
Tiefsteuer-Dok-Film läuft in der Region
Da hat Reinhard Manz wohl einen Nerv getroffen. Den Nerv im Staatskörper des Kantons Luzern. Manz’ Dok-Film «Kopf oder Zahl – Luzern der Film» über die Steuerstrategie des Kantons sorgt für Diskussionen. Nach der Vorführung in Willisau habe es jedenfalls eine 80 Minuten lange Diskussion gegeben, sagt Reinhard Manz in einem Café in der Zofinger Altstadt.
Manz, blau karierter Schal, Lesebrille auf dem Kopf, ist mit seinem Film zurzeit auf Tour: «Kopf oder Zahl – Luzern der Film» wird in verschiedenen Luzerner Gemeinden gezeigt und lockte bisher 1100 Zuschauer vor die Leinwand. Die nächste Vorstellung findet am Donnerstag, 21. Februar in der «Arche» in Dagmersellen statt. Wie bei der Aufführung in Willisau wird Manz auch dort anwesend sein. Besuch werde er dabei auch von zwei ehemaligen Schulkollegen erhalten, sagt Manz.
In Zofingen aufgewachsen
Manz ist im «Rietel» in Zofingen aufgewachsen. Sein Vater arbeitete bei Ringier. Die Mutter leitete das Büro der Pro Senectute. Er besuchte die Schulen in Zofingen und die Kanti in Aarau. Mit 20 Jahren zog er nach Berlin für sein Studium in Kunstpädagogik und kam in den 70er-Jahren das erste Mal in Berührung mit dem Medium Video. Ende der 70er-Jahre kam er wieder zurück in die Schweiz nach Basel, wo er auch heute noch lebt. Während seiner Jugendzeit kannte er Luzern als Zaungast.
Kannte. Denn im letzten Jahr hat der 67-Jährigen den Kanton wohl besser kennen gelernt als viele Luzernerinnen und Luzerner – zumindest politisch. Letzten April hat er mit der Recherche begonnen, hat Dutzende Gespräche geführt und wohnte Kantonsratssitzungen bei. Er suchte nach den Gründen und den Verantwortlichen der Finanzstrategie und stellte sie in grössere Zusammenhänge. Er spannt den Bogen von Forderungen der europäischen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) über die eidgenössische Steuerreform bis hin zum Steuerwettbewerb in Luzerner Gemeinden.
Politiker von links bis rechts bezeichneten den 83-minütigen Film an der Premiere am 22. Januar als gut oder zumindest als fair. «Mir war wichtig, dass niemand angegriffen wird, damit man auf einen Dialog eintreten kann», sagt Manz. Dennoch hat er auch eine klare Haltung: «Ich finde die Spargeschichten schwierig, wenn man bedenkt, dass es dem Kanton wirtschaftlich gut geht. Ich hatte beim Dreh manchmal den Eindruck, dass es den Regierungsräten auch nicht ganz wohl ist dabei.» Störend finde er, dass der Kanton keine Unternehmen verscheuchen wolle, aber der Bevölkerung einschneidende Massnahmen zutraue, wie sie sich während des budgetlosen Zustands ergeben haben. «Der Steuerwettkampf ist ein Rennen in den Abgrund. Irgendwann kann man sich die Grundleistungen nicht mehr leisten. Das Anrüchigste ist dabei die Hoffnung, dass andere – internationale Firmen – bezahlen.» Im Dok-Film zeigt Manz diese Situation am Beispiel eines türkischen Stahlhändlers auf, der seine Holding vor einem Jahr von Istanbul nach Luzern verlegt hat. 50 Mitarbeitende bleiben in der Türkei, 5 Leute arbeiten in Luzern, wo der Unternehmensgewinn zum günstigen Luzerner Tarif versteuert wird.
Zudem kontrastiert der Dok-Filmer die unterschiedlichsten Steuerstrategien beim Steuerwettbewerb unter den Gemeinden – am Beispiel von Schenkon und Emmen. Schenkon hatte 2018 den zweitkleinsten Steuerfuss, gleich nach Meggen, Emmen musste nach einem budgetlosen Zustand die Steuern erhöhen, weil in der Vorortgemeinde von Luzern dank günstigem Wohnraum eher schwächere Steuerzahler wohnen und Sozialfälle aus anderen Gemeinden hier noch Wohnraum finden.
Gemeinsinn versus Eigennutz
Der Widerspruch zwischen Gemeinsinn und Eigennutz – dieses Thema beschäftigt Manz. Deshalb habe ihm diese Aufgabe sehr gut gepasst. Manz ist zufrieden mit dem Dok-Film. Und dies, obwohl die Zeit drängte. Erst vor rund einem Jahr haben die Initianten – Kulturaktivisten rund um die IG Kultur – das Geld für den Film via Crowdfunding zusammengebracht und Manz als Regisseur ausgesucht. Zudem wollten sie, dass der kritische Film vor den kantonalen Wahlen am 31. März veröffentlicht wird. Vertraglich wurde dabei geregelt, dass ihm beim Film nicht reingeredet werden darf. «Ich hatte grosse Freiheit», sagt Manz.
Am Donnerstag, 21. Febr., 19 Uhr wird der Film im Gemeindezentrum Arche gezeigt.