Wobmann (SVP) erklärt Sinneswandel bei der Ehe für alle: «Ich bin ein starker Verfechter der persönlichen Freiheit»

Am 26. September stimmen wir über die Ehe für alle ab. Die Schweizerische Volkspartei hat dazu die Nein-Parole beschlossen. Zum einen, weil der rechtliche Rahmen für eine homosexuelle Beziehung mit der «eingetragenen Partnerschaft» bereits gegeben sei, «zum andern, weil die Befürworter der Ehe für alle in einem weiteren Schritt lesbischen Ehepaaren die Samenspende erlauben wollen», heisst es in einer Medienmitteilung. 

Walter Wobmann ist SVP-Nationalrat aus Gretzenbach und zudem Präsident des Egerkinger Komitees. Dieses bekämpft als Verein laut eigenen Angaben «Parallelgesellschaften» und sieht es als seinen «Auftrag» an, «die religiös motivierte Unterwanderung des Schweizer Rechtsstaats» zu verhindern. Der Verein lancierte die Volksinitiative «gegen den Bau von Minaretten». Diese wurde im November 2009 vom Schweizer Souverän mit 57,5 Prozent Ja-Stimmen angenommen. Und im März 2021 wurde auch die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» – auch das ein politischer Input des Vereins – angenommen.

SVP-Hardliner stimmt gegen eigene Partei

Auf die Frage, was er am 26. In die Urne werfe, sagt Wobmann am Telefon: «Das ist ja bekannt, ich habe im Nationalrat bei der Schlussabstimmung Ja gestimmt.» Tatsächlich war Wobmann bei der Nationalrätlichen Schlussabstimmung über die Parlamentarische Initiative am 18. Dezember 2020 einer von 14 SVP-Angehörigen, die sich für eine Annahme aussprachen. Über alle Parteien hinweg sprachen sich alle Vertreter aus dem Kanton Solothurn für eine Annahme aus. Das Schluss-Resultat betrug 70,5 Prozent Ja-Stimmen.

«Ich habe eine grundsätzliche Haltung dazu, es ist meine politische Einstellung», sagt Wobmann. Ob sein Votum mit der Homosexualität von Personen aus seinem näheren Umfeld zusammenhängt, will Wobmann nicht beantworten. Er sagt:

«Es ist eine allgemeine Haltung die ich habe. Es ist bekannt, dass ich in gesellschaftspolitischen Fragen eine liberale Haltung einnehme.»

Ist er also dafür, dass gleichgeschlechtliche Paare, wenn es um die Heirat geht, in der Schweiz dieselben Rechte und Pflichten wahrnehmen können wie Heterosexuelle? «Ja», antwortet er darauf, «entsprechend dieser Vorlage. Darum habe ich auch zugestimmt.»

Die SVP ist dagegen, Walter Wobmann ist dafür: Am Wochenende demonstrierten Tausende auf den Strassen Zürichs für ein Ja am 26. September.

Die SVP ist dagegen, Walter Wobmann ist dafür: Am Wochenende demonstrierten Tausende auf den Strassen Zürichs für ein Ja am 26. September.


Michael Buholzer

Andere Angaben in Polit-Fragebogen

Etwas weniger gesellschaftsliberal und eher auf Parteilinie der SVP präsentieren sich Wobmanns Angaben bei «smartvote». Die Plattform berechnet in Grafiken die Position von Politikerinnen und Politiker. Im sogenannten «Smartspider»-Diagramm, welches Wobmann von sich auf seiner Website verlinkt hat, kommt die Achse «Liberale Gesellschaft» auf gerade mal 20 von 100 möglichen Punkten. Und im Fragebogen, den Wobmann im Vorfeld der Nationalratswahlen von 2019 ausgefüllt hat, antwortet er im Kapitel Gesellschaft und Ethik auf die Frage, ob gleichgeschlechtliche Paare die gleichen Rechte wie heterosexuelle haben sollen, dezidiert: Nein.

Darauf angesprochen sagt er:

«Damals lag die fertige Vorlage noch nicht ausgearbeitet auf dem Tisch.»

Wenn man das ganze in der heutigen Zeit anschaue, gebe es einen gesellschaftlichen Wandel. «Ob dabei alles gut ist oder nicht, kann man diskutieren», sagt Wobmann. Und: «Man kann aber nicht vor allem die Augen verschliessen.»

Walter Wobmann will mit dem Egerkinger Komitee die «freiheitliche staatliche Ordnung» verteidigen. Dennoch habe er «eine liberale Haltung in Gesellschaftsfragen».

Walter Wobmann will mit dem Egerkinger Komitee die «freiheitliche staatliche Ordnung» verteidigen. Dennoch habe er «eine liberale Haltung in Gesellschaftsfragen».

Peter Klaunzer (Archiv)

Gleichzeitig liberal und werterhaltend

Den Widerspruch angedeutet, den sein Engagement beim Egerkinger Komitee einerseits, und seine «liberale Haltung in Gesellschaftsfragen» darstelle, erklärt Wobmann:

«Ich bin ein starker Verfechter der persönlichen Freiheit.»

Hier bestehe kein Widerspruch zu seinem Engagement gegen den politischen Islam. «Beim Egerkinger Komitee geht es um die Verteidigung der freiheitlichen staatlichen Ordnung.»

Und wie steht Walter Wobmann zur Aussage der SVP, die Initianten der Vorlage würden eine Salamitaktik verfolgen; in Wahrheit gehe es ihnen darum, den Weg zur Fortpflanzungsmedizin zu ebnen?

Denn genau das sieht die zur Abstimmung stehende Vorlage mit der Samenspende nämlich vor. Und auch hier äusserte sich Wobmann in der «smartvote»-Umfrage von 2019 gegen mögliche Lockerungen.

Über noch weiterreichende medizinische Lockerungen als die Samenspende habe er sich noch keine Meinung gebildet: «Das müsste man neu anschauen, wenn eine entsprechende Vorlage lanciert würde», sagt er. «Ich kann diese Frage zum heutigen Zeitpunkt nicht beantworten, da sie politisch nicht zur Debatte steht.»