1000 Unterschriften sollen die Murgenthaler Post retten

«Was tun die im Gemeinderat eigentlich? Waren die überhaupt an der Erhaltung der Post interessiert?» Urs Berger, Petitionär und Grossratskandidat
«Was tun die im Gemeinderat eigentlich? Waren die überhaupt an der Erhaltung der Post interessiert?» Urs Berger, Petitionär und Grossratskandidat

Am 17. September liess die Post an einem Infoabend die Katze aus dem Sack: Im ersten Halbjahr 2021 schliesst die Poststelle Murgenthal. Dafür entsteht im Denner eine Post-Agentur. Die Pläne stiessen auf wenig Gegenliebe. Zahlreiche Votanten meldeten sich, teils mit heftigen Worten – die Vertreter des gelben Riesen brauchten an dem Abend eine dicke Haut. Einer, der sich zu Wort meldete, war Urs Berger, ortsansässiger Grossratskandidat der SP. Er kündigte an, dass sich die Sozialdemokraten den für sie offensichtlichen Abbau des Service Public nicht gefallen lassen und eine Petition lancieren werden. 

1000 Murgenthaler sollen Petition unterschreiben 

Nun nimmt die Petition langsam Form an. «Es wäre natürlich ein Traum, wenn jede Murgenthalerin und jeder Murgenthaler die Petition unterschreiben würde», sagt Berger und lacht. Ihm sei aber klar, dass das nicht klappen wird. «1000 Unterschriften aus Murgenthal sind aber unser Ziel.» Unterschriften können online oder auf Bögen, die direkt bei ihm bestellt werden können, abgegeben werden. 

Für Urs Berger gibt es mehrere Gründe, weshalb die Poststellenschliessung nicht erfolgen darf. «Murgenthal ist flächenmässig die viertgrösste Gemeinde im Kanton. Zudem haben wir bereits zwei Poststellen verloren.» Vor Jahren gab es in Riken und in Glashütten noch eigene Poststellen. In diesen Dörfern bietet die Post seither ihren Hausservice an. «Mehrere Rikner und Glashüttner haben mir aber berichtet, dass der Hausservice eine absolute Katastrophe ist.» 

Die Schliessung der Poststelle ist für den Sozialdemokraten nur eine weitere Stufe in der Aushöhlung des Service Public. Treibende Kraft sind für ihn die Bürgerlichen mit ihrer Sparpolitik. Auch beim öV sieht er ein Problem. «Das katastrophale öV-Angebot wird in Murgenthal immer schlechter. Wer abends weg will, ist zwingend auf ein Auto angewiesen.» Auch die Gemeindekanzlei sei an der Verschlechterung des Service Public beteiligt, da sie auf Anfang Jahr die Schalteröffnungszeiten verkürzte. Generell hat Berger den Eindruck, dass sich der Gemeinderat zu wenig für die Bedürfnisse der Menschen einsetze. Seit 2017 müsse jedem klar gewesen sein, dass die Post schliessen werde. «Was tun die im Gemeinderat eigentlich? Waren die überhaupt an der Erhaltung der Post interessiert?» Schliesslich würde die Bevölkerung den Gemeinderat ja mit ihren Steuern bezahlen. 

Alle Schliessungen sollen ­verhindert werden 

Diese Vorwürfe weist Gemeindeammann Max Schärer entschieden zurück. Es stimme zwar, dass die Schliessung der Poststelle wohl bereits 2017 beschlossene Sache war. «Als Gemeinderat taten wir unser Möglichstes, um die Schliessung zu verhindern.» Wie er schon an der Versammlung selbst gesagt habe, sei es ein rein unternehmerischer Entscheid der Post gewesen. Bezüglich der reduzierten Öffnungszeiten der Gemeindeverwaltung habe die Gemeinde im Vorfeld geprüft, wie die jeweiligen Halbtage frequentiert waren. Die Nachmittage, an denen die Schalter der Verwaltung nun geschlossen sind, waren nicht gut besucht. «Termine können aber nach wie vor auch ausserhalb der Schalteröffnungszeiten abgemacht werden.» Viele der Dienstleistungen würden zudem rund um die Uhr online zur Verfügung stehen.

Eine allfällige Rettung der Poststelle Murgenthal reicht Urs Berger aber nicht. Aufbauend auf diese Petition will er den Regierungsrat dazu bringen, zusammen mit der Post alle geplanten und sich bereits im Prozess befindenden Schliessungsverfahren im Kanton zu sistieren. «Für mich heisst Service Public, dass es in jeder Gemeinde mindestens eine Poststelle hat», so Berger. Denn eigentlich sei die Post ja nach wie vor ein Staatsbetrieb und somit dem Bürger verpflichtet – auch wenn sie sich als Aktiengesellschaft definiert. «Wenn bei einer Aktiengesellschaft der Bund alleiniger Eigentümer ist und im Jahr mehrere Millionen in Form von Dividenden kassiert, ist diese AG doch eigentlich ein Staatsbetrieb.» Service Public muss für ihn nicht rentieren, am Schluss soll lediglich eine schwarze Null stehen. 

Auch dass die Post plant, Murgen­thal neu ab Aarburg zu beliefern und nicht mehr ab Murgenthal selbst, ist Berger ein Dorn im Auge. «Es wird immer wieder gesagt und versprochen, dass alle die Post am Vormittag erhalten – auch in Zukunft.» Das klappe ja bereits heute nicht. Am Infoanlass meldeten sich mehrere Votanten, die ihre Post erst lange nach dem Mittag erhalten. Für sie und Urs Berger ist klar: Kommt die Post erst einmal aus Aarburg, ist das Standard – egal, was der gelbe Riese verspricht. 

 

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