Schweizer Kabarettpreis: Essiggurke für Bünzli und Landei

Bei einem Lachanfall pressen die Bauchmuskeln die Luft mit 100 km/h hinaus; anstatt sich im Fitnessstudio zu quälen, kann man den Waschbrettbauch genauso gut an der 31. Ausgabe der Oltner Kabarett-Tage vom 23. Mai bis 2. Juni formen. Heute Dienstag präsentiert das grösste und wichtigste Schweizer Satire-Festival an einer Mitgliederversammlung das diesjährige Programm. Gleichzeitig wird auch bekannt gegeben, dass der Schweizer Kabarettpreis Cornichon dieses Jahr an Schertenlaib & Jegerlehner verliehen wird.

Wer sind diese schrulligen Herren? Schertenlaib und Jegerlehner heissen mit bürgerlichen Namen Michel Gsell und Gerhard Tschan. Die beiden sind schon seit den frühen 1970er-Jahren miteinander befreundet, als sie sich als Schulbuben in Thun kennen gelernt haben. Von einer gemeinsamen Bühnenkarriere wagte zunächst keiner von beiden zu träumen. Der Polizistensohn Gsell wurde Lehrer, Familienvater und ein verspielter Poet. Tschan war Mitbegründer einer Genossenschaftsbeiz in Thun, arbeitete dort als Koch und war eine Zeit lang ebenfalls als Lehrer tätig; schliesslich begann Tschan eine Clownausbildung in Deutschland.

Virtuose Multiinstrumentalisten

Die Jugendfreunde standen anfänglich als Solokünstler auf der Bühne, bis sie 2007 als Schertenlaib & Jegerlehner ein Duo formten. Die Künstlernamen hätten sie von Mitgliedern aus Hornusser- und Pontonierkreisen aufgeschnappt, das seien damals gängige Namen gewesen. Seitdem produziert das Duo berndeutsche Lieder voller Witz, Verrücktheit und Nostalgie. Schertenlaib gibt den bünzligen, neurotischen und humorlosen Perfektionisten, während Jegerlehner das bodenständige und schlitzohrige Landei markiert und sich gerne in Szene setzt. Gekonnt spielen sie mit Rollen und Klischees, die sie mit Genuss brechen. Auf der Bühne beweisen Schertenlaib & Jegerlehner immer wieder, dass sie virtuose Multiinstrumentalisten sind; gerne nehmen sie Tuba, Handorgel, Schlagzeug oder Ukulele in die Hand und spielen wahlweise Rock, Blues, Ska, Tango, Schlager und Volksmusik.

2013 wurden Michel Gsell und Gerhard Tschan mit dem Salzburger Stier ausgezeichnet – dem angesehensten Kleinkunstpreis im deutschsprachigen Raum. Mit dem Cornichon 2018 sind Schertenlaib & Jegerlehner in bester Gesellschaft; auf der Liste der ehemaligen Preisträger stehen namhafte Künstler wie Franz Hohler, Gerhard Polt, Lorenz Keiser, Massimo Rocchi, Andreas Thiel und Simon Enzler. Die diesjährige Jury der Kabarett-Tage zeichnet die «fabelhaften Musiker und Klangkünstler» für ihren subversiven Blick aus, mit dem sie die «Linien im Porträt des Kleinbürgerlichen» verschwimmen lassen. Im Dialog mit dem Publikum vermengen sie «poetische Erzählungen mit Melancholie und ganz alltäglichem Irrsinn», so die Begründung der Jury.

31. Oltner Kabarett-Tage: 23. Mai bis 2. Juni 2018. Über 40 Künstler(innen) treten auf zehn Bühnen auf. Zudem findet während der Kabarett-Tage das Finale des Nachwuchs-Wettbewerbes «Oltner Kabarett-Casting» am 28. Mai statt. Der detaillierte Spielplan ist ab Mittwoch auf www.kabarett.ch verfügbar.

Von Dario Pollice/AZ