Schweizer bestellen nicht mehr in Deutschland ‒ das trifft die grenznahen Paketshops ins Mark

Vor Corona lieferte allein Hauptspediteur DHL durchschnittlich rund 500 Sendungen täglich ins Lager von «My Paketshop» in Bad Säckingen – Onlinebestellungen Schweizer Kunden. «Aktuell sind es höchstens 300 pro Tag», informiert Inhaber Simon Kühn. Ähnlich stark eingebrochen sind die Zahlen bei Maik Gregl von «Paket Stop & Go» in Badisch-Rheinfelden – von bis zu 450 vor Corona auf aktuell zwischen 280 und 320.

Zurückhaltung schon im Frühjahr grösser als erwartet

Schon als im April wieder vollständig Geimpfte und Genesene aus der Schweiz quarantänefrei nach Deutschland einreisen durften und am 13. Mai die Quarantänepflicht für alle fiel, waren Kühn und Gregl überrascht. Die Schweizer seien schon in grosser Zahl zurückgekehrt, aber der Riesenrun war es doch nicht. Kühn teilt mit:

«Am Freitag, 14. Mai, gingen 1600 Pakete raus. Aber das ist kein Vergleich zum 15. Juni 2020, dem ersten Tag nach der Grenzöffnung. Da holten Schweizer allein in den ersten zwei Stunden nach Öffnung 2000 Pakete ab.»

So gesehen waren die 2021 eingeführten Impf- und Einreiseprivilegien für Schweizer für die Paketshops im grenznahen deutschen Raum kaum mehr als ein Strohfeuer, das schon länger nicht mehr recht brennen will. Kühn bilanziert:

«Bis Ende Mai war noch relativ viel los. Seitdem aber stagniert das Geschäft, ja ist sogar rückläufig.»

Einbrüche beim Bestellvolumen von rund 40 Prozent machen ihm derzeit zu schaffen. Neue Lieferungen schwächeln. Und der Berg an Altbeständen, der sich in den langen Monaten des Lockdown in Bad Säckingen aufgetürmt hatte, ist Kühn zufolge auf einen kleinen Hügel zusammengeschmolzen. Weniger als 400 Päckli seien nur noch da.

Aber warum bestellen die Schweizer online weniger? Kühn höre immer wieder, dass manche glaubten, sie könnten noch immer nur als vollständig Geimpfte oder Genesene nach Deutschland einreisen, um die Sendung abzuholen. Die Folge: Sie bestellen erst gar nicht. Kühn nennt einen zweiten Grund:

«Ich beobachte, dass der Schweizer Detailhandel die Preise gesenkt hat. So rechnet sich der Einkauf im Ladengeschäft wieder mehr.»

Und Kühn beobachtet noch etwas – die Zurückhaltung aufgrund der Unsicherheit, wie es mit Corona weitergeht. «Wer jetzt überlegt, sich Möbel mit teils 16 Wochen Lieferzeit online zu bestellen, schreckt davor zurück, weil er nicht weiss, ob bis dahin die Grenze nicht schon wieder zu ist», führt er als Grund an. Die Angst vor einer möglichen vierten Welle und neuerlichen Grenzauflagen sei in den Köpfen drin. Und die Debatte über die Delta-Mutation schüre die Ängste noch, glaubt Kühn.

Maik Gregl betreibt in Badisch-Rheinfelden einen Paketshop und auch er bemerkt den Rückgang an Bestellungen.

Maik Gregl betreibt in Badisch-Rheinfelden einen Paketshop und auch er bemerkt den Rückgang an Bestellungen.

Horatio Gollin 23. Dezember 2020)

Gregl wähnt hinter der Zurückhaltung eine mit Corona verbundene Konsumkritik. Er sagt:

«Die Leute stellen jetzt mehr in Frage, überlegen sich zweimal, ob sie das Produkt wirklich brauchen, halten das Geld lieber zusammen.»

Sie kauften jetzt bewusster ein, nach dem Grundsatz: Weniger ist mehr. Doch das dies jetzt das Geschäftsmodell deutsche Lieferadresse so existenziell trifft, dass es sich nicht mehr rechnet, glaubt Gregl nicht. Schliesslich gebe es noch immer die, die sich aus beruflichen Gründen Päckli ins Deutsche schicken lassen. Gregl: «Die sind darauf angewiesen, die haben kaum eine andere Wahl.»