
Wärmeverbund Industriestrasse Wikon: Holz aus den Wäldern fürs Heizen nutzen

Die momentanen Probleme bei der Holzvermarktung haben die Korporation Wikon als grosse Waldbesitzerin deshalb bewogen, die Realisierung einer Hackschnitzelheizung in der Industrie Wikon-Reiden zu prüfen. Die erneuerbare Energie würde in einem Wärmeverbund an der Industriestrasse genutzt. In einer ersten Etappe soll die Industrie Wikon ans Netz angeschlossen werden, in einer zweiten könnte Reiden dazustossen.
Die Korporation Wikon hat 2019 eine Machbarkeitsstudie bei der Firma DM Energieberatung AG aus Brugg in Auftrag gegeben. Fazit: «Die Studie zeigt auf, dass eine solche Heizung genau in unser Industriegebiet Wikon-Reiden passt, wirtschaftlich betrieben werden kann und sich positiv auf die gesteckten Klimaziele auswirken würde», sagte Christof Blättler, Präsident der Korporation Wikon an einer Infoveranstaltung vom Mittwochabend in Wikon. Zu dieser waren alle Industrie- und Gewerbevertreter von Wikon und Reiden eingeladen.
2000 Tonnen CO2 könnten jährlich eingespart werden
Rund 40 Personen, darunter auch Behördenmitglieder der zwei Gemeinden, nahmen teil. Die Korporation informierte mit Fachleuten über das Projekt und warb bei Industrie und Gewerbe fürs Mitmachen. Die Korporation sei ein verlässlicher Partner. Der Wärmeverbund der Korporation arbeite nicht gewinnorientiert, betonte Blättler.
Die geplante Anlage in Wikon wird gegenüber Erdgas rund 2000 Tonnen CO2-Emissionen im Jahr einsparen. Das entspricht 24 Millionen Autokilometern, der Heizung von 650 Einfamilienhäusern – oder 2,5 Flügen Zürich–New York und retour. Zudem werde man unabhängiger von fossilen Brennstoffen.
Tobias Vogel, Abteilungsleiter Raumplanung beim Regionalverband zofingenregio, erklärte, dass das Projekt sich mit der Vision ihrer Energieplanung decke. Bis 2030 sollten 35 Prozent der Strom- und Wärmeversorgung mit erneuerbaren und CO2-neutralen Energien geschehen (eine Verdoppelung gegenüber heute). Bis 2050 werden 100 Prozent angestrebt. «Das Vorhaben in Wikon entspricht der regionalen Strategie», sagte Vogel, «Wir sind froh um solche innovativen Beispiele, wie man es machen kann.» Die Luzerner seien etwas ehrgeiziger unterwegs als die Aargauer Gemeinden. Der Grund: Der Kanton Luzern hat sein Energiegesetz bereits unter Dach und Fach. Der Aargau stimmt Ende Monat ab.
Heizzentrale auf Parzelle Stockermatte geplant
Die Korporation will eine neue Heizzentrale bauen. In Wikon wurden verschiedene Standorte geprüft. Der optimaler Standort für die Heizzentrale ist eine gemeindeeigene Parzelle mit rund 2000 Quadratmetern direkt an der Industriestrasse. Das Grundstück «Stockermatte» liegt gegenüber der ALHO Systembau. Es ist Landwirtschaftsland und nicht eingezont. Die Korporation strebt ein Baurecht an. Über Umzonung und Baurecht wird die Gemeindeversammlung im Mai 2021 entscheiden. Eine finanzielle Beteiligung kann der Gemeinderat beschliessen. «Der Gemeinderat Wikon und der Kanton haben unser Vorhaben positiv beurteilt», sagte der Korporationspräsident. An der Gemeindeversammlung im November wird das Projekt ebenfalls vorgestellt.
Holz gibt es genug, und es wächst nach. Die Heizzentrale würde Holzschnitzel von rund 5000 Quadratmetern Festholz jährlich verbrennen. Das entspreche 1,2 Prozent des Holzzuwachses im Kanton Luzern oder 25 Prozent des Holzzuwachses im Forstrevier der Genossenschaft Wald Wiggertal, hiess es. Die Korporation zerstreute vorsorglich Ängste von Anwohnern. Die Heizzentrale verursache einen Mehrverkehr von rund 300 Lastwagenfahrten pro Jahr: Zirka ein Lastwagen pro Tag liefert also Holzzschnitzel zur Verbrennung an. Die Industriefirmen sowie auch das Wikoner Wohngebiet Chäppelimatte sollen über eine drei Kilometer lange neue Leitung ans Wärmenetz angeschlossen werden.
«Wir gehen davon aus, dass sich 70 Prozent der Industrie in Wikon anschliessen», sagte Christof Blättler. Mit drei Schlüsselkunden – Schildknecht, Planzer und Flachglas – hat die Korporation schon gesprochen und diese seien positiv eingestellt. Die Wirtschaftlichkeit sei ihnen sehr wichtig. «Mit den Schlüsselkunden hätten wir bereits eine Auslastung von 60 Prozent», so Blättler. Alle Unternehmen, die sich anschliessen wollen, zahlen eine einmalige Anschlussgebühr. Bei einem Anschluss zwischen 100 und 1000 Kilowatt beträgt diese 500 Franken/Kilowatt. Der Arbeitspreis für die Energie beträgt 8,2 Rappen/Kilowattstunde. «Ein Toppreis», sagte der Präsident.
Der Bau des Wärmeverbunds kostet 8,59 Millionen Franken. Eine Aktiengesellschaft mit einem Stammkapital von einer Million Franken soll gegründet werden. Die Korporation Wikon wird mit 52 Prozent die Mehrheit am Kapital halten. Der Rest der Investition würde mit Anschlussgebühren und Fremdgeld finanziert. Mögliche Partner der AG sind die Einwohnergemeinde Wikon, der Kanton, die Genossenschaft Wiggertal sowie weitere Korporationen.
Bis Ende Monat können Unternehmen der Korporation eine Rückmeldung geben, ob sie mitmachen wollen. Der weitere Fahrplan sieht vor, im Sommer 2021 die AG zu gründen und zur selben Zeit das Umzonungsgesuch mit Baueingabe einzureichen. 2022 soll die Ausführungsplanung beginnen, 2023 der Spatenstich erfolgen. Die Korporation hofft, das Netz im Herbst 2024 in Betrieb nehmen zu können.
Gemeindepräsidentin Tschuor: «Ein innovatives Projekt»
«Von Seiten des Gemeinderats finden wir den Wärmeverbund ein sehr innovatives Projekt», sagte die Wikoner Gemeindepräsidentin Michaela Tschuor dieser Zeitung. Es nutze vorhandene Ressourcen – das Holz – von Wikon für Wikon. «51,5 Prozent unseres Gemeindegebiets sind ja Wald», erklärt Tschuor. Die Wikoner Gemeindepräsidentin hofft, dass mit dem Wärmeverbund ein Vorzeigeprojekt in Wikon realisiert werden kann. «Dieses entspricht auch der Energiestrategie der Gemeinde, des Kantons und von zofingenregio.» Eine konkrete finanzielle Beteiligung der Gemeinde hat der Gemeinderat noch nicht beschlossen. Diese Frage werde man mit der Korporation noch besprechen, sagte Michaela Tschuor. (ben)