Polizeigesetz: SVP Aargau spricht von «Polizeistaat» – und auch von Links kommt Kritik

Das kantonale Polizeigesetz aus dem Jahr 2007 ist unlängst revidiert worden. Ziele waren dabei, dem Hooliganismus Herr zu werden und den Kampf gegen häusliche Gewalt zu verstärken. Jetzt plant die Regierung eine grössere Revision.

In einer Anhörung macht das Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI) von Landammann Urs Hofmann dazu diverse Vorschläge. Konkret geht es zum Beispiel um den Umgang mit sogenannten Gefährderinnen und Gefährdern.

Hier schlägt der Regierungsrat eine Meldepflicht für Personen vor, die Anlass zur Annahme geben, dass sie eine schwere Straftat begehen werden, wie es in der Vorlage heisst. Die Vorlage und die Notwendigkeit neuer Regelungen wird von den Parteien im Grundsatz begrüsst.

Bei CVP, GLP und BDP kommt die Vorlage gut an. Doch in mehreren gewichtigen Punkten gibt es teilweise heftige Opposition vorab von rechts und von links.

Polizeigewahrsam: heutige Regelung unbefriedigend

Ein sehr umstrittener Punkt in der fast 100-seitigen Anhörungsvorlage betrifft die Absichten des Kantons rund um den Polizeigewahrsam. Das Innendepartement schlägt eine Neuumschreibung der Tatbestände vor, bei welchen Polizeigewahrsam möglich ist.

Dazu käme die Möglichkeit, diesen in Ausnahmefällen «unter strengen Voraussetzungen über die Dauer von 24 Stunden hinaus» zu verlängern.

Das heutige Recht sieht dies nicht vor, was zu einer unbefriedigenden Situation führen könne, wenn eine Person nicht innerhalb von 24 Stunden an die für weitere Massnahmen zuständige Behörde überstellt werden kann, wie es dazu heisst.

Die FDP verlangt nun in ihrer Stellungnahme, die vorgeschlagene Ausdehnung des Polizeigewahrsams von 24 Stunden auf zehn Tage nochmals zu überprüfen. Insbesondere sei dazu eine Bewilligung des Zwangsmassnahmengerichts erforderlich, die über die Staatsanwaltschaft und nicht direkt von der Polizei einzuholen sei.

FDP-Fachspezialist und Grossrat Herbert H. Scholl schreibt dazu: «Die Beschwerdeverfahren an das Verwaltungsgericht und das Obergericht sollen bei einer Instanz vereinheitlicht werden. Beschwerden sind immer beim Gericht und nicht bei der Polizei einzureichen.»

Laut der Strafprozessordnung müsse die Polizei Eingriffe in die persönliche Freiheit grundsätzlich bei der Staatsanwaltschaft beantragen, die sie bei einem positiven Entscheid innert 24 Stunden dem Zwangsmassnahmengericht vorzulegen habe, erinnert die FDP. Das soll auch für die erweiterten polizeilichen Eingriffsmöglichkeiten gelten, verlangt sie.

Besonders scharfes Geschütz fährt die SVP auf. Auch sie anerkennt Handlungsbedarf, ist aber mit vielem überhaupt nicht einverstanden. Ihr schliesst sich die EDU weitgehend an. Die Neuregelung zum Polizeigewahrsam erachte man als massiv zu weitgehend, schreibt SVP-Grossrätin Desirée Stutz, «zumal jede Kompetenzausdehnung der Kantonspolizei eine Einschränkung der Bürger bedeutet (zehn Tage Gewahrsam für Übertretung)».

Eine Zuführung innert 24 Stunden an die zuständige Stelle sei immer möglich, schreibt Stutz. Die SVP befürchtet, die Regierung wolle mit der Vorlage einen eigentlichen «Polizeistaat» installieren.

Nein zu den Vorschlägen zum Polizeigewahrsam sagt mit der SP auch die Partei des zuständigen Regierungsrats Urs Hofmann. Diese verletzten das Prinzip der Verhältnismässigkeit, kritisiert die Partei.

Die Grünen erachten die Bedingungen für Polizeigewahrsam als zu unspezifisch und zu sehr auf Mutmassungen beruhend, um wiederholt die Freiheit einer Person zu beschneiden, so Grossrat Maurus Kaufmann.

Stalking, Bedrohung: Annäherungsverbot

Laut Vorlage soll künftig auch ein Kontakt- und Annäherungsverbot ausgesprochen werden können, «wenn eine Person einer anderen wiederholt nachstellt, sie belästigt oder bedroht». Dies könne in Fällen häuslicher Gewalt oder beim sogenannten Stalking zum Schutz der betroffenen Person erforderlich sein.

Aber auch bei Drohungen soll so ein Verbot ausgesprochen werden können. Die vorgesehenen maximal drei Monate Annäherungsverbot seien zu viel, kritisiert die SVP. 20 Tage wären aus ihrer Sicht okay. Darüber hinaus müsse man den Rechtsweg beschreiten und eine richterliche Anordnung erwirken.