
«Widerliche Beschimpfungen» – Prinz William ist entsetzt über rassistische Angriffe auf Englands Spieler
In den Stolz übers Erreichen des EM-Finales und die Traurigkeit über die Niederlage mischte sich am Montag für viele englische Fussballfans die Empörung über das Verhalten von Hooligans und Rassisten. Schon vor dem Spiel war eine Gruppe ticketloser Engländer ins Londoner Wembley-Stadion eingedrungen und hatte dort wild um sich geprügelt, vor allem auf dunkelhäutige Fans. Nach dem Spiel lieferten sie sich ein Gefecht mit der Polizei.
Online mussten sich die drei allesamt schwarzen Unglücksschützen im Elfmeterschiessen «widerwärtige Beschimpfungen» anhören, wie Premierminister Boris Johnson konstatierte. Inzwischen ermittelt Scotland Yard.
Der auf der Insel zuletzt in höchsten Tönen gelobte Nationaltrainer Gareth Southgate nahm bei seiner Pressekonferenz am Montag die Verantwortung für die Reihenfolge der Penalty-Schützen auf sich: «Das war meine Entscheidung.» Jadon Sancho und Marcus Rashford, deren Vorfahren aus der Karibik stammen, waren das gesamte Turnier über kaum zum Einsatz gekommen und wurden erst in der 120. Minute eingewechselt. Auch der 19-Jährige Bukayo Saka, Sohn nigerianischer Eltern, gehörte nicht zur Stamm-Mannschaft. Den Rassismus gegen das Trio nannte Southgate «unverzeihlich». Einige der Postings in den sozialen Netzwerken seien aus dem Ausland gekommen, einiges stamme aus dem eigenen Land.
Der Kniefall als umstrittene Geste
Southgate und seine Spieler können für sich in Anspruch nehmen, konsequent gegen Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe einzutreten. Wie bei sämtlichen Partien der Premier League kniet auch das Nationalteam vor jedem Spiel kurz nieder. Als diese von der amerikanischen «Black Lives Matter»-Bewegung übernommene Geste der Solidarität in die Kritik geriet, nicht zuletzt durch Innenministerin Priti Patel («unnötig Uneinigkeit stiftend»), und von einer Minderheit ausgepfiffen wurde, verteidigte Southgate seine Mannschaft. Für die Spieler aller Hautfarben bleibe es wichtig, an die fortdauernde Benachteiligung ethnischer Minderheiten zu erinnern.
Der jetzt empörte Regierungschef Johnson verhielt sich in der Kontroverse ambivalent. Zu Beginn der Europameisterschaft mochte er weder die Nationalelf für ihre Geste noch die Kritiker für deren Pfiffe loben. Der Journalist Johnson ist immer wieder wegen diskriminierender oder sogar rassistischer Sprache angeeckt; immer wieder wurde aus seiner Reaktion deutlich, dass er in provokativer Absicht gehandelt hatte. Den Begriff «piccaninies» für schwarze Kinder benutzte er zu Beginn des Jahrhunderts noch, als dessen Verwendung längst verpönt war. Vollverschleierte Musliminnen glichen einem «Briefkastenschlitz» oder «Bankräuber», schrieb Johnson noch 2018.
William verteidigt die Monarchie
Als im Frühjahr Meghan Markle, die Herzogin von Sussex, dem Königshaus Rassismus vorwarf, brachten Umfragen einen Generationenkonflikt zum Vorschein. Auf die Frage «Wurden Prinz Harry und Meghan vom Königshaus unfair behandelt?» antworteten lediglich 15 Prozent der über 65-Jährigen mit Ja. Bei den jungen Erwachsenen lag der Anteil hingegen bei 60 Prozent. Wohl an Letztere gewandt verteidigte Harrys Bruder William damals die Monarchie: «Wir sind ganz bestimmt keine rassistische Familie.»

Prinz William bezieht klare Stellung gegen Rassismus.
Am Montag stellte sich der Zweite der Thronfolge und Schirmherr des Fussballverbandes FA vor das Trio der Unglücksschützen: Die «widerlichen Beschimpfungen» seien inakzeptabel, die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Ähnliche Appelle an Polizei und Internet-Firmen wie Facebook richteten auch andere Prominente.
Immerhin wird das Verhalten der Hooligans ernstgenommen und verurteilt. Als englische Spieler im Oktober 2019 während eines WM-Qualifikationsspiels in Sofia mit Affenlauten begrüsst wurden, versuchte der damalige bulgarische Ministerpräsident Bojko Borissow die Vorgänge herunterzuspielen: «Die Dinge werden übertrieben.» Derart peinliches Wegsehen gehört auf der Insel schon seit mindestens zwei Jahrzehnten der Vergangenheit an.