Schweiz wird für laxe Corona-Politik abgestraft: Das WEF will von Luzern in diese fast virenfreie Stadt zügeln

Die hohen Infektionszahlen in der Schweiz haben Folgen, sie wird für internationale Top-Leute zu einer Art «No-go-area». Das nächste Weltwirtschaftsforum wird voraussichtlich ins Ausland verlagert. Das Jahrestreffen vom kommenden Frühjahr, zu dem auch der neue US-Präsident Joe Biden eingeladen wird, findet gemäss Insiderinformationen in Singapur statt.

Eine erste Warnung hatte WEF-Gründer Klaus Schwab vorgestern in der «Schweiz am Wochenende» abgegeben. Er sagte mit Blick auf die Coronafallzahlen: «Leider ist die Situation aktuell in der Schweiz diesbezüglich schwierig.» Es hänge vom weiteren Verlauf der Pandemie ab, ob das Forum in der Zentralschweiz abgehalten werden könne: «Wir beobachten die Lage laufend und werden zeitnah definitiv entscheiden.»

Durchführen ja, aber bitte ohne Super-Spreader: Klaus Schwab setzt den Gesundheitsschutz als oberste Priorität.

Durchführen ja, aber bitte ohne Super-Spreader: Klaus Schwab setzt den Gesundheitsschutz als oberste Priorität. © Markus Schreiber / AP

Am WEF-Sitz in Cologny GE haben sich die Lagebeurteilungen jüngst überstürzt. Bis vor etwa zwei Wochen schienen Luzern/Bürgenstock gesetzt. Dann setzte ein Meinungsumschwung ein. Dies auch wegen der vielen negativen Schlagzeilen, welche der «Corona-Hotspot Schweiz» in ausländischen Medien – unter anderem der «New York Times» – gemacht hat.

Besorgte WEF-Teilnehmer meldeten sich bei der Organisation und meldeten Bedenken an: Kann man in Europas Virenhochburg wirklich einen Kongress durchführen?

Auf dem Bürgenstock sollte das WEF im Mai 2021 eigentlich stattfinden. Das ist sehr unwahrscheinlich geworden.

Auf dem Bürgenstock sollte das WEF im Mai 2021 eigentlich stattfinden. Das ist sehr unwahrscheinlich geworden. © Pius Amrein (Bürgenstock, 9. Oktober 2020

Beim World Economic Forum will man die Risiken radikal minimieren. Schwab sagte im Interview: «Wir werden den Anlass nur dann durchführen, wenn die Sicherheit und Gesundheit für die Teilnehmer ebenso wie für die Bevölkerung garantiert sind.» Und weiter: «Das World Economic Forum als Super-Spreader-Event, das muss ausgeschlossen sein.»

Dies wegen der Gesundheit, aber auch darum, weil ein solcher Vorfall die Organisation existenziell gefährden könnte.

Die Organisatoren stehen unter hohem Zeitdruck. Die hochkarätigen WEF-Teilnehmer – normalerweise um die 3000, diesmal wohl dreimal weniger – müssen frühzeitig planen können. Darum muss ein definitiver Durchführungsentscheid allerspätestens bis Weihnachten getroffen sein.

Eine nochmalige Verschiebung kommt nicht infrage

Eine Verschiebung nach hinten wird ausgeschlossen, denn dann käme das WEF 2021 zu nahe an das nächste ordentliche Jahrestreffen im Januar 2022 zu liegen, das Klaus Schwab unbedingt wieder in Davos durchführen möchte.

Die einzige Handlungsmöglichkeit ist somit: Geografische Verschiebung des Jahrestreffens, und zwar ins Ausland. Gegen die Schweiz spricht auch, so hört man aus dem WEF, dass die Politik bezüglich Skisaison eine mögliche dritte Welle im Frühling verursachen könnte. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel, die regelmässig in Davos zu Gast ist, hatte genau davor gewarnt.

Schwabs Team liess deshalb Alternativen prüfen, die als relativ coronasicher gelten. Singapur stach dabei positiv heraus. Wie nachfolgende Grafik zeigt, hat der dichtbesiedelte Stadtstaat mit knapp 6 Millionen Einwohnern die Infektionskurve unter Kontrolle:

Die Schweiz (dunkle Säulen) und Singapur (helle Säulen) im Corona-Vergleich: Bestätigte Fälle pro 100'000 Einwohner.

Die Schweiz (dunkle Säulen) und Singapur (helle Säulen) im Corona-Vergleich: Bestätigte Fälle pro 100’000 Einwohner.

© georank.org

Gemäss CH-Media-Informationen ist Klaus Schwab persönlich nach Singapur geflogen, um die Details für die Durchführung zu besprechen. Es war offenbar sein erster Flug seit Ausbruch der Pandemie.

Das WEF wollte sich heute Vormittag nicht zu diesen Informationen äussern. Ein Sprecher sagte nur: «Wir sind dabei, Optionen zu prüfen, und werden uns noch vor Weihnachten entscheiden.»

Bleibt die Frage, ob am Ende das Jahrestreffen nicht virtuell durchgeführt wird. Klaus Schwab ist klar der Meinung, dass dies die falsche Lösung wäre. Er sagte in der «Schweiz am Wochenende», es bestehe ein Bedürfnis, sich endlich wieder einmal begegnen zu können. «Videokonferenzen sind in der Pandemie sicher eine Alternative, aber eines kann die virtuelle Kommunikation nicht: Vertrauen schaffen. Dazu braucht es persönliche Kontakte.»