
Unsere Bilder des Jahres: Die Redaktion zeigt die Fotos, die sie 2019 bewegten
Michael Wyss, Ressortleiter Sport
In etwa so muss es sich anfühlen, wenn man zum ersten Mal einen fremden Planeten betritt. Unendliche Weiten, Kargheit, Stille. Schon vor der Einfahrt und dann auch immer wieder innerhalb des Death Valley in Kalifornien und Nevada stehen Schilder, die vor Wasser- und Benzinknappheit warnen. Das Tal des Todes liegt in der Mojave-Wüste und ist der trockenste Nationalpark der USA. Weil sich zeitweise der Verkehr in engen Grenzen hält und das Mobilnetz gewisse Lücken aufweist, ist es nicht ratsam, eine Autopanne oder gar einen Unfall zu haben. Es könnte die oder der letzte sein. Vielleicht liegt es zum Teil auch an der Gefahr, dass mich die Fahrt von Los Angeles nach Las Vegas derart fasziniert hat. Am meisten beeindruckt aber hat mich die Unwirklichkeit. Schon lange habe ich mir gewünscht, einmal am Steuer sitzend auf diesen Strassen zu fahren, die kein Ende zu nehmen scheinen. Und meine Erwartungen wurden sogar noch übertroffen. Immer wieder sind wir an die Seite gefahren und haben die verschiedensten Farben und Formen der Landschaft auf uns wirken lassen. Irgendwie passte es schliesslich auch, dass die Reise in Las Vegas, der unwirklichsten Stadt der Welt, endete.

Melanie Gamma, Redaktorin Sport
Selbst im Schatten ist es 37 Grad heiss an jenem Sonntag. Ich kauere in Aarburg im Bornwald, bewaffnet mit Fotokamera und iPhone, um vom 1000er-Stägli-Lauf zu berichten. Dann erscheint auf dem Display die Warnung: «Blitz ist deaktiviert. Das iphone muss abkühlen, bevor der Blitz benutzt werden kann.» Heiss wird es auch den Feuerwehrmännern aus Aarburg und Seengen. In Atemschutz-Vollmontur mit feuerfester Hose, Jacke, Handschuhen, Stiefeln und Helm sowie 15 Kilo schwerer Sauerstoffflasche auf dem Rücken bestreiten sie den 1000er-Stägli-Lauf. Die 1150 Stufen und 244 Höhenmeter meistern sie innert 20 Minuten. Ich ziehe den Hut vor ihrer Leistung auf der Bornstiege – und vor ihrem Grosseinsatz, wann immer es irgendwo brennt und heisser ist als 37 Grad im Schatten.

Larissa Hunziker, Redaktorin Region
Diese Kartoffel sieht ganz normal aus. Und trotzdem ist sie nicht im Regal eines Detailhändlers gelandet, wie es ihr bestimmt gewesen wäre. Schuld daran ist der kleine schwarze Fleck auf ihrer linken Seite. Dort haben sich Drahtwurmlarven an der Knolle gütlich getan, als diese noch im Boden war. Die Kartoffel sieht deshalb nicht makellos aus, ist aber trotzdem fein. Bio-Bauer Walter Maurer aus Kölliken wollte aber nicht auf den 15 Tonnen Kartoffeln sitzenbleiben. Mit einem jungen Kollegen machte er auf Facebook Werbung für einen Hofverkauf. Ein voller Erfolg: Maurer konnte restlos alle Kartoffeln unter die Leute bringen. Das beweist, dass nicht nur das Aussehen zählt – auch bei Kartoffeln.

Marco Nützi, Produzent
Bei meiner Reise nach Brasilien im Oktober habe ich es wieder festgestellt: Egal wo man hingeht, Fussball wird überall gespielt. Vier Tage unserer Reise verbrachten wir abgelegen im Amazonas-Regenwald. Von Manaus aus, der Hauptstadt des Bundesstaates Amazonas, waren es zwei Stunden Fahrt flussaufwärts mit dem Speedboot. Es gab keinen Mobilfunkempfang und schon gar kein Internet. Im Amazonas besuchten wir mit einem kleinen Motorboot auch ein «Dschungel-Dorf» mit aktuell 60 Einwohnern, die alles selber aufgebaut haben. Im Dorf gibt es eine kleine Bar, eine Kirche, ein paar Häuser und, wie es sich in Brasilien gehört, auch zwei «Fussballplätze». Ja, richtig: zwei Fussballplätze für 60 Einwohner. Zugegeben: Die Plätze waren mehr Wiese als ein schöner Fussballrasen. Und trotzdem haben die Dorfbewohner auf diesen Feldern Tore und Sitzbänke aufgestellt. Ihre Begeisterung für Fussball war kaum zu übersehen und ansteckend. Mit den Kindern konnte ich mich leider nicht verständigen, da ich kein Portugiesisch spreche. Zum Glück braucht man zum Kicken aber keine Worte, denn Fussball ist eine eigene Weltsprache.

Philippe Pfister, Chefredaktor ZT/LN
An welchen Bildern bleibt man hängen, wenn man sich durch die Handyfotos des letzten Jahres klickt? Das Bild mit den Schwänen ist so ein Stopper. Ein schnell aus der Hüfte geschossenes Handybild. Und trotzdem hält es für mich einen magischen Augenblick fest, in dem die Zeit stillzustehen scheint. Es erinnert mich daran, dass das Paradies nicht zwölf Flugstunden entfernt ist, sondern vor der Haustüre liegt – in diesem Fall am Zürichsee, in dem ich dieses Jahr öfters geschwommen bin. Familie Schwan ist mir dabei immer wieder begegnet, sie scheint das blitzsaubere Wasser ebenso zu schätzen wie ich. Allerdings war es für mich wie schon 2018 dann und wann zu warm – ein spürbares Zeichen, dass der Klimawandel das Land wohl schon fester im Griff hat, als wir denken.

Pascal Kamber, Redaktor Sport
Es ist DAS Highlight für jede Turnerin und jeden Turner: das Eidgenössische Turnfest. Nur einmal alle sechs Jahre trifft sich die ganze Schweiz, um während zehn Tagen den grössten Breitensportanlass des Landes gemeinsam zu zelebrieren. Im vergangenen Juni war das in Aarau der Fall: Über 69 000 Turnerinnen und Turner sowie 200 000 Zuschauerinnen und Zuschauer strömten für die 76. ETF-Ausgabe in den Schachen. Wie schon 2013 in Biel hatte ich die Ehre, das «Eidgenössische» aus zwei Blickwinkeln mitzuverfolgen. Einerseits versuchte ich, bei grosser Hitze tolle Schnappschüsse und aussagekräftige Stimmen von Teilnehmenden aus der Region Zofingen einzufangen. Eine Woche später stand der zweite, nicht minder intensive Wettkampf-Einsatz mit dem «eigenen» Turnverein auf dem Programm. Ob beruflich oder privat: Geblieben ist mir die Freude und das Lachen der Turn-Familie. Dabei sein ist alles – der olympische Gedanke kommt im Breitensport bei den meisten an erster Stelle. Auch – nein, vor allem deshalb freue ich mich schon jetzt auf Lausanne 2025.

Remo Wyss, Redaktor Region
Während den Hitzetagen in diesem Sommer war es eine wahre Wohltat in die Badi, einen See oder die angenehm temperierte Aare zu hüpfen. Ein kurzer Aareschwumm nach dem Feierabend – göttlich. Schwieriger dürfte es sich gestaltet haben, einem Tier die artgerechte Abkühlung zu gewähren. Noch schwieriger, wenn es gleich weit über 50 Tiere unterschiedlichster Art sind. So hatten die Betreuerinnen im Safenwiler Tierasyl Waldheim beide Hände voll zu tun, den Katzen, Hunden, diversen Vögeln, Pferden und all den anderen Tieren die heissen Tage etwas angenehmer zu gestalten. Manchmal ist einfach Kreativität gefragt. Bei meinem Besuch assen etwa die Edelschweine genüsslich schmatzend gefrorene Wassermelonen – natürlich im Schatten, um keinen Sonnenbrand zu erhalten. Als wahre Wasserratten stellten sich die Alpakas heraus, die am liebsten in ein Kinderbecken sitzen und mit dem Schlauch abgespritzt werden.

Emiliana Salvisberg, Redaktorin Region
Immer noch bewegt bin ich von meinem Selbstversuch in der Rothrister Arbeits- und Wohngemeinschaft Borna. Im Rahmen der Sommerserie «Mein erstes Mal» erfuhr ich, wie es sich anfühlt, blind zu sein. Mit verbundenen Augen entdeckte ich meine Umwelt und teilweise mich selbst neu. Hilfreich stand mir die mittlerweile pensionierte Lehrerin für Orientierung und Mobilität, Ursula Winter (rechts), zur Seite. In der Bürstenmacherei zeigte mir Gruppenleiterin Saskia Bröchin (links) alle Schritte, die es für die Herstellung eines Handbesens braucht. Die Herzlichkeit, der Humor und die Direktheit klingen nach. Mir wurde bewusst, dass jeder Mensch die Welt auf seine ganz eigene Weise wahrnimmt. Viel wichtiger ist, wie es schon Antoine de Saint-Exupéry im «Der kleine Prinz» auf den Punkt gebracht hat: «Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.»

Lilly-Anne Brugger, Stv. Chefredaktorin
Am 14. Juni war Frauenstreik. Auch in Zofingen. In der Markthalle kamen die Frauen zusammen zum Zmittag, das von den SP-Männern gekocht wurde, malten Transparente und hörten Streikreden. Danach fuhren sie gemeinsam nach Aarau für die Kundgebung auf dem Schlossplatz. Das Foto entstand auf dem Bahnhof Zofingen kurz vor der Abfahrt mit dem Nazeli. Der Frauenstreik war ein Erfolg – nicht nur, weil in Zofingen das Risotto nicht für alle Anwesenden gereicht hat. Mit den National- und Ständeratswahlen im Herbst zog eine grüne, weibliche Welle über die Schweiz. Ob es so viele Frauen auch ohne den Frauenstreik ins Parlament geschafft hätten? Ich weiss es nicht. Geschadet hat der Frauenstreik aber sicher auch nicht.

Bruno Muntwyler, Chefredaktor Wiggertaler
Bei der Wahl meines Bildes schwankte ich zwischen dem kürzlich verstorbenen Köbi Kuhn, einem meiner Fussballeridole, und Heinz Senn, Vorbild für die Arbeits- und Unternehmerwelt. Ich entschied mich für die Oftringer Persönlichkeit. Heinz Senn verschied nach einem reich erfüllten Leben am 16. April im 91. Lebensjahr. In seinem letzten Interview anlässlich des 60-Jahre-Senn-Jubiläums im Sommer 2017 sagte der damals 88-jährige Firmengründer: «Ich komme so lange zur Arbeit, wie ich kann.» Seit dem 16. April geht er definitiv nicht mehr zur Arbeit – die Landschaft ist seither um einen Unternehmer und Menschen mit Stil, Weitsicht und Pioniercharakter ärmer geworden. Als diplomierter Schlossermeister gründete Heinz Senn am 1. Januar 1957 in einer Scheune im Gländ Rothrist seine eigene Werkstatt. Den Traum der eigenen Werkstatthalle konnte der Pionier 1960 am heutigen Firmensitz in Oftringen realisieren. Rund 300 Angestellte finden heute Arbeit und Verdienst. 2017, anlässlich des 60-Jahre-Jubiläums der Firma Senn, meinte Heinz Senn im gleichen Interview: «Der Begriff Tellerwäscherkarriere passt mir nicht. Ich habe Schlosser gelernt und die Meisterprüfung gemacht.» Über 60 Jahre später ist aus der Einmann-Schlosserei ein bedeutender regionaler Arbeitgeber mit verschiedenen Betätigungsfeldern geworden. Mit Heinz junior, Jörg und Beat stehen drei der fünf Kinder von Heinz Senn im Unternehmen und arbeiten an seinem Lebenswerk. Bereits sind Vertreter der dritten Generation im Unternehmen tätig. Wer den verstorbenen Patron kannte, wird ihn nie vergessen.

Katrin Petkovic, Redaktorin Region
«Klimajugend» ist Deutschschweizer Wort des Jahres 2019. Selten vergeht ein Tag, an dem wir nichts über die Erderwärmung oder Klimademonstrationen lesen. Dieses wichtige Phänomen, das bei allen Politikern und uns höchste Priorität geniessen sollte, schien die Fans von Formel-1-Pilot Kimi Räikkönen nicht zu interessieren. Als der «Iceman» am 7. Oktober die Oftringer Shell-Tankstelle besuchte, feierte man ihn, weil er pro Jahr in 20 verschiedenen Orten über mehrere Tage verteilt unzählige Runden mit seinem schnellen schmucken Rennauto fährt. Dass die Formel 1 im Schnitt jährlich den zehnfachen CO2-Ausstoss einer deutschen Kleinstadt hat, schien damals niemanden zu interessieren.

Beat Kirchhofer, Politik/Analyse
Ein KKW-Ausstieg und ein Umsatteln auf Solarenergie ist in der Schweiz, die rund 60 Prozent ihrer Stromproduktion aus der Wasserkraft schöpft, rein rechnerisch kein Problem. Deutschland hat das ja geschafft. Eine Riesensumme an staatlich subventionierten Photovoltaikanlagen liefern an einem sonnigen Sommertag mehr Strom, als im Netz benötigt wird. Was aber, wenn abends die Sonne untergeht? Wie heizen wir unsere Häuser CO2-neutral? Mit Wärmepumpen? Die beziehen zu 20 Prozent ihre Energie aus dem Stromnetz, das nachts auf Importe angewiesen sein wird. Fakt ist, dass Europa sehr viele Kraftwerke am Netz hat, die mit Kohle betrieben werden – insbesondere Polen schert sich nicht um das Weltklima.
