
36 Wochen nach dem Unwetter kommt die Armee ins Uerkental – GALERIE + VIDEO
Lange 36 Wochen haben die Bottenwiler auf den Einsatz und die Hilfe der Armee gewartet. Nun ist sie da. Über 25 Armeeangehörige des Rettungsbataillons 2 der Territorialdivision 2 unterstützen zusammen mit dem Forstbetrieb Uerkental die Firma Straumann aus Trimbach, die mit der Hangsanierung im Gebiet «Gallihubel» beauftragt wurde. Weitere Armeeangehörige sollen in den nächsten Tagen dazukommen, aber auch Leute der Zivilschutzorganisation Suhrental-Uerkental. «Zu Spitzenzeiten werden rund 40 Personen mit Sanierungsarbeiten in Bottenwil beschäftigt sein», sagt Karin Müller, Sprecherin des Departements Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau.
Beim Unwetter am 8. Juli des letzten Jahres kamen im steilen Gelände im Gebiet «Gallihubel» Erdmassen oberhalb des Hofes von Thomas Hunziker ins Rutschen, nachdem innert weniger Stunden so viel Regen gefallen war wie sonst in einem ganzen Sommermonat kaum. Während an andern Orten mit der Sanierung begonnen wurde, deckte der Zivilschutz die Hangrutsche behelfsmässig mit Plastik ab. Die Hilfe der Armee verzögerte sich. Plötzlich wurden die Hilfskräfte in Bondo GR benötigt. Der Einsatz in Bottenwil wurde ins 2018 verschoben.
80 m³ Holz werden verbaut
«Es ist für uns eine grosse Erleichterung, dass die Armee nun da ist und der Hang saniert wird», sagt Landwirt Thomas Hunziker. «Alle Anwesenden arbeiten mit grosser Motivation und kommen gut voran.» Ob alle drei Hangrutsche saniert werden können ist noch unklar.
Unter der Leitung von David Straumann verbauen die Hilfskräfte in den kommenden Tagen rund 80 m³ Holz. Die Längsstämme sind bis 20 Meter lang. Das Holz stammt aus dem Bottenwiler Wald. «Weil das Gelände relativ nass ist, wären wir lieber erst im Mai gekommen», sagt David Straumann, der die schwere Maschine am Hang selber steuert. «Ich arbeite erstmals mit dem Rettungsbataillon zusammen und bin sehr positiv überrascht.»
Momentan sind die Hilfskräfte am Einbauen eines «Holzkastens». Dafür wurden bis 5 Meter Erde abgetragen, damit die Elemente auf den Stein gelegt werden können. Der Kasten soll dafür sorgen, dass der Hang nicht mehr abrutscht. Zusätzlich wurde eine Sickerleitung eingebaut, damit das Hangwasser abgeführt werden kann und der Holzkasten nicht unterspült wird. Die Bauleute rechnen, spätestens Mitte April mit den Sanierungsarbeiten fertig zu sein.
Regierungsrätin vor Ort
Am Donnerstag, 29. März, wird sich Regierungsrätin Franziska Roth (SVP) vor Ort über den Stand der Arbeiten in Bottenwil informieren. Sie hat sich persönlich für die drei vom Unwetter stark betroffenen Gemeinden im Uerkental starkgemacht. Der Regierungsrat sprach daraufhin vor vier Wochen im Sinne der Katastrophenhilfe finanzielle Mittel von insgesamt 230 000 Franken aus dem Swisslos-Fonds. Bottenwil erhält 119 000 Franken, Uerkheim 108 000 und Wiliberg 3000. Zudem hat die Regierung entschieden, für die Wiederherstellung der landwirtschaftlichen Infrastruktur in den betroffenen Gemeinden dem Grossen Rat einen Nachtragskredit in der Höhe von 581 000 Franken zu unterbreiten.
Unwetter und Bergstürze 2017: Acht Tote und hohe Sachschäden
Hochwasser, Rutschungen, Murgänge, Steinschlag, Fels- und Bergstürze haben 2017 in der Schweiz Schaden von 170 Millionen Franken verursacht. Das ist die höchste Schadensumme seit 2007. Acht Menschen starben beim Bergsturz von Bondo GR.
Die Schäden von 170 Millionen Franken reichen bei weitem nicht an die 700 Millionen von 2007 heran. Sie lagen auch unter dem Mittel von 307 Millionen Franken seit der Erfassung der Daten 1972. Die höchsten Schäden gab es 2005 mit 3 Milliarden Franken.
Rund 94 Prozent der Schäden entstanden durch Hochwasser oder Murgänge. Sturzvorgänge machten vier Prozent aus und zwei Prozent Rutschungen. Zwei Drittel dieser Vorgänge gingen auf Gewitter und andere Starkniederschläge zurück. Fünf Prozent entstanden durch Dauerregen und bei 29 Prozent waren andere oder unbekannte Faktoren ausschlaggebend.
Acht Tote bei Bondo
Die höchsten Schäden 2017 verursachten die Überschwemmungen im Raum Zofingen vom Juli und der Bergsturz im Val Bondasca mit den darauf folgenden Murgängen in Bondo GR vom August. Bei Bondo kamen die acht Menschen ums Leben. Sie waren auf Bergwanderungen und wurden auf dem Weg von der Sciorahütte ins Tal verschüttet. Bis heute konnten sie nicht gefunden werden. Der Bergsturz vom 23. August gehört zu den grössten in der Schweiz seit über 130 Jahren. Anschliessende Murgänge beschädigten 99 Gebäude, einen Drittel davon irreparabel. Rund 3,1 Millionen Kubikmeter Felsmaterial stürzten vom Pizzo Cengalo ins Tal. Die Murgänge beförderten rund 500’000 Kubikmeter Material bis nach Bondo. Der Sachschaden wird auf 41 Millionen Franken geschätzt.
Zofingen unter Wasser
Den Raum Zofingen verwüsteten am 8. Juli vor allem abfliessendes Wasser aber auch über die Ufer getretene Flüsse und Bäche. In Zofingen war das Stadtgebiet innert kürzester Zeit überschwemmt. Das Unwetter setzte hunderte von Kellern, Betrieben, Tiefgaragen und Unterführungen unter Wasser. Auch das Bahnhofparking mit über 100 parkierten Fahrzeugen wurde überschwemmt.
In Uerkheim trat die Uerke über die Ufer und überflutete den Talboden mit zahlreichen Gebäuden. Im nahegelegenen Bottenwil und in Oftringen gab es Gebäudeschäden. Der Schaden beläuft sich auf 90 Millionen Franken.
Die Forschungsanstalt WSL sammelt die Unwetterschäden seit 1972 systematisch. In der Datenbank sind Angaben zu Schäden von Hochwasser, Murgängen und Rutschungen. 2002 kam Steinschlag hinzu. Die Daten bieten eine wichtige Grundlage zur Gefahrenbeurteilung. Nicht enthalten in der Datenbank sind Lawinen, Schneedruck, Erdbeben, Blitzschlag, Hagel und Stürme.