Von «Sieg der Ignoranz» bis «keine Alternative»: Wie die Welt auf das Schweizer Burkaverbot reagiert

Wie reagieren Medien weltweit auf das Ja zur Burka-Initiative vom Sonntag in der Schweiz? Der «Financial Times» ist die Abstimmung ein ausführlicher Bericht Wert. Einerseits betont sie dabei den Umstand, dass die Vorlage «trotz des Widerstands des Bundesrats und der muslimischen Gemeinde» vom Volk knapp angenommen worden ist. Schweizer Touristiker würden sich nun um den Verlust von wohlhabenden und wichtigen Gästegruppen aus dem Ausland Sorgen machen.

Andererseits klärt die Tageszeitung aus London ihre Lesenden auf: «Die rechtspopulistische Schweizerische Volkspartei – die grösste politische Partei in dem wohlhabenden Alpenland – hat sich vehement für die Massnahme eingesetzt, die sie als Haltung gegen religiösen Extremismus und den politischen Islam darstellt.» Dass aber auch die Mehrheit der Kantone Ja gesagt habe, zeuge vom breiten Rückhalt des Anliegens. Und noch etwas erwähnt die «Financial Times» mit etwas Verwunderung: «Die Wähler stimmten gleichzeitig auch knapp für ein Freihandelsabkommen mit Indonesien, dem bevölkerungsreichsten muslimischen Land der Welt.»

BBC News berichtet ebenfalls ausführlich über die Schweizer Verhüllungsverbots-Abstimmung. «Am Ende ist das Verbot nur knapp durchgekommen», hält das britische Medienhaus dabei fest. Und die Korrespondentin beschreibt, wie Frauen, die im Vorfeld gefragt wurden, ob sie das Verbot unterstützen würden, regelmässig mit der Schweizerischen Wortkreation «Jein» geantwortet hätten. «Die knappe Abstimmung in der Schweiz war wohl auch ein ‹Jein›», so das Fazit der BBC-Korrespondentin zum umstrittenen Urnengang.

Hart ins Gericht mit der Schweiz geht dagegen der «Spiegel»: «Ein Sieg der Ignoranz», überschreibt das deutsche Nachrichtenmagazin seine Analyse zum Abstimmungssonntag. «Das Ergebnis ist verheerende Symbolpolitik gegen Muslime: Es stärkt eingewanderte Frauen nicht – und könnte zu Radikalisierung führen.» Doch hätten auch «manche Linke» für das Zustandekommen der Burka-Initiative stimmen müssen, analysiert die Korrespondentin das knappe Resultat.

Der ARD-Korrespondent erinnert in seinem ausführlichen Beitrag daran, dass Hygienemasken, Töffhelme oder ins Gesicht gezogene Halstücher sowie Fasnachtsverkleidungen in der Schweiz weiterhin erlaubt blieben. «Sonst aber soll im öffentlichen Raum Gesicht gezeigt werden.» Das, so folgert der deutsche Rundfunkverbund, sei Tradition in der Schweiz respektive fördere die Kriminalitätsbekämpfung und die Gleichberechtigung der Frauen.

In Österreich wiederum begrüsste Frauen- und Integrationsministerin Susanne Raab am Sonntag das Abstimmungsergebnis in der Schweiz. Burka und Nikab hätten den «einzigen Zweck, die Frau durch Verhüllung verschwinden zu lassen», sagte die ÖVP-Politikerin zu einem beispielsweise vom ORF publizierten Bericht der Nachrichtenagentur APA. Die Verschleierung sei «ein Symbol der Unterdrückung der Frau, eine Form der kulturell bedingten Gewalt, die wir in Europa nicht haben wollen», so Raab. Es gebe «keine Alternative» zum Verhüllungsverbot. Wie nun die Schweiz kennt Österreich ein solches schon länger.

Für «Le Monde» haben Herr und Frau Schweizer am Sonntag «in einer weiteren komplizierten Abstimmung über ein sehr emotionales Thema» abgestimmt. So sei der umfassende Themenkomplex Gleichberechtigung im Abstimmungskampf auf die «einfache Frage» einer «Anti-Burka-Initiative» reduziert worden, analysiert die Pariser Tageszeitung. Dabei sei insbesondere die SVP, als einzige grosse Unterstützerin der Vorlage, stark unter Erfolgsdruck gestanden. Dies nachdem sie zuletzt bei Wahlen und Abstimmungen verloren hatte.

Der «Guardian» wiederum erinnert in seinem nüchternen Bericht schlicht daran, dass die Schweiz mit dem Ja vom Sonntag dem Nachbarland Frankreich folge, welches bereits seit 2011 das Tragen einer Vollverschleierung in der Öffentlichkeit verboten hat. Zudem würden in Europa bereits zahlreiche weitere Länder ähnliche Verbote kennen. Nichtsdestotrotz kritisierten muslimische Gruppen in der Schweiz den Schritt, der ihre «Gemeinschaft weiter stigmatisieren und marginalisieren wird», so die linksliberale britische Tageszeitung.