
Seltsame Änderung im Handelsregister: Der Möbel-Pfister-Verkauf lässt viele Fragen offen
Drei Wochen nach dem Verkauf der Möbel Pfister AG herrscht immer noch verbreitete Konsternation unter den 1800 Mitarbeitenden. Das zeigen zahlreiche Reaktionen von Betroffenen, die sich in den vergangenen Tagen auf der Redaktion gemeldet haben. Den Schritt an die Öffentlichkeit wagt niemand.
Zu gross ist die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz, vor allem in der älteren Belegschaft. Die neuen Eigentümer – die österreichische XXXLutz-Gruppe – versprechen zwar keine Filialen zu schliessen und keine Stellen zu streichen. Doch Vertrauen wächst bekanntermassen nur mit der Zeit und durch Taten.
Eine Mitschuld an der schlechten Stimmung trägt auch die Kommunikation der Unternehmensführung. Erst vor zwei Jahren hatte Rudolf Obrecht, Verwaltungsratspräsident der F.G. Pfister Holding, im Gespräch mit dieser Zeitung die Unverkäuflichkeit der Firma betont.
«In unserer Stiftungsurkunde heisst es klipp und klar, dass wir nicht verkäuflich sind. Unmöglich, selbst wenn wir wollten! Wir haben das Erbe von Fritz Gottlieb Pfister zu vollziehen. De facto gehört die Firma den Mitarbeitenden.»
Verkauf im Sinne des Stifters?
Viele Mitarbeiter fühlen sich nun betrogen. Dabei hat Obrecht gar nicht gelogen, sondern bloss nicht die ganze Wahrheit gesagt. Tatsächlich besteht der Zweck der F.G. Pfister Stiftung damals wie heute darin, die Selbständigkeit und Kontinuität der F.G. Pfister Holding zu sichern. Was diese aber mit ihren operativen Tochtergesellschaften macht, war nie ein direkter Gegenstand des Stiftungszweckes. Dies bestätigt auch Martin Mayer, Leiter der Stiftungsaufsicht im Kanton Aargau.
Über die Hintergründe der im Juni im Schweizerischen Handelsamtsblatt publizierten Zweckänderung der Stiftung will sich Mayer unter Verweis auf das Amtsgeheimnis nicht äussern. Ein Vergleich mit der alten Urkunde aus dem Jahr 1994 zeigt aber, dass der damalige Stiftungszweck nur insofern eine Änderung erfahren hat, als er durch einen neuen Auftrag ergänzt wurde: «Die Unternehmensgruppe ist der unternehmerischen Vision von F.G. Pfister verpflichtet und bezweckt die Förderung von Innovation und Unternehmertum zum Nutzen der Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft, mit dem Ziel, die Schweiz als Wirtschafts- und Lebensraum und als Werkplatz zu stärken.
Die unterstützten Innovationen und unternehmerischen Aktivitäten sollen Arbeitsplätze erhalten, neue Arbeitsplätze schaffen oder Arbeitsbedingungen verbessern.»
Trotz der offenbar klaren Ausgangslage, unter der ein Verkauf des Möbelhandels rechtlich jederzeit möglich war, liessen die Verantwortlichen der Stiftung beziehungsweise der Holding ihre Transaktion von dritter Seite begutachten.
Der Stiftungsrechtsexperte Paul Eitel, der an der Universität Luzern Privatrecht lehrt, wurde gemäss Angaben eines Sprechers der F.G. Pfister Holding beauftragt, den Verkauf «unter moralisch-ethischen Grundsätzen» zu bewerten und unter anderem festzustellen, «ob der Verkauf unter den gegebenen Umständen» auch im Sinn des 1984 verstorbenen Stifters und Unternehmensgründers Fritz Gottlieb Pfister gewesen wäre. Das Gutachten habe diese Frage «klar bejaht», sagt der Firmensprecher und fügt an: «Zur Beurteilung des Verkaufs aus rechtlicher Sicht hätte es das Gutachten nicht benötigt».
Zu einer vertieften Diskussion über die konkreten Inhalte des Gutachtens sind die F.G. Pfister Holding und ihre Trägerschaft nicht bereit. Dieses sei nicht öffentlich und werde auch nicht zur Verfügung gestellt, heisst es ohne weitere Begründung. Das ist mit Blick auf dessen offenbar doch glasklaren Befund zumindest erstaunlich.
Gutachten könnte brisante Informationen enthalten
Es ist zu vermuten, dass das Papier aufschlussreiche Einzelheiten über den wirtschaftlichen Zustand des verkauften Möbelhandelsgeschäftes enthält. Diese könnten der bisherigen Geschäftsführung nachteilig ausgelegt werden. Stünde es nämlich so schlecht um die Möbel Pfister AG, dass ein Verkauf unumgänglich war, läge Obrechts Behauptung quer in der Landschaft, man habe den Verkauf «aus einer Position der Stärke» vollzogen.
Nicht einfacher zu erklären wäre der Verkauf, wenn die jüngere Entwicklung der Möbel Pfister AG eine positive Tendenz aufwiese. In diese Richtung weist eine Aussage ihres früheren Chefs Matthias Baumann, die dieser im April im Gespräch mit der «Aargauer Zeitung» gemacht hatte: «Wir haben als Möbel Pfister weiter Marktanteile gewonnen.
Das in einem Möbelmarkt, der gesamthaft stagniert, ja sogar leicht schrumpft.» Und weiter: «Im Online-Bereich wachsen wir seit Jahren überproportional. Über 30 Prozent.» Baumann war im September überraschend «aus persönlichen Gründen» zurückgetreten.
Aus dem Verkauf des Möbelgeschäfts und den damit verbundenen Immobilien fliesst der F.G. Pfister Holding ein geschätzter Erlös von mehr als 500 Millionen Franken in die Kasse. Der einzige Hinweis auf die künftige Verwendung dieser Mittel gibt der im Juni erweiterte Stiftungszweck.