
Zertifikatspflicht für Klassenlager: Gibt es überhaupt genug Testmöglichkeiten, damit alle Kinder mitfahren können?
Kinder und Jugendliche, die im Herbst an einem Klassenlager der Kreisschule Aarau-Buchs teilnehmen wollen, müssen dafür ein Covid-Zertifikat vorweisen. Dies teilte die grösste Schule im Aargau letzte Woche den Eltern mit – und die Vorgabe löste umgehend Kritik aus. Nicole Burger, Rechtsanwältin, Kreisschulrätin und Stadtratskandidatin in Aarau, sieht keine rechtliche Grundlage für diesen Entscheid. Das Bildungsdepartement entgegnet, die Kinder seien während des Lagers in der Obhut der Schule, zudem empfehle das Bundesamt für Gesundheit dringend, alle Teilnehmenden vor Lagerbeginn zu testen.
Nicht nur Politikerin Burger, sondern auch Eltern haben Mühe mit der Vorgabe der Schule. Dabei geht es nicht um die Rechtsgrundlage, sondern um die ganz konkrete Umsetzung, sprich die Tests für Kinder, die am Lager teilnehmen wollen. Ein Vater hat sich bei der AZ gemeldet – er befürchtet, «dass ein Kind im dümmsten Fall nicht am Lager teilnehmen kann». In seinem Fall geht es um das Lager der 5. Primarklasse des Aare-Schulhauses, das am Montag, 27. September, beginnt.
Apotheken bieten am Wochenende vor dem Lager keine Tests an
«Entsprechend müsste eine Antigentestung am 25. oder 26. September stattfinden, ein PCR-Test kommt aufgrund der hohen Kosten von rund 150 Franken nicht in Frage», schrieb der Vater letzte Woche an Philipp Wernli, den Leiter der Kreisschule Aarau-Buchs. Der betroffene Vater hat die Angebote in Testzentren und Apotheken in der Region (z. B. Aarau, Küttigen, Entfelden, Lenzburg) abgeklärt und festgestellt: «Keine Apotheke führt am Wochenende Antigentests durch oder es hat bereits keinen freien Termin mehr. Beim Kantonsspital Aarau ist ein Termin gemäss telefonischer Auskunft erst fünf Tage im Voraus buchbar.»
Der Vater geht von einer grossen Nachfrage nach diesen Testterminen am Wochenende aus und befürchtet, dass es keinen Termin für die Tests der Kinder gibt. Er bat die Schule deshalb dringend, Tests für dieses und weitere Klassenlager via Schule sicherzustellen bzw. durchzuführen. Schulleiter Wernli bedankte sich per Mail für «diese konstruktive Rückmeldung» und versprach, die Schule werde «das aufnehmen und prüfen».
Schule hält daran fest: Eltern müssen Tests für Kinder selber organisieren
Doch die Bitte des Vaters blieb unerfüllt, die Schule teilte in einem weiteren Brief mit, dass die Eltern die Tests selber organisieren müssten. Die Schule hält darin fest, ein negativer Pooltest reiche für das Lager nicht aus, weil die Testkits am Mittwoch ausgegeben würden, also zu lange vor Lagerbeginn. Auch ein Selbst-Schnelltest zu Hause werde nicht akzeptiert, weil dieser nicht verlässlich genug sei.
«Lassen Sie Ihr Kind bei Lagerbeginn am Montag frühestens am Samstag davor testen», heisst es im Elternbrief weiter. Die Schule empfiehlt die Lindenapotheke mit Standorten in Ober- und Unterentfelden, Suhr, Schöftland und Rupperswil sowie das Kantonsspital Aarau als mögliche Teststandorte.
Für den betroffenen Vater wirkt diese Empfehlung der Schule «wie ein Hohn, zumal die Lindenapotheke an keinem Standorte am Wochenende vor dem Lager Antigen-Tests anbietet», wie er dem Schulleiter schreibt. Für ihn stelle sich auch die Frage, wie viel Aufwand die Eltern auf sich nehmen müssen, um diesen Test zu organisieren, der von der Schulleitung vorgeschrieben wird.
Nicole Burger: Warum reicht kein Pooltest unmittelbar vor dem Lager?
Ganz ähnliche Fragen stellt auch Kreisschulrätin und Stadtratskandidatin Nicole Burger in ihrer Anfrage: «Gibt es ausreichend Testkapazitäten, wenn vor solchen Lagerwochen (z. B. Skilager) sich gleichzeitig sehr viele Aarauer Schülerinnen und Schüler testen lassen müssen?», will sie unter anderem wissen. Burger hält fest, sie sei nicht dagegen, dass sich Kinder vor einem Lager testen lassen sollten.
Doch sie fragt: «Wieso reicht nicht ein in den Schulräumen durchgeführter sogenannter Pooltest unmittelbar vor dem Lager, wie er bereits heute regelmässig und unabhängig von geplanten schulischen Aktivitäten durchgeführt wird?» Sie hält fest, dass im Merkblatt des Bundesamts für Gesundheit kein Covid-Zertifikat, sondern nur ein negativer Test als Voraussetzung für eine Lagerteilnahme aufgeführt sei.