
200 Jahre nach der Einweihung des umstrittenen Löwendenkmals: «Heute ein Ort der freien Gedanken»
Alt Bundesrätin Doris Leuthard spricht mit Historikerin Dr. phil. Silvia Hess. Alt Bundesrätin Doris Leuthard spricht mit Historikerin Dr. phil. Silvia Hess. Alt Bundesrätin Doris Leuthard spricht mit Historikerin Dr. phil. Silvia Hess. Alt Bundesrätin Doris Leuthard spricht mit Historikerin Dr. phil. Silvia Hess. Alt Bundesrätin Doris Leuthard spricht mit Historikerin Dr. phil. Silvia Hess. Alt Bundesrätin Doris Leuthard spricht mit Historikerin Dr. phil. Silvia Hess. Alt Bundesrätin Doris Leuthard spricht mit Historikerin Dr. phil. Silvia Hess. Alt Bundesrätin Doris Leuthard spricht mit Historikerin Dr. phil. Silvia Hess.
Vor Corona besuchten 1,4 Millionen Menschen den Ort: das Löwendenkmal, eine Hauptsehenswürdigkeit von Luzern, ist exakt vor 200 Jahren eingeweiht worden. Das Monument, imGedenken an den Tod von Schweizersöldnern errichtet, biete auch heute Stoff zum Nachdenken, erklärten Rednerinnen und Redner gestern an einem Festakt. Allen voran alt Bundesrätin Doris Leuthard.
Das Löwendenkmal erinnert an den Tod der Schweizersöldner, die 1792 vergeblich den Königspalast in Paris gegen die revolutionären Massen verteidigten und dabei massakriert wurden. Die Einweihung des Monuments vor 200 Jahren sei für die progressiven Kräfte eine Provokation gewesen, und das 100-Jahre-Jubiläum sei nur verschämt begangen worden, erklärte der Luzerner Stadtpräsident Beat Züsli (SP) an der Feier.
Denkmäler seien nie widerspruchsfrei, weil sie an umstrittene Umstände erinnerten. Heute sei der Löwe mit seiner Würde, die er ausstrahle, ein Ort der freien Gedanken, sagte Züsli. Er sei froh, dass man sich heute offen und neugierig mit den Facetten des Denkmals auseinandersetzen könne.
Historikerin: Vieles wird nicht gezeigt
Zu einer Auseinandersetzung mit dem Denkmal rief auch die Luzerner Historikerin Silvia Hess auf. Ins Zentrum ihrer Rede stellte sie das, was das Löwendenkmal nicht zeige – etwa wieso Schweizer in Paris auf der Seite des Königs kämpften, und wer gegen wen kämpfte. Errichtet worden war das Denkmal von Carl Pfyffer von Altishofen, einem Spross einer Patrizierfamilie, die mit dem Söldnerwesen reich geworden ist. Pfyffer lebte in Luzern. Das Denkmal zeige das Selbstverständnis der Patrizier, sagte Hess. 1821 sei das Söldnerwesen seinem Ende entgegengegangen. Das Monument könne deswegen auch als Werbung für das Geschäft interpretiert werden.
Das Denkmal verschweige auch, dass längst nicht alle Schweizersöldner dem französischen König während der Revolution die Treue hielten, sondern dass ein Teil desertierte. Der Tod, an den das Denkmal erinnert, gehörte ferner zum Kriegsgeschäft. Ein Drittel der Söldner sei nicht nach Hause zurückgekehrt, sagte Hess. Neben Leid habe das Söldnerwesen Luzern Reichtum und Wissen gebracht.
Doris Leuthard: Die Gewalt ist nicht das richtige Mittel
Die Festrednerin, alt Bundesrätin Doris Leuthard (CVP), bezeichnete das Löwendenkmal als «Zeitzeuge einer reichen Geschichte» und als «einträgliche Sehenswürdigkeit». Es sei ein Mahnmal dafür, dass selbst bei löwenhaftem Einsatz Gewalt nicht das richtige Mittel sei. Leuthard blickte in ihrer Ansprache auf die Welt und die vielen blutigen Konflikte. Wer, wenn nicht die Schweiz, könne und müsse ihre Stimme erheben für Rechtsstaatlichkeit oder für Mitsprache und das friedliche Beilegen von Konflikten einstehen. Das Löwendenkmal und das Söldnerwesen zeigten aber auch, dass die Schweiz bereits früher international vernetzt war. Frankreich habe die Stellung innegehabt, die heute die EU habe, erklärte die alt Bundesrätin. Die Feier wurde musikalisch und von einem Spoken-Word-Beitrag umrahmt. Zum Schluss gedachten die geladenen Gäste der toten Soldaten und Zivilistinnen und Zivilisten vom 10. August 1792.