschen zurückgezogen. Wir wollten nicht noch mehr Vocals und Horns einbauen, sondern sind wieder vermehrt zurück zu unseren Wurzeln gekehrt.
«I’ll Be Around» war ein grosser Erfolg. Setzt dies einen unter Druck, wenn man sich an die Arbeit an einem neuen Album macht?
Druck in dem Sinne habe ich mir nicht gemacht, denn es besteht ja kein Kalkül oder Plan, wenn wir ins Studio gehen. Bei uns fallen die Songs irgendwie zusammen und dabei entsteht genau das Album, das dabei entsteht.
Aber eine gewisse Erwartungshaltung nimmt man dennoch ein, oder?
Sagen wirs mal so: Du willst dich selber nicht enttäuschen. Die Leute haben einen direkten Vergleich und äussern sich entsprechend dazu, sagen, das letzte Album sei viel besser gewesen – oder eben nicht. Du versuchst, den Standard beizubehalten. Ich hoffe, das ist uns gelungen.
Mit «Chasch Mers Gloube» haben Sie erstmals ein schweizerdeutsches Lied veröffentlicht auf dem neuen Album. Was gab Ihnen den Anstoss?
Der Tod meines sehr lieben und geschätzten Freundes Hanery Amman im Dezember 2017. Ich habe im Rahmen eines Tributes an ihn dieses Lied gesungen. Und da es textlich ein superguter Song ist, habe ich gefunden, so, jetzt machst du es.
Sie haben einmal gesagt, Sie wollen keine Mundart-Lieder veröffentlichen. Warum?
Meine Mundart-Texte sind einfältig – und ich will keine einfältigen Texte singen. Als ich jung war, habe ich viele Mundart-Lieder gesungen, aber nur für mich privat, beispielsweise von Mani Matter oder Rumpelstilz. Veröffentlicht hatte ich bislang keine.
Lucio Dallas «Milano» haben Sie für das neue Album ebenfalls neu interpretiert. Wie ist es dazu gekommen?
Als Kind habe ich zehn Jahre lang im Tessin gelebt. Dort habe ich alle Schulen besucht, die Musik von dort mitgenommen – von Dalla über Battisti bis hin zu Battiato und De Gregori, einfach die ganzen Cantautori, die in den 70er-Jahren angesagt waren.
Aber ausgesucht haben Sie sich für Ihr Album ein Lied von Dalla.
Lucio Dalla hatte eine immense Wirkung auf mich. Milano selber übrigens auch.
In wiefern?
Als Teenager sind wir am Samstagmorgen jeweils nach Milano gefahren. Wir haben in der Vogue geblättert und die neueste Mode bewundert. Dann wollten wir zu Trussardi, Armani und Versace, um uns die Sachen in den Geschäften anzusehen.
Das haben Sie wirklich gemacht?
In die Geschäfte hineinzugehen haben wir uns allerdings nie getraut.
Warum das denn?
Weil die Verkäuferinnen und Verkäufer so edel angezogen waren. Da hatten wir als 15-Jährige das Gefühl, sie seien so astronomisch über uns. Darum haben wir uns nur die Schaufenster angeschaut.
Und wieso ausgerechnet das Stück «Milano»?
Mailand ist einfach eine besondere Stadt. Hätte ich den Mut gehabt, hätte ich meinen Lieblingssong gesungen.
Welcher wäre dies gewesen?
«L’anno che verrà». Dalla singen, ist schwierig.
Sie meinen, es braucht noch ein bisschen Luft nach oben für ein nächstes Album?
Ja, das braucht es tatsächlich.
In den USA hat Blues einen anderen Stellenwert wie hier in der Schweiz. Vermissen Sie es manchmal, dass diese Stilrichtung nicht die Ehrung findet wie dort?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass man in der Schweiz meine Musik mehr schätzen könnte. In den USA sind Blues und Soul gängiger. Hierzulande bin ich einer der wenigen, die diese Art von Musik machen.
Mit Ihrem neuen Album gehen Sie auch auf Tour. Worauf freuen Sie sich?
Wir spielen wieder zu fünft. Davor waren wir zu elft und in Montreux waren wir sogar 14. Das ist natürlich wunderbar. Aber wenn ich auch nur die kleinste Richtungsänderung vornehmen möchte, ist es mit einem grossen Orchester viel schwieriger, weil es viel weniger flexibel ist.
Zu fünft können Sie zum Beispiel sagen «Wir spielen eine andere Tonart an» und das klappt?
Ja – und das «fägt»!
