Trotz Krebserkrankung: Alt SVP-Grossrat fordert dazu auf, Bova zu wählen – um Kuster zu verhindern
Trotz Krebserkrankung: Alt SVP-Grossrat fordert dazu auf, Bova zu wählen – um Kuster zu verhindern
Thomas Bodmer (SVP) will Neuwahlen für das Wettinger Amt des Gemeindeammanns: Deshalb ruft er dazu auf, Ende November Andrea Bova zu wählen – obwohl dieser bei einer Wahl gleich wieder zurücktreten würde. Bodmer ist nicht der Einzige. Seine Gründe.
Auf einer Wettinger Facebook-Seite laufen die Diskussionen über die Ammann-Wahlen am 28. November heiss: Während die einen den amtierenden Gemeindeammann Roland Kuster (Mitte) im zweiten Wahlgang portieren, setzen einige Stimmen auf den Parteilosen Andrea Bova. Dies, obwohl er Ende Oktober aufgrund der Diagnose bösartiger Dickdarmkrebs seinen Rückzug bekanntgegeben hat und bei einer Wahl gleich seinen Rücktritt einreichen würde.
Mittendrin in den Diskussionen: Thomas Bodmer, 2013 nach Querelen zwar aus der SVP-Ortspartei ausgetreten, aber Direktmitglied der SVP Aargau. Er war von 1997 bis 2009 Wettinger Einwohnerrat und sass von 2001 bis 2007 im Grossen Rat. Bodmer weibelt offen dafür, Bova trotz Krebserkrankung die Stimme zu geben.
Er wiederholt das auch in einem Leserbrief an die AZ, in dem er schreibt: «Obwohl Andrea Bova das Amt derzeit leider nicht antreten kann, kann er als Ammann gewählt werden. Wenn er obsiegt, kommt es zu Neuwahlen. Das eröffnet der Gemeinde neue Perspektiven.»
Wird Bova gewählt, muss die Gemeinde im neuen Jahr Neuwahlen ansetzen. Zur Wahl aufstellen könnten sich jene Mitglieder des Gemeinderats, die für die neue Legislaturperiode 2022–2025 bereits gewählt worden sind. Da aber auch Bovas Gemeinderatssitz wieder frei wird, könnte ein neuer Kandidat als Gemeinderat und auch als Ammann kandidieren. So, wie es Bova beim 1. Wahlgang gemacht hat.
Für Bodmer gibt es bei dieser Ammann-Wahl nur schwarz oder weiss: «Kuster ist für die sechste Steuererhöhung in Folge. Andrea Bova dagegen. Kuster ist für die Limmattalbahn, Andrea Bova dagegen. Kuster will nicht sparen, Bova schon. Es ist eine Richtungswahl.» So komprimiert, verwundert es nicht, dass Bodmer auf Facebook auch Gegenwehr entgegenschlägt: «Hauptsache alle Themen in einen Topf werfen und polarisieren», kommentierte eine Kuster-Wählerin.
Dass er polarisiert, ist für Bodmer nichts Neues. «Wer Klartext spricht, der eckt halt auch an.» Er wisse natürlich, dass Roland Kuster nicht alleine verantwortlich ist. Dennoch:
Es gibt da aber noch einen anderen Grund, warum sich Bodmer eine Veränderung für das 21’000-Einwohner-Dorf wünscht: «Wettingen hat seit über 50 Jahren einen Mitte-Ammann. Jahrzehntelang hat die CVP alles alleine bestimmt», weil sie auch die absolute Mehrheit im Einwohnerrat besessen habe. Doch das habe sich inzwischen geändert, der Wähleranteil sei stark gesunken. So verlor die Mitte an den Wahlen im Herbst zwei von zwölf Sitzen und hat ab 2022 noch zehn inne. Ursi Depentor, Ortsparteipräsidentin der Mitte, betonte jedoch kurz nach den Wahlen, dass man mit zehn Sitzen nach wie vor die stärkste Partei in Wettingen sei.
Bodmer wählt Andrea Bova aber auch, «um ihm Mut zu machen, den Krebs zu besiegen und in vier Jahren wieder anzutreten». Die beiden Steuerexperten kennen sich seit Anfang 2020 persönlich. Sie sind Gründungsmitglieder der IG Attraktives Wettingen, deren Präsident Bova noch immer ist. Sie kamen über Facebook miteinander in Kontakt, als in Wettingen eine Steuerfusserhöhung um 5 auf 100 Prozent anstand, die keiner von beiden goutierte.
Sie fanden mit GLP-Einwohnerrat Orun Palit und SVP-Einwohnerrat Martin Fricker weitere Mitstreiter, um gemeinsam gegen die Erhöhung anzukämpfen. Das klare Ergebnis an der Urne im Februar 2020 schreibt sich die IG ihren Bemühungen auf die Fahne: 73 Prozent stimmten da gegen das Budget und die Steuerfusserhöhung.