
Regiostrom-Augenwischerei
Neulich verschickten die StWZ mit der Rechnung wieder einmal einen Werbeprospekt für Regiostrom, der suggeriert, dass in der Region produzierter erneuerbarer Strom besonders nachhaltig ist. Regionale Produkte der Landwirtschaft mögen vorteilhaft sein, aber beim Strom ist das definitiv nicht der Fall. Strom kann über grosse Strecken fast verlustfrei und günstig transportiert werden, daher sollte Strom dort erzeugt werden, wo dies am günstigsten und nachhaltigsten ist. Bei der Solarenergie ist das aber auf Schweizer Dächern definitiv nicht der Fall. Hier gilt es, global zu denken.
In Südspanien beispielsweise produzieren Solaranlagen bei gleicher Grösse fast doppelt so viel Strom wie in der Schweiz. Da Solaranlagen in Spanien sehr viel grösser und effizienter gebaut werden können als in der Schweiz, kosten sie zudem nur einen Viertel bis einen Drittel pro kWp installierte Leistung als auf Schweizer Dächern. Somit liefern sie für das gleiche Geld sechs bis acht Mal mehr Strom als Schweizer Anlagen und ergeben damit einen sechs- bis achtfachen grösseren Klimaeffekt! Erschwerend kommt noch dazu, dass die Schweiz im Sommer bereits heute wegen der enormen Produktionsmenge der Wasserkraft viel Strom exportieren muss. Der Schweizer Solarstrom ist daher nicht nur teuer, sondern zu einem grossen Teil in der Schweiz völlig nutzlos – und bei weiterem Ausbau immer nutzloser.
Regiostrom mit einem namhaften Solar-Anteil suggeriert eine heile Welt, ist jedoch in Realität eher als Verschwendung unserer vielleicht wertvollsten Ressource gegen den Klimawandel zu werten: dem Kapital. Wenn es uns wirklich ums Klima geht und nicht einfach um lokale Wirtschaftspolitik, dann müssen wir die Mittel konsequent so effizient und wirkungsvoll wie möglich einsetzen, sicher nicht für Regio-Solaranlagen.
Zudem ist es bedenklich, wenn im Prospekt mit dem Wort Bezug noch suggeriert wird, dass dieser Strom geliefert, beziehungsweise bezogen werden kann. Das Regiostrom-Abo gewährleistet über sogenannte Herkunftsnachweise ausschliesslich, dass die gesamthaft gekaufte Strommenge mit den deklarierten Quellen produziert wird – aber nicht zum Zeitpunkt, an dem man den Strom verbraucht. Die Abonnenten verbrauchen daher genau den gleichen Strom wie alle anderen: Einen Mix aus allen möglichen Quellen, inklusive Kohle- und Kernenergie. Der einzige Unterschied ist, dass sie mehr bezahlen, um nicht konkurrenzfähigen Solarstrom zu finanzieren.
Heinz Linder, Zofingen