
Schwerwiegende Vorwürfe: Kanzler Sebastian Kurz soll Umfragen verfälscht und Boulevardzeitungen bestochen haben
Jetzt kommts faustdick für den österreichischen Polit-Superstar: Sebastian Kurz, der das Land seit 2017 regiert, steht im Zentrum eines mutmasslichen Korruptionsskandals. Die Staatsanwaltschaft liess am Mittwoch sein Büro sowie die Zentralen des Finanzministeriums und seiner Österreichischen Volkspartei (ÖVP) durchsuchen. Der Verdacht: Der 35-jährige Regierungschef und sein Team sollen Meinungsumfragen gegen Geld verfälscht haben lassen und Zeitungen im Gegenzug zu genehmer Berichterstattung Inserate versprochen haen.
Die neuen Vorwürfe wiegen schwer. Noch vor Kurz‘ Machtübernahme in der ÖVP soll es Absprachen seines Umfelds mit dem Herausgeber der Boulevardzeitung «Österreich» über freundliche Berichterstattung gegeben haben. Ausserdem sollen Meinungsumfragen und Studien zugunsten von Kurz über Scheinrechnungen aus dem damals ÖVP-geführten Finanzministerium heraus bezahlt und zugunsten der Kanzlerpartei frisiert worden sein.
Kurz will «selbstverständlich »im Amt bleiben
Doch Sebastian Kurz, mit 27 einst jüngster Aussenminister Österreichs, ist allem Anschein nach wild entschlossen, zu bleiben. In den Abendnachrichten ging er am Mittwoch spät zum Gegenangriff über. Es gebe keinerlei Indizien, dass er die vorgeworfenen Aktivitäten gesteuert habe. Er werde «selbstverständlich» Kanzler bleiben. Es handle sich durchwegs um «konstruierte Vorwürfe».

Steht im Regen: Österreichs Polit-Superstar Sebastian Kurz.
Zumindest politisch aber steht dem Jung-Kanzler das Wasser jetzt bis zum Hals. Es ist bereits das zweite Ermittlungsverfahren, in dem der Kanzler als Beschuldigter geführt wird. Im aktuellen Fall geht es um Bestechung, Bestechlichkeit und Untreue. In einem anderen Fall um Falschaussage vor einem parlamentarischen Untersuchungsgremium.
Abseits der juristisch relevanten Fakten allerdings zeichnet sich angesichts des jüngsten Falls einmal mehr das Bild eines Politikers und einer Regierungspartei, die sich die Medienberichterstattung mit offenem Druck zurechtbiegen, die konforme Medien auch über die Verteilung von Regierungsinseraten bevorzugen und die Widerspruch postwendend als Verleumdung abschmettern.
Der Whistleblower ist ein einstiger Verbündeter
Es ist der politische Druck, nicht primär der juristische, der jetzt zur Gefahr für Kurz wird. In seltener Einstimmigkeit forderte die Opposition noch am Mittwoch die Einberufung einer Sondersitzung. In seltener Einstimmigkeit quer durch die politischen Lager von Sozialdemokratie über die liberalen NEOS bis zur rechtsnationalen FPÖ kam auch der Ruf nach einem Rücktritt des Kanzlers. Und Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der rief Kurz ebenfalls noch am Mittwoch zu Zurückhaltung auf, was die andauernden Angriff auf die Justiz angeht. Ohne Wirkung anscheinend.
Quelle für die jüngsten Enthüllungen ist wiederum ein altbekannter: Thomas Schmid. Damals Generalsekretär im Finanzministerium, später Chef der Staatsholding ÖBG, heute Privatier. Er hatte sich in bereits bekannten Chats damit gerühmt, das Budget des Aussenministeriums massiv aufgestockt zu haben und er soll auch die Kooperationen mit dem Boulevardblatt «Österreich» eingefädelt haben. Wortlaut einer seiner Nachrichten: «Wer zahlt, schafft an, ich liebe das.»