
Reiden will runter vom Gaspedal und plant die grossflächige Einführung von Tempo-30-Zonen
Die meisten Gemeindestrassen in Reiden soll man in rund zwei Jahren nur noch mit dreissig Stundenkilometern befahren können. Der Gemeinderat stellte an der Budgetversammlung vor zwei Wochen das Projekt Tempo-30-Zonen vor, nachdem er intern den Grundsatzentscheid dafür gefällt hatte.
Der Gemeinderat kündigte bereits im Vorfeld der Abstimmung über die Sanierung der Weihermattstrasse im Januar an, in verschiedenen Gebieten von Reiden Tempo-30-Zonen vorzusehen. Das Begehren sei teilweise von Anwohnerinnen und Anwohnern gekommen, sagt David Jurt, Bereichsleiter Bau und Infrastruktur, auf Anfrage dieser Zeitung. Zudem sei die Einführung von solchen Zonen ein Ziel des Legislaturprogramms 2018 bis 2022 der Gemeinde Reiden. Die Gemeinde wolle damit mehr Sicherheit für Fussgänger und Velofahrer schaffen – insbesondere für Schulkinder und Bewohner. «Die Reduktion der Geschwindigkeit der motorisierten Fahrzeuge führt zu einer ruhigen Fahrweise und erhöht die Verkehrssicherheit grundsätzlich, da sich die Bremswege massgeblich verkürzen.» Weiter soll die Wohn- und Aufenthaltsqualität erhöht werden, indem die Lärm- und Schadstoffemissionen reduziert würden, sagt Jurt.
Gemeinderat und Verwaltung haben bereits mehrere Quartiere ausgewählt und stellten sie der Bevölkerung an der Gemeindeversammlung vor (siehe Karte). In einer ersten Phase hat sich die Gemeinde auf den Ortsteil Reiden beschränkt. Als Basis diente der gültige Richtplan Fusswegnetz- und Radwegverbindungen, die Durchführung von Verkehrsmessungen und die Analyse des Strassennetzes, sagt Jurt. In den ausgewählten Quartieren darf man gemäss Gesetz aktuell fünfzig Stundenkilometer fahren. Die Strassenübersicht veranlasst einen in den meisten Gebieten aber jetzt schon, die Geschwindigkeit zu drosseln. Die Frage, ob an den ausgewählten Orten zu schnell gefahren werde, verneint Jurt.
Gute Erfahrungen gemacht
Die Gemeinde Reiden verfügt bereits heute über vier bestehende Tempo-30-Zonen (siehe Plan). Mit den bisherigen Zonen habe man nur gute Erfahrungen gemacht. Es seien keine negativen Punkte bekannt, so Jurt.
Das Projekt hat der Gemeinderat mittlerweile zur Vorprüfung an den Kanton geschickt. Das Projekt hat gute Chancen, die Bewilligung ist vor allem formeller Natur. Gemäss Richtlinie für Tempo-30-Zonen des Kantons Luzern eignen sich siedlungorientierte Strassen als Tempo-30-Zonen. Die Einführung einer solchen Zone sei möglich, wenn eine Gefahr nur schwer oder nicht rechtzeitig erkennbar und anders nicht zu beheben sei. Oder bestimmte Strassenbenützer (Kinder oder ältere Personen) eines besonderen Schutzes bedürfen, heisst es in der Richtlinie. Nach der Vorprüfung wird der Gemeinderat eine Informationsveranstaltung für Betroffene durchführen. Zudem sollen die Strasseneigentümer mithilfe eines Mitwirkungsverfahrens Stellung nehmen dürfen. Ein genauer Terminplan liege aber noch nicht vor, sagt Jurt. Die Zonen sollen bis Anfang 2022 umgesetzt werden können. Wie hoch die Kosten werden, könne der Gemeinderat auch noch nicht sagen. Sie würden nun berechnet und anschliessend budgetiert, so Jurt weiter.
An der Gemeindeversammlung vor zwei Wochen gab es keine kritischen Stimmen zum Projekt. Allgemein wird die Akzeptanz von Tempo-30-Zonen immer grösser, wie repräsentative Umfragen des Marktforschungsinstituts Link im Auftrag der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) zeigen. Gemäss aktuellsten Zahlen von 2018 würden 57 Prozent der Befragten die Einführung von Tempo 30 innerorts (mit Ausnahme von Hauptverkehrsachsen, bei denen Tempo 50 gilt) befürworten. 2014 lag die Quote 48 Prozent, 2002 bei 39 Prozent.