
Verwirrung um Kandidatur: Kommt es zur Kampfwahl ums SVP-Präsidium – oder zieht sich Alfred Heer noch zurück?
Kandidiert er tatsächlich? Oder zieht er sich in letzter Minute zurück? Der Zürcher Nationalrat Alfred Heer sorgt vor der SVP-Präsidiumswahl doch noch für etwas Spannung. Selbst Zürcher SVP-Politiker, die ihn seit langem kennen, sind offenbar im Ungewissen. Auf die Frage, ob Heer kandidiert, hört man von ihnen Antworten wie: «Das wüsste ich auch gern.» Und das notabene einen Tag vor der Wahl.
Seine Interesse für den Posten hat Heer schon lange angemeldet; Ende Januar hat ihn die SVP Kanton Zürich nominiert. Neben dem Aargauer Andreas Glarner war er der einzige, der eine Kandidatur eingereicht hatte. Doch vor drei Wochen zauberte der Parteileitungsausschuss mit dem Tessiner Ständerat Marco Chiesa überraschend einen weiteren Kandidaten aus dem Hut – und schlug ihn als einzigen zur Wahl vor. Offensichtlich hatten die Kandidaturen von Heer und Glarner die Parteispitze nicht überzeugt.
Heers Aussage am «Weltwoche»-Fest
Während Glarner daraufhin seine Kandidatur zurückzog, äusserte sich Heer nicht dazu. Sein Schweigen brach er offenbar diesen Mittwoch: Am Donnerstagabend berichteten die Tamedia-Zeitungen, Heer habe auf Anfrage seine Kandidatur bestätigt. Später wurde der Artikel präzisiert: Heer habe am «Weltwoche»-Fest am Mittwochabend auf die Frage, ob er immer noch kandidiere, gesagt, er habe sich bis jetzt nicht zurückgezogen.
Gegenüber «Blick» kritisierte Heer den Tamedia-Artikel scharf. Dazu, ob er nun antritt oder nicht, wollte er keine Stellung beziehen. Weder Heer noch SVP-Kantonalpräsident Benjamin Fischer waren am Freitagvormittag für CH Media erreichbar.
Beide Optionen sind ungemütlich
Klar ist: Der Ball für den Entscheid liegt bei Heer. Aus der Kantonalpartei heisst es, wenn er kandidieren wolle, werde sie ihn unterstützen. Sie würde ihn den Delegierten also zur Wahl vorschlagen – und es käme zur Kampfwahl. Heers Chancen sind allerdings vernichtend klein. Selbst in der Zürcher SVP ist der Rückhalt bröckelig, Chiesa wird als «ausgezeichneter Kandidat» beschrieben.
Heer habe den richtigen Zeitpunkt für den Rückzug der Kandidatur verpasst, sagen SVP-Nationalräte hinter vorgehaltener Hand. Die beiden Optionen, die ihn nun bleiben, seien beide ungemütlich: Entweder er zieht sich kurz vor der Wahl zurück – oder er stellt sich der Wahl und kassiert an der Delegiertenversammlung eine Niederlage.
Der erste Rückzug in letzter Minute
Heer bringt als ehemaliger Fraktions- und Parteipräsident des Kantons Zürich zwar viel Erfahrung mit, gilt aber nicht als Intimus von Christoph Blocher und als schwer steuerbar. Zudem sehen manche lieber einen Jüngeren als Parteipräsidenten als den 58-jährigen Heer.
Es wäre nicht das erste Mal, dass Heer sich wortwörtlich in letzter Minute zurückzieht: Im November 2017 hatte er für das Fraktionspräsidium kandidiert. Er trat damals gegen den Zuger Thomas Aeschi an. Doch während der Fraktionssitzung zog er seine Kandidatur überraschend zurück. Das habe viele verärgert, heisst es aus der Partei, insbesondere Zürcher und Westschweizer Politiker, die ihn unterstützt hatten. Diese Aktion werde ihm nun zum Verhängnis.
Gut möglich, dass es erneut eine ähnliche Aktion gibt. Denn Heer hatte verschiedentlich seine Ambitionen auf das Amt relativiert. Im Februar sagte er gegenüber Radio SRF: Das Amt als Parteipräsident sei «nicht etwas, das ich anstrebe oder suche». Ihm gehe es darum, die grossen Herausforderungen der Schweiz anzugehen. Und weiter: Wenn die Findungskommission «mich als ungeeignet beurteilen sollte, bricht für mich keine Welt zusammen».