
Rolf Lappert hat einen Teil seiner Kindheit in Olten verbracht und schreibt sich nun in ferne Welten
Rolf Lappert gehört zu jener Gruppe von bekannten Schriftstellern, die einen Bezug zu Olten haben. Er ist auf der rechten Stadtseite aufgewachsen. Der heute 62-Jährige verbrachte die Jahre zwischen 1963 und 1971 im mittleren Wohnblock am Mühletalweg 5. Sein Schriftstellerkollege Alex Capus wuchs in der Wohnung einen Stock tiefer auf. Als Buben hätten sie aber kaum etwas miteinander zu tun gehabt, sagt der knapp drei Jahre ältere Lappert. «Drei Jahre sind ein grosser Unterschied, wenn man ein Kind ist.»
Seine acht Jahre in Olten bezeichnet er im Gespräch mit dieser Zeitung als «prägend» und «sehr wichtig». Er habe eine ausgesprochen glückliche Kindheit erlebt. Wenn er nach draussen ging, waren immer ein paar Kollegen da, mit denen er spielen konnte. «Ein Fussballmatch 5 gegen 5 war nie ein Problem.» Auch im Wald oder auf dem Sälischlössli seien sie als Buben immer wieder gewesen. Zur Schule ging Lappert hingegen nicht gerne. «Ich hasste es, still zu sitzen und fremdbestimmt zu sein.» Besonders in Mathematik hatte er schlechte Noten.
Die Kindheit ist auch für sein Schreiben zentral. «Literarisch ist das Thema ein unerschöpflicher Fundus.» In all seinen Büchern spiele die Kindheit eine Rolle. Er verweist etwa auf sein bekanntestes Werk «Nach Hause schwimmen», in dem er die Geschichte des kleinwüchsigen Wilbur erzählt – dafür erhielt er 2008 den Schweizer Buchpreis; oder auf sein jüngstes Buch «Leben ist ein unregelmässiges Verb», im dem er von vier Kindern einer deutschen Kommune ausgehend ihre Lebensgeschichten erzählt. Aus dem knapp Tausend-Seiten-Wälzer liest er am kommenden Sonntag am diesjährigen Buchfestival. «Wenn ich über die Kindheit schreibe, dann erinnere ich mich immer selbst an jene Erfahrungen, ohne dass ich die damaligen Gefühle und Situationen eins zu eins wieder heraufbeschwören kann.»

Autor Rolf Lappert im Gespräch.
Lappert, der zwar kinderlos ist, aber mit den drei Kindern seines Bruders – darunter die heutige Autorin Simone Lappert –, über viele Jahre hinweg jeweils die Sommerferien in Frankreich verbracht hat, schreibt inzwischen auch für die Jüngeren. Vor neun Jahren hat er mit «Pampa Blues» einen Roman für Jugendliche veröffentlicht. Derzeit arbeitet er an einem Theaterstück für eine Kantonsschule. «Das ist eine grosse Herausforderung, obwohl mir das Dialogschreiben eigentlich liegt.» Lappert hat einst die Drehbücher für 65 Folgen der SRF-Sitcom «Mannezimmer» geschrieben.
Während die Kindheit immer wieder in seinen Büchern ein Thema ist, kommt die Region – geschweige denn die Schweiz – in seinen Werken nicht vor. Irland, wo er über zehn Jahre gelebt hat, die USA, die Philippinen oder Norddeutschland sind die bevorzugten Schauplätze für seine Geschichten. Lappert hatte rund 20 Jahre keinen festen Wohnsitz und flüchtete während der kalten Jahreszeit immer wieder an wärmere Flecken dieser Welt, meistens nach Asien oder Amerika.
«Die Schweiz ist als Schauplatz zu klein und zu eng.»
Lappert siedelt seine Geschichten häufig in abgelegenen Gegenden an, die in einer weiten Landschaft liegen. Doch ganz ausschliessen will Lappert den Schweiz-Bezug in künftigen Werken nicht. Wenn er seine Handlung geografisch hier verorten wolle, müsse das Thema auch mit dem Land zu tun haben. Ob er jemals einen Schweiz-Roman schreiben werde, weiss er jedoch nicht.

Rolf Lappert wuchs in Olten auf.
Zumindest bei den drei Hörstationen des Schweizer Schriftstellerwegs gibt es regionale Bezüge. Er schreibt über den Mühletalweg, das Mühletäli und die Aare. Doch auch in diesen drei kurzen Texten ist auffällig, dass sich Lappert gleich von Olten aus in andere Figuren und Welten wegfantasiert. Er schreibt etwa: «Im Sommer machten wir aus dem Mühletälibächli die einzige Süsswasserquelle für Robinson Crusoe, im Winter einen reissenden Fluss, der uns von den Goldminen Alaskas trennte.» Sowieso, schreibt Lappert an einer anderen Stelle, «liege Olten viel zu weit vom Pazifischen Ozean entfernt».
Trotz dieser Sehnsucht nach dem Fernen: Der Autor kommt immer wieder gerne für einen Besuch nach Olten zurück. Alle paar Jahre spaziert er durch die Innenstadt und beobachtet, was sich verändert hat. Er sei zudem ein regelmässiger Besucher von Kulturanlässen, etwa in der Schützi oder im Schwager Theater. Vor ein paar Jahren sah er sich den Mühletalweg an und zeigte seiner Partnerin, wo er aufgewachsen war. Das südlichste der drei Hochhäuser stand noch nicht, die weiteren Wohnhäuser bis zum Coop Wilerfeld an der Speiserstrasse kamen ebenfalls erst später dazu. «Es ist verrückt, jetzt ist alles überbaut.» Aber das gehe wahrscheinlich heute jedem so, der an den Ort seiner Kindheit zurückkehre. Wieder in Olten wohnhaft zu werden, kann sich Lappert hingegen nicht vorstellen. Er sei in Zofingen, wo er den zweiten Teil seiner Jugendzeit verbracht hatte, sesshaft geworden und brauche das Reisen nicht mehr. So habe er erst kürzlich seine Garage zu einer Werkstatt umgebaut. «Wenn nicht Autor, dann wäre ich Schreiner geworden.»
Hinweis: Lesung und Gespräch mit Rolf Lappert am Buchfestival Olten am Sonntag,
7. November, um 13 Uhr in der Schützi.