
Verkauf von Möbel Pfister beunruhigt Alt-Gemeindepräsident: «Bei dem Gedanken wird mir unwohl»

Den grossen Wandel erlebte Möbel Pfister in den Sechzigerjahren. 1963 hatte Fritz Gottlieb Pfister das Verwaltungsratspräsidium nach fast 50 Jahren seinem engsten Mitarbeiter, Edy Burkhardt, übergeben. Unter Burkhardt wurde aus dem Möbelhaus in ein Einrichtungshaus. Neu wurden auch Leuchten, Heimtextilien, Vorhänge und Teppiche (mit Direktimport von Orientteppichen) verkauft.
Das Möbelhaus selbst war damals bereits über 80 Jahre alt. Gegründet von «Trödler, Bettwaren- und Möbelhändler» Johann Jakob Pfister in Basel anno 1882, wurde 1939 das neue Fabrik- und Verwaltungsgebäude in Suhr eröffnet. 1941 wurde auch der Hauptsitz von Basel nach Suhr verlegt. Die Wahl war kein Zufall: Pfister ging da hin, wo sich die Verkehrsachsen schneiden.
1971 ist das Unternehmen zu einem nationalen Einrichter mit 25 Filialen herangewachsen. «Es waren die goldenen Jahre für Pfister», erinnert sich Beat Rüetschi (Suhrer Gemeindepräsident von 1998 bis 2017). «Samstag für Samstag kam die halbe Schweiz nach Suhr gerollt.» Pfister macht explizit Werbung mit seinen «1000 Parkplätzen», dank dem Slogan «Suhr ist eine Reise wert» kennt die ganze Schweiz die 7000-Seelen-Gemeinde.
«Suhr und Pfister, das war eins», sagt Rüetschi. Nicht nur Patron Burkhardt wohnte an der Bachstrasse in Suhr, auch das Kader kam aus dem Dorf oder den umliegenden Gemeinden. «Allesamt gute Leute, die sich voll und ganz mit Suhr identifiziert und die Suhr als Hauptsitz immer wieder bestätigt haben», so Rüetschi. Gleiches gelte auch für Burkhardts Nachfolger, unter anderem Charles Gisiger, Heinz Fankhauser, Herbert Gamper und Meinrad Fleischmann.
«Die soziale Verantwortung wurde immer sehr hoch gehalten, das haben auch die Mitarbeiter mit langjähriger Treue goutiert und belohnt», so Rüetschi. Trotz der Nähe Pfisters zu Suhr; Rüetschi erinnert sich auch an die Vorbehalte, die das örtliche Gewerbe gegenüber dem Möbelhaus als Konkurrent hatte. Vorbehalte, die verstummten. Auch, weil Rüetschi es gelang, Pfister in den Gewerbeverein zu holen. Was aber über all die Jahrzehnte blieb, war der Ärger der Suhrer über den Verkehr.
Die Nachricht vom Verkauf des Suhrer Unternehmens lässt Rüetschi nicht kalt. «Mit dem Verschwinden der Konzernleitung verschwindet auch der direkte Draht. Suhr kann nicht mehr mit Entscheidungsträgern reden», sagt er. «Bei dem Gedanken wird mir unwohl.» Ganz zu schweigen von den Zukunftsaussichten bezüglich Steuern; Pfister zählt nach wie vor zu den besten Steuerzahlern im Dorf.
«Da hat mich die Geschichte zu viel gelehrt»
Das Versprechen, wonach der Standort und die Arbeitsplätze erhalten bleiben, nimmt Rüetschi mit wenig Optimismus zur Kenntnis. «Natürlich hoffe ich inständig, dass die Versprechen gehalten werden. Aber da hat mich die Geschichte zu viel gelehrt», sagt er. Als die Franzosen bei «Sprecher + Schuh» kamen, habe es das auch geheissen. «Und jetzt kommen die Österreicher. Für die wird Suhr nicht mehr als ein Punkt auf der Landkarte sein.»