
Unsere Bilder des Jahres – Die Redaktion zeigt die Fotos, die sie 2017 bewegten
Bruno Muntwyler, Chefredaktor Wiggertaler
Den Hut hebe ich vor dem 65-jährigen Berner Bergbauern Armin Capaul. Der Bündner lebt weit hinter Moutier im Berner Jura, 930 m.ü.M. – Bekannt geworden ist der Stumpenraucher durch seine Hornkuh-Initiative, über die das Volk vermutlich im Herbst 2018 abstimmen kann. – Schweizweit haben 90 Prozent aller Rinder keine Hörner. Dabei zieren sie immer noch jede Milchpackung, das Wappen wie den Uristier und im Herbst lancierte die Post gar eine Sonderbriefmarke «Schweizer Kuh», notabene mit Hörnern. – Im September wurde Bergbauer Capaul von Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann empfangen. – Capaul will ein Versprechen einzulösen, das er seinen Kühen abgegeben hat. Obwohl das Komitee kaum Geld zur Verfügung hatte, sind die 150 000 Unterschriften zusammengekommen. Fazit: Es sollte definitiv mehr Capauls geben …

Emiliana Salvisberg, Redaktorin
Der Himmel ist stahlblau, die Sonne brennt – ideales Badewetter. Überall, nur nicht in Rothrist. Der Sprung ins kühle Nass blieb diese Saison nicht nur mir verwehrt – und bleibt es auch nächsten Sommer. Ende März schloss das Hallenbad für immer. Das 43 Jahre alte Gebäude weicht einem Neubau mit fünf Schwimmbahnen. Anfang Juli fingen die Abrissbagger an, sich ins Gemäuer zu fressen. Bei meinem Augenschein, knappe zwei Wochen später, erinnerte nichts mehr an das Becken mit den drei Bahnen, die Rutschbahn, die Umkleidekabinen und das Café. Einzig ein Teil der Sauna Ost stand noch trutzig da. Die Spiegelung des Abbruchgebäudes im Wasser des Freibadbeckens hatte für mich einen Augenblick lang etwas Malerisches. Doch die scheinbare Idylle durchbrach der knatternde, malmende Abbruchlärm. Das Umbiegen der zerkleinerten Wände wirbelte auf dem trockenen Gelände Staub auf. Passend zum heiss diskutierten Neubau, der schliesslich ein klares Ja erhielt. Nun heisst es sich gedulden – bis Anfang April 2019 zur Neueröffnung.

Beat Kirchhofer, Politik/Analysen
Bis zum 23. August war Bondo im Südbündner Bergell ein schönes und stilles Dorf. Schlammlawinen haben den Gebirgsort, dessen knapp 200 Bewohner während einiger Wintermonate ohne Sonnenlicht im Schatten der Berge leben, ins Scheinwerferlicht der Medien gerückt – der Name Bondo ist zum Symbol für sich zuspitzende Risiken in der Ära des Klimawandels geworden. Die Analyse der Experten ist eindeutig: Durch die Erwärmung schmilzt der Permafrost, der den Piz Cengalo bisher stabilisiert hat. Gleichzeitig gibt es Wassereinschlüsse, die im Winter Bergstürze auslösen, wenn sie gefrieren. Ob man mit noch grösseren und teureren Hochschutzmassnahmen Sicherheit schaffen kann?

André Widmer, Ressortleiter Luzern
Nach 26 Jahren mussten Emilie und Astrid Etter (auf dem Bild mit Kater Merlin) aus dem Chalet Abendruh in Reiden ausziehen. Das Kleinod mit liebevoll gepflegtem Umschwung hatte nach den Plänen des Eigentümers einem Mehrfamilienhaus zu weichen, welches derzeit noch im Bau ist. Mutter und Tochter Etter brauchten einige Zeit, um ein adäquates neues Daheim in Reiden für sich und die Katzen zu finden. Für mich eine Geschichte, die zweierlei symbolisiert. Einerseits den erzwungenen Verlust einer lieb gewonnenen Heimat. Und andererseits aber auch den Wandel, den viele Gemeindezentren in der Schweiz durchmachen: Den Abbruch von Gebäuden, die den Dörfern eine Identität gaben und im Namen der Verdichtung ersetzt werden durch neue, gleichförmig wirkende Mehrfamilienhäuser, die den Siedlungsbrei vergrössern.

Philippe Pfister, Chefredaktor ZT-Newsroom
Ein verschwommenes, auf den ersten Blick nichtssagendes Bild mit einem bärtigen Mann in der Mitte. Elvis-Fans wie ich schauten erst gebannt, dann verärgert drauf: Es soll den King zeigen, der angeblich nicht am 16. August 1977 gestorben sein soll, sondern irgendwo auf der Welt noch lebt. Das Bild kursierte auf unzähligen Newsportalen. Gut, wenn seine grossartige Musik weiter lebt. Dem King selbst wäre endlich die verdiente Totenruhe zu gönnen.

Michael Wyss, Leiter Sportredaktion
Ich habe 2017 eine jahrhundertealte Sportart neu kennengelernt. Während sechs Monaten durfte ich den Uerkner Spitzenschwinger Patrick Räbmatter durch die Saison begleiten. Auf seinem Weg an den Unspunnen-Schwinget in Interlaken habe ich einen detaillierten Einblick in seine Trainingsmethoden, seine schwingerischen Fähigkeiten, sein berufliches Umfeld und sein Privatleben erhalten. Ich habe miterlebt, wie der 26-jährige «Eidgenosse» einen Rückschlag nach dem anderen einstecken musste und trotzdem seine Zuversicht nie verloren hat. Das Bild stammt von seinem Comeback nach siebenwöchiger Verletzungspause Anfang August auf dem Homberg. Wenige Wochen später erreichte «Räbi» am Unspunnen-Schwinget den starken fünften Rang.

Sara Thenen, Produzentin
Ganz ehrlich: Naturschauspielen schaue ich extrem gerne zu, ich finde sie wahnsinnig faszinierend. Im September hat sich ein besonders seltenes gebildet. In kurzer Zeit haben sich über dem Atlantik gleich drei Hurrikans geformt. Für die Bewohner eine Schreckensmeldung, haben sie doch noch nicht einmal die Schäden des letztjährigen Hurrikans behoben. Auf der Insel Grand Bahama mochte dieser selbst die grossen Hotelkomplexe stilllegen. Die Insel gleicht seither einer Geisterstadt. Die Bewohner müssen sich mittelfristig wohl eine andere Einkommensquelle suchen. Denn mit weniger Naturkatastrophen können sie in Zukunft kaum rechnen. Wie lange habe ich wohl noch das Privileg, Naturkatastrophen unbeteiligt zuschauen zu können?

Melek Sarikurt, Chefproduzentin
17 Jahre ist es her. Völlig aufgelöst eilte ich, damals Praktikantin beim ZT, zurück ins Büro in die Altstadt von Zofingen. Den Fuss verstaucht, den Tränen nahe. «Es tut mir leid, aber ich bin gestürzt und dabei ist mir deine Kamera aus den Händen gefallen und kaputt gegangen», beichtete ich Kurt «KBZ» Blum. Seine Sorge galt in diesem Moment aber mehr mir als der Kamera. Er erkundigte sich, ob es mir gut gehe und meinte dann: «Mach dir ja keine Sorgen! Als Journalistin gehört die Kamera zu deinen Werkzeugen, da kann so etwas schon einmal passieren.» – Lektion 1 von KBZ gelernt, viele weitere sollten folgen. KBZ war leidenschaftlicher Journalist und stolz auf seinen Beruf. Auch das habe ich von ihm. Oft war er – dank seines immensen Wissens – Anlaufstelle, wenn wir etwas nicht wussten, unser «Kurt-ipedia» halt. Im November ist er verstorben. KBZ, du fehlst.

Patrick Furrer, Redaktor Region
Aarburg steht oft mit kritischen Schlagzeilen im Rampenlicht. Doch obwohl es durchaus streitige Themen gibt, entwickelt sich die Stadt auch positiv. Dieses Potenzial hat beispielsweise die Dachfensterherstellerin Velux erkannt, die ihren Geschäftssitz nach Aarburg verlegt. Schon fast visionär erscheinen einem die Sportkletterer, die am Wiggerspitz ein Ausbildungszentrum realisieren möchten. Und dann findet seit Jahren das grosse Doppelfestival Route 66/Riverside statt, das den Namen Aarburg kulturell-positiv in die Schweiz hinausträgt. Sinnbildlich für ein «tierisches», aber mit vielen bunten Facetten geschmücktes Aarburg steht dieses Foto: ein Hund im Oldtimer – einer von 51 000 Gästen am diesjährigen Route 66.

Melanie Gamma, Redaktorin Sport
23 Minuten dauerte das Interview, das wir im Juli mit Clint Capela im Zofinger Rathaus führen durften. Wir – das waren nebst mir eine Handvoll Journalisten von nationalen Medien. Alle wollten die seltene Gelegenheit nutzen für ein «Gespräch» mit dem Genfer Basketballer, der in der NBA bei den Houston Rockets spielt. Ein Fotoshooting verweigerte Clint Capela, der im Zuge seines Engagements im Land der unbegrenzten Möglichkeiten Starallüren «gelernt» hat. So blieb es für mich, und für die extra aus Zürich und Bern angereisten Fotografen, bei Bildern wie diesem. Aber immerhin.

Philipp Muntwiler, Produzent
Am 6. Dezember feierte Finnland, das zu meinen Lieblingsferiendestinationen zählt, seinen 100. Geburtstag. Auf meinem Bild des Jahres ist zu sehen, wie der Lichtkünstler Kari Kola am 4. Dezember den Berg Saana bei Kilpisjärvi in Lappland zur 100-Jahr-Feier in den finnischen Nationalfarben erleuchtet. Und als himmlische Zugabe ist auf diesem Bild auch noch das Nordlicht (aurora borealis) zu sehen. Nach der Unabhängigkeitserklärung vom 6. Dezember 1917 wurde das Land zum ersten Mal in seiner Geschichte nicht mehr von seinen Nachbarn beherrscht. Bis 1809 war es Teil des Königreichs Schweden, danach hatten die russischen Zaren in Sankt Petersburg das Sagen über das von Wäldern und Seen geprägte Gebiet im Norden Europas. Als im Zuge der Oktoberrevolution 1917 die Bolschewiki in Russland die Macht ergriffen, erklärten die Finnen mit Billigung Lenins ihre Unabhängigkeit vom Russischen Reich. In einem kurzen Bürgerkrieg zwischen sozialistischen Roten und bürgerlichen Weissen behielten letztere die Oberhand – Finnland wurde 1919 Republik, nachdem für kurze Zeit ein deutscher Adliger als König in Betracht gezogen wurde. Doch nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg wollte dieses Vorhaben niemand ernsthaft weiterverfolgen.

Ronnie Zumbühl, Redaktor Luzern
Dieses Auto sorgt für Lacher. Auch bei mir, deshalb musste ich es auch fotografieren. Das Gute dabei ist: Die Lenkerin oder der Lenker dieses Gefährts weiss, dass sie oder er ein komisches Fahrzeug fährt, anders kann ich mir den Kleber des Sportauspuffherstellers auf der Heckscheibe nicht erklären. Ein bisschen doofer ist es, wenn Lenkerinnen und Lenker eines Fahrzeugs nicht merken, dass sie da ein saukomisches Auto durch die Gegend führen. Das Phänomen kennt man eigentlich schon seit Jahrhunderten vom dänischen Märchen «Des Kaisers neue Kleider». Darin getraut sich niemand zu sagen, dass der Kaiser gar keine Kleider anhat. Auf die heutigen Begebenheiten umgemünzt: Niemand getraut sich zu sagen, dass diese SUVs, die jetzt jeder Autohersteller vom Stapel lässt eigentlich ziemlich geschmacklose Dinger sind.

Rahel Wirz, Volontärin Region
Eine Schar aufgestellter Erstklässler aus Oftringen half im August der Regionalpolizei Zofingen bei der Fahrzeugkontrolle. Das Motto lautete «Rad steht, Kind geht». Wie Profis überprüften die Kinder die Nummernschilder. Bei so viel Niedlichkeit konnten die angehaltenen Lenker nur lächeln. Allfällige Bussen zahlten die meisten direkt in bar. Eine solch angenehme Kontrolle gibt es wohl auch für die Polizei selten, beinahe wie im Traum. So geduldige Autofahrer habe ich zuvor noch nie gesehen.

Katrin Freiburghaus, Redaktorin Region
Ob Akademiker, Banker oder Handwerker: Die Arbeitslosigkeit kann jeden von uns treffen. Ein Unternehmen, dass sich den Menschen annimmt, die plötzlich ohne Perspektive da stehen, ist die Stiftung Wendepunkt. Anfang November durfte ich mir am Standort in Rothrist selber ein Bild von der Sozialunternehmung machen. Nebst der Unterstützung beim Zusammenstellen der Bewerbungsunterlagen erhalten Stellensuchende, Sozialhilfeempfänger und Asylsuchende unter anderem die Möglichkeit, Tätigkeiten zu verrichten. Für viele Betroffene bedeutet dies ein Lichtblick im Dunkeln. Es ist schön, dass die Stiftung Wendepunkt den Menschen in den Mittelpunkt stellt und sich für dessen soziale und berufliche Förderung einsetzt.

Marco Nützi, Produzent
Es ist geschafft. Erst zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte zieht der FC Basel in die Achtelfinals der Champions League ein. Damit gehört der FCB zu den 16 besten Mannschaften dieser Saison. Sinnbildlich für diese Topleistung ist für mich der Sieg in der Gruppenphase gegen Benfica Lissabon. Mit 5:0 schickten die Basler die Mannschaft aus Portugal nach Hause. Im Joggeli durfte ich viele tolle Momente erleben, der Sieg gegen die Portugiesen gehört jedoch zu meinen schönsten.

Caroline Kienberger, Redaktorin Region
Extremschwimmer Jürg Ammann durchquerte im Juli den Thuner- und den Brienzersee. Der Verpackungsexperte aus Erlinsbach sammelte mit seiner Aktion Spenden für die Stiftung azb in Strengelbach. Rund sechs Stunden benötigte er für die 16 Kilometer lange Strecke von Interlaken nach Thun. Den 14,85 Kilometer langen Weg von Interlaken nach Brienz schafft er in fünfeinhalb Stunden. Das Wasser in den Seen schwankte zwischen 14 und 18 Grad. Jürg Ammann verzichtete auf einen Neoprenanzug. Ein Freund begleitete ihn im Kayak, versorgte ihn unterwegs mit Tee und Energy-Riegeln. Im Dezember konnte er dem azb den Spendencheck überreichen. 1570 Franken waren zusammengekommen.

Pascal Kamber, Redaktor Sport
Schweizer Rekord im Siebenkampf und Speerwurf, Junioren-EM-Silber und Platz elf bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in London: Was Géraldine Ruckstuhl im Jahr 2017 auch anpackte, es funktionierte. Umso beeindruckender war für mich die Begegnung mit der 19-Jährigen in ihrem Wohnort Altbüron. Trotz ihren Erfolgen ist Ruckstuhl auf dem Boden geblieben, ihre sympathische Art wirkt sehr ansteckend. Chapeau!

Raphael Nadler, Stv. Chefredaktor
Im August dieses Jahres erfüllte ich mir einen lang gehegten Traum und bestieg zusammen mit meinem besten Freund, seiner Frau und zwei weiteren Seilschaften den Piz Palü im Engadin. Das Gefühl, auf dem 3900 Meter hohen Gipfel zu stehen, war unbeschreiblich schön. Was wir aber während dem Auf- und dem Abstieg auf dem Persgletscher erlebten, hinterliess bei mir viel grössere Eindrücke. Wir stiegen durch haushohe Gletscherbrüche dem Gipfel entgegen und überquerten auf dem Rückweg eine schmale Schneebrücke (im Bild) über eine rund sechs Meter breite und über zehn Meter tiefe Gletscherspalte. Hier wurde mir nicht nur richtig mulmig, sondern auch unvermittelt vor Augen geführt, wie schnell und unaufhaltsam unsere Gletscher dahinschmelzen. Wie viel die seit Jahren stetig an Tempo zunehmenden Gletscherschmelzen mit dem Klimawandel zu tun haben, kann ich nicht beurteilen. Es zeigt aber überdeutlich auf, dass es höchste Zeit ist, dass wir zu unserer Natur mehr Sorge tragen müssen. Die Natur gehört nicht uns allein. Auch unsere Kinder und ihre Nachkommen haben Anrecht darauf, unsere Erde in voller Blüte miterleben zu dürfen.
