Was machen Komiker im Lockdown? Das Duo Pasta del Amore lässt sich was einfallen

«Heinz lueg: S Läbe isch wie e Ligistuehl. Wenn z fescht driliisch, denn klappsch zäme.»

Heinz und Werni, in echt heissen sie Christian Gysi und Bruno Maurer. Zusammen touren die Komiker als Pasta del Amore durch die Kleintheater der Schweiz. Oder sie würden es tun, wenn nicht gerade sämtliche Theater geschlossen wären.

«Aber Werni weisch, im Läbe muess nid immer aus zäme klappe. Mängisch klappets au allei.»

Darum sind die beiden nun hauptsächlich damit beschäftigt, ein neues Stück zu proben. Nächstes Jahr wollen sie damit auf Tournee gehen. Wenn wir schon Zeit haben, wollen wir die auch nutzen, finden beide. Und Zeit haben sie. Zumindest mehr als sonst. Denn auch ihre Zweitjobs können sie im Moment nicht ausüben – beide sind noch im TaB Atelierkino in Reinach angestellt. Darum haben sich Gysi und Maurer angepasst, sodass sie und ihre Familien auch jetzt noch über die Runden kommen.

Bruno Maurer: Von der Bühne an den Herd

«Heinz lueg: S Läbe isch wie nes Dachfänschter. Wennd offe bisch, seichts ie. Und wenn zue bisch, de stinkts.»

Das ist Werni, der im Sketch an einem Glas Weissen nippt und der Heinz mit Ratschlägen eindeckt. In echt heisst Werni Bruno Maurer. Wenn er nicht gerade probt – ein bis zwei Tage die Woche – arbeitet der 40-Jährige zu Hause in Beinwil am See als Hausmann. In normalen Zeiten teilen er und seine Frau sich diese Arbeit halbe-halbe. Dann ist Maurer mal im Kino, mal am Proben, mal beim Spielen und mal bei den Kindern.

Nun hat seine Frau ihr Pensum aufgestockt. Sie arbeitet im Kantonsspital Aarau. Während die Theater immer leerer wurden, wurden die Spitäler immer voller. Und weil Maurer gleichzeitig noch Unterstützung bekommt – Kurzarbeit für den Kinojob, Ausfallentschädigung für denjenigen als Komiker – kommen sie über die Runden. «Es ist nicht viel Geld, aber ich brauche auch viel weniger», sagt Maurer.

Maurer geniesst die Zeit zu Hause bei den Kindern. Nicht, dass es weniger anstrengend wäre als sonst. Aber es sei entspannter, als ständig zwischen den verschiedenen Jobs hin und her wechseln zu müssen, sagt er. Ausserdem seien Kinder sehr inspirierend. Zum Beispiel für künftige Programme. «Ich lass mich aber auch sonst gerne von Menschen inspirieren und davon, was sie so tun. Im Moment passiert einfach fast nichts.»

Das macht Maurer zu schaffen. Er vermisst den Kontakt zu Menschen. Vermisst es, an Konzerten Bier über den Rücken geleert zu bekommen und stinkend in Menschenmassen zu tanzen. Und er vermisst es, vor Menschen aufzutreten. «Die Magie, die beim Spielen stattfindet, ist einmalig.»

Den letzten Auftritt hatten Maurer und Gysi noch Mitte Dezember, kurz vor dem Lockdown. Mit Masken, Abstand und maximal 50 Zuschauern. Am Abend kamen dann nicht einmal 50 Leute, sie bleiben lieber zu Hause. «Die Stimmung war ernüchternd. Und gleichzeitig hatten wir das Gefühl: jetzt erst recht. Jetzt geben wir nochmals Vollgas vor dem Lockdown.»

Gedanken, ob er die Kunst nicht ganz an den Nagel hängen solle, hat sich Maurer gemacht. Ob er sich nicht für seine Familie etwas suchen solle, das mehr Sicherheit bietet. «Wäre es finanziell wirklich kompliziert geworden, hätte ich mir etwas anderes gesucht. Keine Ahnung wie, aber ich hätte mir einen anderen Job besorgt.» Am Ende setzte sich aber die Kunst durch. Dank dem Arrangement mit seiner Frau und der Unterstützung konnte er dabei bleiben. Zum Glück, wie er sagt: «Mein Herz gehört voll und ganz auf die Bühne.»

Christian Gysi: Von der Bühne ins Archiv

«Jede het sis Ruckseckli z träge. Aber los jetzt Werni, du muesch wüsse: Wenn das Ruckseckli leer isch, de frogsch di, wiso de Seich überhaupt mitschleiksch.»

Das ist Heinz, im Sketch mit Haaren im Gesicht und Bier in der Hand, der sich Wernis Ratschläge eher weniger zu Herzen nimmt und in Gedanken mehrheitlich beim weiblichen Geschlecht ist. Heinz ist Christian Gysi, 44-jährig und aus Aarau, die andere Hälfte der Pasta.

Einen Tag die Woche steigt Christian Gysi ins Archiv des Aarauer Stadtbauamts hinab. Er schaut sich die Unterlagen zu abgeschlossenen Projekten an. Der gelernte Tiefbauzeichner entscheidet, welche Dokumente künftig noch gebraucht werden könnten. Den Rest entsorgt er. Gysi soll Platz schaffen.

Vor Jahren schon hat Gysi im Stadtbauamt angefangen, damals war es noch ein Sommerjob. Seither hat er immer mal wieder für die Stadt gearbeitet – wenn es Arbeit gab, und wenn er nicht gerade auf Tournee war. «Als Künstler ist man froh, wenn man ein Back-up hat», sagt er.

Auch jetzt ist Gysi froh darum. Er möchte, soweit das möglich ist, unabhängig von der finanziellen Unterstützung von Bund und Kanton sein. «Ich weiss nicht, was in Zukunft sein wird. Ob ich in einem halben Jahr noch Unterstützung bekomme. Oder ob ich 2022 wieder spielen darf.»

Ausserdem könne er die Zeit, die er jetzt habe, gerade so gut nutzen. Viel proben, ja – es werde von Künstlern erwartet, dass sie nun etwas tun würden – aber darüber hinaus auch arbeiten. Rumsitzen aber sei keine Option.

Wenn Gysi nicht gerade am Proben oder im Stadtbauamt ist, arbeitet er als Hausmann – auch Gysi hat Frau und Kinder. Sonst läuft aber auch bei ihm nicht mehr viel. Keine Besuche mehr in Beizen oder bei Fussballspielen. Und keine Auftritte mehr. «Das vermisse ich», sagt er. Die sonstigen Kontakte fast noch mehr als das Publikum.

Auf Publikum mussten Gysi und Maurer zwar verzichten. Aufs Spielen aber dann doch nicht ganz. So waren sie vor einigen Wochen an der digitalen Version des Arosa Humorfestivals aufgetreten.

Gysi und Maurer: Beide haben Familien, beide sind mehr oder weniger arbeitslos. Beide bekommen Unterstützung, beide haben sich selbst organisiert, um nicht mehr als nötig darauf angewiesen zu sein. Und beide wollen schnellstmöglich ganz davon wegkommen. Wenn möglich schon dieses Jahr.

Sollten sie nicht, wie gewohnt, wieder spielen dürfen, haben sie die beiden einen Plan B überlegt. Sie wollen im Sommer, mit Lastwagen, Anhänger und Soundanlage, quer durch die Schweiz fahren und in den verschiedensten Dörfern auftreten. Die Vorbereitungen dafür laufen.