
Skepsis gegen Stadion-Hochhäuser – «Wir sind der HRS ein Stück weit ausgeliefert»

Mit knapp 40 Personen war der Besucheraufmarsch überschaubar. Und doch: An der Infoveranstaltung zur «Teiländerung Nutzungsplanung Stadion 2017» konnte man einen Vorgeschmack davon erhaschen, was die Stadt in einem Dreivierteljahr erwartet. Dann nämlich, wenn – voraussichtlich – das Aarauer Stimmvolk an der Urne die baurechtliche Grundlage für das «Plan B»-Stadionprojekt mit vier Hochhäusern schaffen soll. Und: Unter den Anwesenden waren wichtige Player auf dem städtischen Parkett. Etwa Eniwa-CEO Hans-Kaspar Scherrer. Oder diverse aktuelle sowie ehemalige Einwohnerratsmitglieder.
Präsentiert wurde die Stadion-Nutzungsplanänderung von Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker, Hochbau-Stadtrat Hanspeter Thür und Stadtbaumeister Jan Hlavica. Sie hatten nicht viele, aber doch ein paar Neuigkeiten zu verkünden. Die links-grüne Fraktion dürfte freuen, dass – basierend auf Eingaben im Mitwirkungsverfahren – die Überbauung als 2000-Watt-Areal realisiert werden soll. Nicht autofrei, aber verkehrsarm. Und: Die HRS lasse derzeit prüfen, ob sich der von der SP geforderte gemeinnützige Wohnraum umsetzen lasse. Ausserdem seien die geplanten rund 600 Wohnungen wohl überwiegend eher klein (zwei bis drei Zimmer), auch wenn man das heute noch nicht sicher sagen könne; der Realisierungszeitraum für die maximal vier Hochhäuser liegt bei sechs bis acht Jahren.
Stadtbaumeister Jan Hlavica betonte mehrfach, die Hochhäuser im Torfeld Süd seien zwar die ersten in diesem Umfang, man wolle solche in Aarau aber auch unabhängig vom Stadion ermöglichen. Die Stadt hat in der neuen Bau- und Nutzungsordnung (kommt im Sommer vor den Einwohnerrat) sogenannte Transformationsgebiete definiert, auf denen Entwicklung über die nächsten paar Jahrzehnte möglich sein soll. Will (auch) heissen: Auf denen verdichtet gebaut wird und auf denen 50 bis 75 Meter hohe Hochhäuser möglich sind. Das Torfeld Süd ist – neben Telli, Torfeld Nord und Bahnhof Nord (Mediapark) – eines davon.
«Das Stadion und die Hochhäuser werden nicht auf einer grünen Wiese gebaut, auf der rundherum nichts passiert», sagte Hlavica. Die drei Vertreter der Stadt machten auch deutlich: Ohne Stadion würde man die Wohnbauten anders platzieren. Die strengen Lärmvorschriften (bei Wohnnutzungen) schränken die Planer aber massiv ein – der Eisenbahn- und vor allem der Stadionlärm lassen nur eine ganz bestimmte Ausrichtung der Häuser zu.
Klar ist auch: Der Kanton hat das Areal unmissverständlich als Entwicklungsschwerpunkt definiert. Will heissen: Er will hier eigentlich vorwiegend Gewerbe. Die wohnbetonte Nutzung beim «Plan B» akzeptiert der Kanton nur, weil sie in direktem Zusammenhang mit dem Zustandekommen des Fussballstadions steht und er darin ein überwiegendes öffentliches Interesse sieht.
Bei der anschliessenden Fragerunde stellte niemand in Abrede, dass der FC Aarau ein neues Stadion braucht. Es gab aber viele durchaus kritische Voten. Anwesende Architekten wandten ein, man verpasse eine Chance, noch höher zu bauen. Wonach Eniwa-CEO Scherrer kritisierte, schon jetzt würden rund hundert Arbeitsplätze im neuen Eniwa-Gebäude durch die Hochhäuser massiv beschattet und dadurch beeinträchtigt.
Weitere Kritik gab es für zu geringe Grün- und Ausgleichsflächen. Bemängelt wurde auch, dass die Bevölkerung zu wenig einbezogen werde. Die Detailfragen – etwa zur Infrastruktur für die künftigen Quartierbewohner – werden erst im Gestaltungsplan geklärt, für den nur der Stadtrat zuständig ist.
Es schimmerte auch immer eine skeptische bis feindselige Haltung gegenüber der Bauherrin HRS und deren Forderungen durch. «Wir müssen uns selber an der Nase nehmen», sagte Hanspeter Thür. «Vor 15 Jahren hat die Stadt ihre Verantwortung nicht wahrgenommen und darauf verzichtet, im Torfeld Süd Land zu kaufen. Es gehört nun der HRS. Und wenn eine Stadt ein Stadion auf Terrain eines anderen bauen will, ist sie diesem halt ein Stück weit ausgeliefert.»