Rico Peters Medaillenträume nach historischer Schlappe

Ist es Selbstüberschätzung, Zweckoptimismus oder Galgenhumor? Nachdem die Bobnation Schweiz, die bei Olympischen Spielen bereits 31 Medaillen gewann, in Pyeongchang mit dem kleinen Schlitten die grösste Schlappe in der Geschichte dieses Sports abgeliefert hat, spricht man für das Rennen mit dem Vierer nicht etwa von Schadensbegrenzung. Nein, eine Medaille darf es sein.

Wie nur soll das gehen? Der Mann, der dieses kleine Bobwunder ermöglichen muss, heisst Rico Peter. Der 34-jährige Kölliker erhält für die «Mission Impossible» Verstärkung vom Schlitten seines Konkurrenten Clemens Bracher. Dessen bärenstarker Walliser Anschieber Michael Kuonen setzt sich zu Peter, Thomas Amrhein und Simon Friedli in den Bob. Beim ersten Versuch, den Peter-Bob mit dieser Massnahme schneller zu machen, scheiterte man. Letzte Saison an der Weltmeisterschaft schaute ein enttäuschender 15. Platz heraus.

«Medaille liegt in Reichweite»
Zu behaupten, Rico Peter befinde sich im Viererbob derzeit auf der Überholspur, würde zum kühnen Medaillentraum von Nationaltrainer Wolfgang Stampfer passen. Im Weltcup reichte es in diesem Winter nie aufs Podest und nur dreimal in die Top 10. Hat man also im Schweizer Boblager jeden Sinn für die Realität verloren? «Nein», sagt Rico Peter, «die Medaille liegt in unserer Reichweite.» Dieses Ziel habe nichts mit Träumereien zu tun. «Wir wissen, dass wir im Vierer stärker sein können.» Da ist zum einen der zweite Platz bei der Olympia-Hauptprobe vor einem Jahr hinter einem nun abwesenden Russen. Da ist aber auch der im Vergleich zum Zweierbob kleinere Abstand zu den Weltbesten bei den Startzeiten.

Dass der grosse Schlitten in der Bahn tendenziell ruhiger fährt, kommt Steuermann Rico Peter ebenfalls entgegen. Und zu guter Letzt hat er nach den ersten Trainings das Gefühl, schnell sein zu können. Peter rechnet damit, dass der eine oder andere Konkurrent der schwierigen Bahn Tribut zollen muss. «Es ist nicht einfach, hier die schnelle Linie zu finden», sagt er. Es gebe zwei, drei sehr schwierige Stellen, die passen müssen und wo es beinahe schon um Millimeter geht. Im Oktober während des Trainingslagers habe er ein Gefühl dafür gefunden, was schnell und was langsam ist.

Die Enttäuschung verarbeitet
Der enttäuschende elfte Platz im Zweier hat Rico Peter nicht auf den Magen geschlagen. Da seien zum einen Fehler drin gewesen, die man jetzt eliminieren kann. Zweitens habe er sich von Lauf zu Lauf gesteigert. Auch ausserhalb der Bahn fühlt sich der Aargauer bedeutend wohler als bei seinem Olympia-Debüt in Sotschi. «Das Essen ist deutlich besser und vieles beim Drumherum an Olympia ist zur Gewohnheit geworden.»

Zur olympischen Gewohnheit gehören auch Schweizer Medaillen im Bob. Erst dreimal kehrte man ohne Podestplatz von Olympischen Spielen heim: 1928, 1964 und 2010. Sollte es diesmal erneut nicht klappen, würde sich die Krise bei den einst sichersten Schweizer Medaillentipps der Winterspiele akzentuieren. Die Auswahl an international tauglichen Piloten ist klein, und auch Rico Peter kann eine Fortsetzung der Karriere derzeit noch nicht bestätigen. Wenn er weitermacht, tendenziell nur für ein Jahr bis zur Weltmeisterschaft auf einer seiner favorisierten Bahnen in Whistler. Ausgerechnet dort, wo die Schweiz vor acht Jahren die letzte olympische Ohrfeige kassiert hat.