
«Stillos und sexistisch»: So beurteilen Aargauer Politikerinnen das Würste-Plakat
Das Cervelatplakat der SP-Frauen war in der gestrigen Grossratssitzung in Spreitenbach in vielen Gesprächen ein Thema. Es kommt bei Politikerinnen höchst unterschiedlich an. In den bürgerlichen Reihen hört man viel Unverständnis, im rot-grünen Lager tönt es aber anders. Eine kleine Umfrage zeigt das Meinungsspektrum unter den Frauen auf.
Stutz: «Dieses Plakat kann ich nicht ernst nehmen»
Es sei bloss Wahlkampf, sagt etwa Désirée Stutz, die Präsidentin der SVP-Fraktion im Grossen Rat: «Wer so ein Plakat macht, zeigt, dass ihm die Argumente fehlen. Dieses Plakat kann ich nicht ernst nehmen.» Die SVP provoziert aber auch gern mit Plakaten? Désirée Stutz schmunzelt und bekräftigt, das Plakat zeuge ihres Erachtens von Respektlosigkeit gegenüber dem Regierungsamt. Die SVP-Fraktionschefin: «Dessen Urheberinnen disqualifizieren sich damit gleich selbst.»
Müri: «Ein Stilmittel, um Aufmerksamkeit zu erregen»
Ganz anders kommt es bei Grossrätin Ruth Müri von den Grünen an: «Es ist sicher provokativ. In der jetzigen Situation mit einer rein männlichen Regierung ist es ein Stilmittel, um Aufmerksamkeit zu erregen. Das gelingt offensichtlich auch», sagt die Grossrätin. Das Frauenstimmrecht gebe es in der Schweiz seit knapp 50 Jahren, der Kanton Aargau habe aber bisher erst drei Regierungsrätinnen gehabt: «Das ist bedenklich. Die Frauen sind in der Politik nach wie vor total untervertreten. Für uns Grüne war es denn auch selbstverständlich, dass wir für den Regierungsrat mit Christiane Guyer eine Topfrau nominiert haben.»
Portmann: «Es mischt den Wahlkampf etwas auf»
GLP-Fraktionspräsidentin Barbara Portmann sieht etwas Positives im Plakat: «Es mischt den Wahlkampf etwas auf, lenkt die Aufmerksamkeit auf die wichtige Frage der Untervertretung der Frauen in der Politik.» Die unterschwellige Aussage des Plakats, die fünf Männer in der Regierung seien Würste, die man also quasi nicht brauchen könne, sei allerdings grenzwertig. Die GLP empfehle Christiane Guyer zur Wahl, aber auch die vier Bisherigen zur Wiederwahl, «da sie – einschliesslich Jean-Pierre Gallati – einen guten Job machen».
Freiermuth: «Das Plakat ist sexistisch und stillos»
Nur den Kopf schütteln kann FDP-Fraktionspräsidentin Sabina Freiermuth: «Das Plakat ist sexistisch und stillos. Man beleidigt bewusst Menschen, die sich tagtäglich für das Wohl des Aargaus einsetzen.» Sie versteht das Plakat auch deshalb nicht, «weil es die SP-Frauen ja selbst in der Hand hatten, eine innerhalb der Partei mehrheitsfähige Kandidatin aufzustellen. Die Parteibasis entschied sich demokratisch für Dieter Egli. Mit dem Plakat beleidigen die SP-Frauen auch ihn – und Urs Hofmann. Das ist ja schon bedenklich.» Sie würde im Oktober sehr gern eine Frau in die Regierung wählen, sagt sie, «aber ich gebe denjenigen Personen die Stimme, die mich inhaltlich überzeugen.»